Europa ist eine Schicksalsgemeinschaft. Das muss die EVP mit der Fidesz-Partei leidlich erfahren. Doch auch die Sozialisten haben genug Probleme in den eigenen Reihen. Nur im Unterschied zur EVP werden die schwarzen Schafe bei der SPE nicht suspendiert. Am 26. Mai wird in Europa gewählt, da lohnt sich ein Blick auf die Parteienlandschaft und die „lupenreinen“ Demokratien in der EU.
Viktor Orbán und die Europäischen Volkspartei
Viktor Orbán ist so etwas wie eine personifizierte No-Go-Area. Ungarns Regent gilt als eigenwillig, restriktiv – ein Hardliner durch und durch. Doch so sehr sein Eigenwille im Westen Europas geschmäht, sein Name unbeirrbar mit der Legitimation einer „illiberalen Demokratie“ in Verbindung gebracht und er immer wieder als nicht lupenreiner Demokrat mit weißer Weste markiert in die Putinecke gestellt wird – die Ungarn lieben ihn.
Auch die CSU liebte ihn einst, vergötterte ihn nach der Flüchtlingskrise buchstäblich und huldigte Orbán wie einen Messias. Doch in der neuen Führungsriege ist für den Chef der Fidesz-Partei kein Platz. Und im Lager der konservativen Europagruppe auch nicht, denn in den Reihen der Europäischen Volkspartei (EVP) hat Orbán schlechte Karten. In Brüssel und Straßburg sieht man den Löwen aus Ungarn, der nur zu gern die Revolte gegen den europäischen Einheitsbrei probt, unbeirrbar auf Nationalkurs fährt und den Aufstand gegen Georges Soros als persönliches Anti-Thema immer wieder inszeniert, am liebsten von hinten oder gar nicht. Und in der Tat geht Orbán immer auf Konfrontation und zerschlägt das Porzellan der Brüsseler Bürokratie. Die hatte zuletzt die Reißleine gezogen und den Aufwiegler samt seiner Partei im Europaparlament erst einmal suspendiert. Doch Orbán, im eigenen Land wie ein Nationalheld gefeiert, gerade weil er Volk, Vaterland, Nation und das Christentum verteidigt, zündelt weiter. Ungarn bleibt, von den Visegrád-Gruppe abgesehen, die im Orchester der Europäischen Union immer wieder für Misstöne sorgen und das Gesamtkunstwerk mit Disharmonie anstatt mit durchgepeitschter Harmonie erfüllen, das Stiefkind des europäischen Einigungsprozesses – zumindest auf der schwarzen Liste der EVP-Fraktion. Doch wer nun glaubt, dass die konservative EVP die einzige ist, die schwarze Schafe in ihrem Bündnis trägt, der irrt.
Denn ganz so lupenrein geht es weder bei der SPD noch der FDP – zumindest in Europa – zu. Unter den 750 Parlamentariern, die zur „Freude“ der Steuerzahler zwei Parlamente, eins in Straßburg, eins in Brüssel, mit hohem Kostenaufwand bespielen, finden sich in den Reihen der europäischen SPE-Fraktion gleich mehrere schwarze Schafe. Den Vorwurf, nichtdemokratische, antiliberale Elemente innerhalb der Parteienfamilie mitzuführen, muss sich somit auch die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) gefallen lassen. Auch wenn man dies in den Reihen von Ex-Präsident Martin Schulz ungern hört. Auch hier ist es wieder der Ostblock, der immer wieder für Schlagzeilen mit seinen unartigen Kindern wie Rumänien, Bulgarien und der Slowakei sorgt.
Die rumänische Regierungspartei „Partidul Social Demokrat“
In der Top-Liste der Illiberalität kommt der rumänischen Regierungspartei „Partidul Social Demokrat“ (Sozialdemokratische Partei, PSD) ein prädestinierter Platz zu. Die PSD unter Parteichef Liviu Dragnea trieft vor Korruption, plündert das Land aus und schaufelt sich das Geld in die eigenen Taschen. Federführend beim korrupten Poker um die Macht ist Parlamentspräsident Dragnea höchst selber. Selbst wegen Wahlfälschung 2016 mehrfach angeklagt, scheint er die Inkarnationen des Bösen in Personalunion. Nicht nur mit seiner Cliquenwirtschaft schadet er dem ohnehin armen Land, sondern mit seinem Versuch, die unabhängige Justiz für sich zu vereinnahmen, gerät er immer wieder in die Schlagzeilen. Auch der kritische Journalismus kann in Rumänien keinen Frühling feiern, die Presse wird drangsaliert und erlebt Repressalien. So verwundert es kaum, dass der jüngste Fortschrittsbericht der EU-Kommission in Sachen unabhängiger Justiz und Rechtsstaat entsprechend miserabel ausfiel – zumal das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung Liviu Dragnea Unterschlagung von EU-Mitteln vorwirft.
Die bulgarische „Bulgarska Sotsialisticheska Partiya
Nicht besser steht es um die bulgarische „Bulgarska Sotsialisticheska Partiya“ (Bulgarische Sozialistische Partei, BSP) um Sergej Stanischew. Der ehemalige Ministerpräsident und derzeitige Vorsitzende der SPD, als Kind eines hohen kommunistischen Parteifunktionärs in der Sowjetunion geboren, ist in Sachen Korruption kein unbeschriebenes Blatt. Zahlreiche Korruptionsfälle unter seiner Ägide hatten kurz nach dem Beitritt der Bulgaren dazu geführt, dass die EU dem Land die EU-Mittel gestrichen wurden. Doch damit nicht genug: Sergej Stanischew ist tief in mafiöse und illegale Geschäfte verwickelt und versucht gar Mafiastrukturen innerhalb des Inlandgeheimdienstes zu installieren. Doch Bulgariens Verbindungen in die kriminelle Unterwelt gehören bis heute zu den – auch von Seiten der deutschen SPD – nicht kritisierten Machenschaften.
Die slowakische Smer
Auch die slowakische Smer gehört nicht unbedingt in den Kanon dessen, was man unter einer demokratischen Partei versteht. Vor 10 Jahren wurde sie aufgrund ideologischen Abweichlertums aus der SPE ausgeschlossen – der Grund damals – eine Koalition mit den Rechtsextremen. 2018 kam die Partei des Gründers und ehemaligen Ministerpräsident Robert Fico wieder ins Gerede. Nach der Ermordung des Investigativ-Journalisten Ján Kuciak führte die Spur obskurer Hintermänner bis in die Regierungsebene hinein.
In Sachen Einwanderung fährt Smer, ähnlich wie Fidesz, auf einem antieuropäischen Kurs. In der Slowakei ist die Angst vor den Muslimen riesengroß, da man sie überhaupt nicht für integrationsfällig hält. Nach den Terroranschlägen in Paris forderte Fico sogar, jeden einzelnen Muslim im Land überwachen zu lassen. Die Smer, die mal links- mal nationalistisch politisch auf Kurs ist, schürt selbst immer wieder die Angst vor Überfremdung in das Sozialsystem, warnt vor Parallelgesellschaften und lehnt die Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen als Einwanderern ab. Und dies ganz getreu der Maxime: Ohne muslimische Zuwanderung wären Köln und Paris nie geschehen.