Neues Königsschloß in China – Pizza-Millionär baut Neuschwanstein nach

Für die Bayern ist es ein nationales Heiligtum – das Königsschloss Neuschwanstein von Ludwig II., das dieser ab 1869 errichten lies. Millionen von Besuchern fasziniert diese in Stein gesetzte Harmonie aus königlicher Romantik und mittelalterlicher Idylle. Was Ludwig II. nur für kurze Zeit genießen konnte, hat mittlerweile ganze Generationen in ihren Bann gezogen. Neben den vielen Japanern, die jedes Jahr die Königsschlösser besuchen, sind es immer wieder die Chinesen, die in die spektakuläre Bergwelt eintauchen, um sich in der Traumkulisse über dem Albsee trauen zu lassen. Chinesischer Brauttourismus in Bayern! Doch nun hat ein millionenschwerer Bäcker den Traum aller Deutschen kopiert und den Chinesen ihr eigenes Reich zum Träumen geschaffen. Eine Flugstunde von Peking entfernt thront das neue Mega-Projekt über der 6-Millionen-Metropole Dalian auf dem Hügel Wanxia. Architektonische Parallelen zum bayerischen Vorbild sind nicht zu übersehen – Türmchen, Giebel und zinnenverzierte Mauern – die Kopie scheint auf den ersten Blick gelungen. Doch mit Kopien geben sich die Chinesen schon lange nicht mehr zufrieden, und Liu Chonghua, 59 Jahre, der backende Visionär, der mit der industriellen Produktion von Kuchen und Gebäck ein Vermögen machte, erst recht nicht; er hat nur noch die Verwirklichung seiner Kindheitsträume im Sinn. Er hat sie buchstäblich verinnerlicht, die europäische Kultur und erspart – ganz pragmatisch gedacht – damit vielen Brautpaaren gleich einmal den Flug ins entfernte Deutschland. „Ich habe keine Hobbys, außer Bäume pflanzen und Schlösser bauen“, so bekennt sich Liu Chonghua. Bereits als Kind faszinierten ihn Prinzen und Schlösser, und daher ist es um so verständlicher, dass er mittlerweile – auch gegen den „Charme“ kommunistischer Bürokraten und unter Todesdrohungen – Millionen investiert hat. Liu Chonghua trifft nicht nur den chinesischen Zeitgeist, da im Reich der Mitte die Kultur Europas voll im Trend liegt, sondern er stellt sich der größten Urbanisierungswelle der chinesischen Geschichte, die das Riesenreich mit gigantischen Retortensiedlungen und einfaltslosen Apartmentblocks überzieht, quer. Dem kollektiven Plattenbau, einer uniformiert-gesichtslosen Architektur erteilt er klar eine Absage und plädiert im selben Atemzug für eine neue Schlosskultur, für eine „pluralistischere Kultur“, denn die Menschen brauchen Träume, damit sich eine Gesellschaft entwickeln kann. Vorlage für die gigantischen Bauprojekte sind Reiseführer und übrigens Bildbände – so einfach geht’s in China. Aber das Märchenschloss hat noch mehr zu bieten: Es beherbergt eine Luxusabsteige der Kette Starwood Hotels & Resorts. In 292 Zimmern und 29 Suiten kann man die tolle Aussicht auf die glitzernde Skyline der Mega-Metropole und die endlosen Weiten des Meeres genießen – bayerische Lebensart, Spezialitäten und ein Bier aus der hauseigenen Brauerei, blitzender Marmor, prächtige Gemälde und glitzernde Lüster sind respektables Zeugnis dieser prunkvollen Residenz. Illustre Gäste, die die Luxus-Präsidentensuite reservieren, kostet die Nacht fast 17 000 Euro. Aber so schön der steinerne Traum auch sein mag, chinesische Brautpaare, die die Originalität und Authentizität gewachsen-traditioneller Architektur und die grandiose Kulisse der bayerischen Alpenwelt lieben, werden weiter nach Neuschwanstein pilgern, da hilft auch keine noch so schöne Kopie!

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2155 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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