Mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche gaben Stimmen zur Gestaltung der kommenden EU-Kinderrechtsstrategie und Kindergarantie ab
Die Meinung von Kindern und Jugendlichen könnte bald eine größere Rolle bei politischen Entscheidungen in der EU spielen.
Eine Gruppe von fünf Kinderrechtsorganisationen hat eine Online-Umfrage und Konsultationen durchgeführt, um Prioritäten von Kindern und Jugendlichen zur Verwirklichung ihrer Rechte und ihre Vorstellungen für die Zukunft zu erfahren. Mehr als 10.000 Mädchen und Jungen zwischen 11 und 17 Jahren haben sich beteiligt. Heute werden die Ergebnisse in dem Bericht „Unser Europa, unsere Rechte, unsere Zukunft“ veröffentlicht.
Die Europäische Kommission hat die Umfrage in Auftrag gegeben und mit den Organisationen zusammengearbeitet. Mit den Beiträgen der Kinder und Jugendlichen sollen zwei zentrale Instrumente zur Umsetzung der Kinderrechte ausgestaltet werden: zum einen die EU-Strategie für die weltweite Stärkung der Kinderrechte, zum anderen die sogenannte „Kindergarantie“, mit der gezielt benachteiligte Kinder in der EU gefördert werden sollen.
Neue Realität durch Auswirkungen der Pandemie
„Diese Konsultation mit Kindern ist für uns in der Europäischen Kommission ein Novum und ein wichtiger Schritt zu mehr Kinderbeteiligung“, sagte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica. „Kinder sind Experten in den Angelegenheiten, die sie betreffen, und diese Konsultation beweist einmal mehr, dass Kinder bereits wichtige Akteure im Hier und Jetzt sind. Unsere Aufgabe ist es, sie alle zu befähigen und zu ermächtigen, den Weg zu den Führungspersönlichkeiten von morgen schon jetzt zu beschreiten. Deshalb sind Partizipation, Gleichberechtigung und Inklusion die Leitprinzipien sowohl für die EU-Kinderrechtsstrategie als auch für die Kindergarantie 2021. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass alle Kinder den gleichen Start ins Leben haben und sich in dieser Welt frei von Angst und Not entfalten können.“
Die Vertreter*innen von ChildFund Alliance, Eurochild, Save the Children, UNICEF und World Vision erklärten: „Dies ist an sich schon ein historischer Bericht, denn es ist das erste Mal, dass so viele Kinder und Jugendliche die EU-Politik direkt beeinflussen und gestalten können. Er könnte zu keinem wichtigeren Zeitpunkt kommen, da Kinder mit den psychologischen und praktischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konfrontiert sind und sich für die nächsten Jahre auf eine neue Realität einstellen müssen. Da es ihre Zukunft ist, muss ihre Meinung in den Entscheidungen der EU zum Ausdruck kommen.“
Unterstützung für diesen neuen Kurs kommt auch von Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte: „Angesichts der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie wollen wir unsere Kinder nicht nur schützen, sondern auch in sie investieren, damit sie den bestmöglichen Start ins Leben haben und sich entfalten können. Und wer könnte uns besser von den Schwierigkeiten berichten, mit denen sie konfrontiert sind, als die Kinder selbst? Ich begrüße den Geist dieser Konsultation von ganzem Herzen und bin den Tausenden von Kindern dankbar, die uns ihren Input gegeben haben. Ihre Stimmen werden gehört.“
„Als politische Entscheidungsträger müssen wir sicherstellen, dass sich unsere Strategien auf die persönlichen Erfahrungen aller Bürger stützen können. Der Aufbau einer umfassenden Kinderrechtsstrategie muss alle relevanten Bereiche einbeziehen – von Gesundheit (einschließlich psychischer Gesundheit), über soziale Inklusion, Bildung, kinderfreundliche Justiz, Kinder in der Migration bis zu Beteiligung am demokratischen Prozess. Es ist von größter Bedeutung, den Kindern zuzuhören, ihre Stimmen zu diesen Themen zu hören – deshalb ist diese Konsultation so wertvoll und wird dazu beitragen, die EU-Kinderrechtsstrategie zu unterstützen“, ergänzte Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz.
„Kinder sind vollwertige Bürger und Träger von Rechten. Es ist wichtig anzuerkennen, dass sie bei der Gestaltung der Zukunft Europas ein Mitspracherecht haben. Ich bin sehr froh, dass die anstehende erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie die Kinder in den Mittelpunkt stellt, und diese Konsultation ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als Politiker tragen wir dafür Verantwortung, allen Kindern eine echte Chance zu geben, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und sich in allen Lebensbereichen zu entfalten und niemanden zurückzulassen“, sagte David Lega, Europaabgeordneter und Ko-Vorsitzender der Interfraktionellen Arbeitsgruppe für Kinderrechte im Europäischen Parlament.
Die Hauptergebnisse der Umfrage:
– Die COVID-19-Pandemie hat bei Kindern und Jugendlichen in Europa und darüber hinaus zu Stress und Unsicherheit geführt. Jedes fünfte Kind in der EU, das an der Umfrage teilgenommen hat, berichtet, dass es unglücklich aufwächst und sich Sorgen um die Zukunft macht, so das Ergebnis der neuen Studie von ChildFund Alliance, Eurochild, Save The Children, UNICEF und World Vision.
– Fast jedes zehnte befragte Kind gab an, mit psychischen Problemen oder Symptomen wie Depressionen oder Ängsten zu leben. Die befragten Mädchen waren weit mehr gefährdet als die Jungen, und ältere Kinder berichteten über ein höheres Maß an Problemen als jüngere Kinder;
– Ein Drittel der befragten Kinder erlebte Diskriminierung oder Ausgrenzung. Dieser Prozentsatz stieg auf 50 bei Kindern mit Behinderungen, Migranten, ethnischen Minderheiten oder solchen, die sich als LGBTQ+ identifizieren;
– Drei Viertel der befragten Kinder fühlen sich in der Schule wohl, aber 80 Prozent der 17-Jährigen haben das Gefühl, dass die angebotene Bildung sie nicht gut auf ihre Zukunft vorbereitet;
– Die Mehrheit der befragten Kinder wünscht sich Veränderungen in ihrem Schulalltag: 62 Prozent der Befragten hätten gerne weniger Hausaufgaben, 57 Prozent der Befragten wünschen sich einen interessanteren Unterricht. Fast ein Drittel der Befragten würde gerne Einfluss auf die Inhalte des Schulunterrichts nehmen: mehr sportliche Aktivitäten (33 Prozent), Lernen über Kinderrechte (31 Prozent) und mehr musische Fächer (31 Prozent). Allerdings hatten fast alle Befragten schon von Kinderrechten gehört;
– 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen wissen über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf ihre Umgebung Bescheid, 8 Prozent wussten ein wenig darüber und 4 Prozent waren sich nicht sicher.
Pressemitteilung: World Vision Deutschland e.V.