Nachhaltigkeit ist (richtigerweise und leider) Zeitgeist

Kaum ein Unternehmen, das nicht von sich behauptet, nachhaltig unterwegs zu sein. Kaum ein Mensch, der sich nicht nachhaltig gibt. Ich freue mich, dass Nachhaltigkeit so in Mode ist – einerseits. Andererseits müssen wir aufpassen – so meine Erfahrung –, dass nicht jede Selbstverständlichkeit zu nachhaltigem Verhalten umgedeutet wird. Schaut man auf so manchen Unternehmensauftritt, ist „Nachhaltigkeit“ teilweise zu einem Marketinginstrument ohne wirkliche Konsequenzen geworden. Das ist der falsche Weg. Nachhaltige Unternehmensführung ist ein dynamischer, sich immer weiterentwickelnder Prozess. Er braucht eine überzeugende Basis und er braucht vor allem innere Überzeugung.
Und dies gilt ganz besonders für meine Branche: die Finanzindustrie. Sie – nicht jedes Unternehmen, aber doch zu viele – hat in den vergangenen Jahren vor der Finanzkrise so ziemlich das Gegenteil von nachhaltigem, langfristig orientiertem Verhalten an den Tag gelegt. Kaum erklärbar hohe Erträge und Renditen waren das Ziel, viel zu hohe Risiken wurden dafür in Kauf genommen. Gesellschaftliche Folgen und politische Konsequenzen dieses Weges interessierten nicht wirklich. Entsprechend katastrophal waren die Auswirkungen, als dieses Verhalten zum Kollaps führte. Wenn wir diese Form des Bankings dauerhaft überwinden und unsere Reputation wieder herstellen wollen, gibt es nur den Weg, nachhaltig zu agieren. Für meine Branche ist ehrliche Nachhaltigkeit das Gebot der Stunde!
Und ich freue mich sehr, dass mein Haus, die HypoVereinsbank, hier keinesfalls bei Null anfangen musste – ganz im Gegenteil. Wir haben schon lange vor der Finanzkrise auf nachhaltiges Verhalten gesetzt: Unser Leitmotiv war und ist: eine Bank zu sein, die die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden in den Mittelpunkt stellt; die ihre Mitarbeiter fair und verlässlich behandelt; und die ihren Beitrag leistet für den Zusammenhalt und die positive Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.
Um diese Ziele zu erreichen, haben wir hart gearbeitet: Wir haben uns mit unserer Integrity Charter einen verbindlichen Wertekodex gegeben. Wir lassen ethische Fragen in einem transparenten Prozess in unsere Entscheidungen einfließen. Wir sind Gründungsmitglied der Equator Principles, eines freiwilligen Regelwerks von Banken zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bei Projektfinanzierungen.
Das ist sozusagen unser Fundament. So leben wir selbst Nachhaltigkeit und machen sie zu einem Teil unserer Unternehmens-DNA. Und nur von einem solchen überzeugenden Fundament aus, kann eine Bank den Trend zur Nachhaltigkeit bei anderen überzeugend unterstützen. Wie kann eine solche Unterstützung aber aussehen? Natürlich sind es die ursprünglichen Geschäftsbereiche der Banken – Kapitalanlage und Kreditvergabe –, für die es nachhaltige Alternativen zum bisherigen Produktangebot geben muss.
So bieten wir seit vielen Jahren ein breites Spektrum an nachhaltigen Geldanlagen an. Unser Portfolio bedient nahezu alle Anlagebedürfnisse, von Fonds bis zu Altersvorsorgeprodukten.
Der zweite originäre Bereich, in dem Banken Aspekte der Nachhaltigkeit im Kundengeschäft zum Tragen bringen können, ist das Kreditgeschäft. So hat sich die HypoVereinsbank frühzeitig bei der Finanzierung erneuerbarer Energien engagiert. Bis 2012 wurden von uns über 5 Mrd. Euro Finanzmittel für Projekte zur Gewinnung erneuerbarer Energie zur Verfügung gestellt.
Grundsätzlich ist in unserem Kreditgeschäft schon heute jede Kreditentscheidung an einen Kriterienkatalog gebunden, der auch umfangreiche ethische, soziale und ökologische Proof-Points enthält. Einerseits ist dies ein Beitrag der Bank zur nachhaltigen Zukunftssicherung. Andererseits aber oftmals auch ein zusätzliches „Verkaufsargument“ im Kreditgeschäft. Denn wie fast immer beim Thema Nachhaltigkeit heißt es auch hier: Ertrag und Ethik schließen sich nicht aus – ganz im Gegenteil. Und diese Win-Win-Situation ist es, die der nachhaltigen Wirtschaftsweise auch zukünftig erhebliche Schubkräfte verleihen wird – davon bin ich überzeugt.
Besonders schön ist es natürlich, wenn die zahlreichen Aktivitäten zum Thema Nachhaltigkeit öffentlich anerkannt werden. Deshalb freuen wir uns auch besonders darüber, dass uns die renommierte Nachhaltigkeits-Ratingagentur „oekom research“ als die weltweit nachhaltigste Bank auszeichnet. Und zum Jahresende 2012 haben wir als erste Großbank Deutschlands den Deutschen Nachhaltigkeitskodex unterzeichnet, der mehr Transparenz am Kapitalmarkt schaffen soll.
Zur Nachhaltigkeit gehört nach unserem Verständnis aber auch, sich intensiv in den Bereichen Soziales, Financial Education, Umwelt und Kultur zu engagieren: Unsere seit rund 30 Jahren bestehende Unterstützung für junge Nachwuchskünstler durch „Jugend kulturell“ und unser Engagement für die Integration von Zuwanderern im Rahmen des Straßenfußballprojekts „buntkicktgut“ sind da nur zwei Beispiele aus einem umfangreichen Katalog von Aktivitäten.
Und da ein Unternehmen immer nur so gut und überzeugend sein kann wie die Menschen, die in ihm arbeiten, unterstützen wir diejenigen unserer Mitarbeiter, die sich in ihrer Freizeit für gemeinnützige Zwecke einsetzen. Besonders stolz bin ich auf unser Programm „Wir für die Region“, mit dem wir die Kooperation mit gemeinnützigen Organisationen vor Ort fördern. Insgesamt leisten unsere Mitarbeiter rund 40.000 freiwillige Arbeitsstunden pro Jahr. Ihren Einsatz honorieren wir im Rahmen des Employee-Volunteering-Programms „Ehrensache“ mit bis zu zwei Tagen Sonderurlaub pro Jahr sowie Spenden für die Projekte, für die sie sich engagieren.
Eines sollte angesichts der zahlreichen Initiativen und Projekte aber nicht aus den Augen verloren werden: Nachhaltigkeit fängt an bei der direkten Kundenbeziehung. Den Kunden in den Mittelpunkt des eigenen Tuns stellen; seinen Interessen und Bedürfnissen optimal gerecht werden; langfristig und vertrauensvoll mit ihm zusammenzuarbeiten – auch und gerade in schwierigen Zeiten – ist der Grundstein für nachhaltiges Verhalten im Geschäftsleben. Diese Erfahrung habe ich in meinem Berufsleben immer wieder gemacht.

Quelle: http://www.gesichter-der-nachhaltigkeit.de/gesichter/theodor-weimer

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