„Die Priester“ legen zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen ihre CD vor
Die berühmte symphonische Dichtung „Die Moldau“ von Bedrich Smetana fließt als ehrwürdiger Messgesang „Cantare, iubilare“, Musik des kanadischen Rockpoeten Leonhard Cohen wird zum „Hallelujah“, und der herrliche Hymnus „Tantum Ergo“ über das allerheiligste Altarsakrament korrespondiert mit dem berühmten Rhythmus des „Bolero“ von Maurice Ravel. Es klingt unerhört, aber genau das ist es auch, was sich auf der CD „Die Priester – Spiritus Dei“ nachhören lässt. Zwei Mönche und ein Weltpriester sind die Interpreten einer Abfolge von Kirchenliedern und Gebeten, die in einer bislang vollkommen unerhörten Version vertont wurden. Manche werden ihren Ohren nicht trauen, und das beginnt schon mit dem ersten Lied. Da wird mit hallender Stimme das „Vater unser“ in Latein gebetet, während im Hintergrund eine volltönende Orgel mit mächtigen Akkorden die berühmte „Sarabande“ von Georg Friedrich Händel intoniert. Selbst für kirchen- und gottesferne Zuhörer ist das eine Introduktion, deren musikalischer Suggestivität sowie Imagination eines majestätischen gotischen Kirchenbaus sich wohl kaum jemand zu entziehen vermag.
„Sie werden weniger die Menschen erreichen, die mit der Kirche nichts oder nichts mehr zu tun haben, aber sie werden die Menschen erreichen, die die Sehnsucht nach Gott in
ihrem Herzen tragen“, hat ein alter Pfarrer einem der Sänger, Rhabanus Petri, gesagt, nachdem er die CD durchgehört hatte. „Ein wunderbares Kompliment und eine schöne Bestätigung für unser Tun“, sagt der Benediktinermönch im Gespräch mit Tabularasa und fügt hinzu: „Musik ist schließlich das Öl, das das Feuer der Hoffnung am Leben erhält, und in diesem Sinne drückt sich in diesen Liedern auch mein persönlicher Glaube, meine Sehnsucht nach Gott aus.“ Die Gesänge seien ein Brückenschlag und eine Einladung, um mit Gott in Berührung zu kommen sowie offen zu werden für seine Gegenwart. Der Abt des niederbayerischen Benediktinerklosters Schweiklberg verbindet in und mit dieser Musik daher ein zutiefst seelsorgliches Anliegen: „Ich möchte mit dieser Musik den Menschen Hoffnung und Freude schenken.“ Denn das ist der 48-Jährige in erster Linie: Seelsorger und Diener Gottes, bodenständig und erdverbunden.
Oder, wie es der Sänger Pater Vianney Meister (47) ausdrückt: „Gerade in den Höhen und Tiefen des Lebens können wir den wahren Schatz unseres Lebens finden: starkes Gottvertrauen und menschliche Geborgenheit.“ Geistliche Musik ist die Sprache, die sich geradezu kongenial für die Entdeckung dieses Schatzes anbietet. Mit den Worten des deutschen Priesters in Wien, Andreas Schätzle (45), dem dritten Sänger, heißt das: „Geistliche Musik ist vertonte Mystik, Kommunikation zwischen Himmel und Erde, Gott und den Menschen.“
Den Anstoß zu diesem Gesamtkunstwerk gab der in Rom residierende Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, der auch selbst gern zur E-Gitarre greift und rockt. Vor dem Hintergrund mehrerer erfolgreicher Projekte singender Geistlicher und Mönche, etwa aus Frankreich und Irland, wandte er sich an Pater Meister, den Kantor der Benediktinerabtei St. Ottilien in München. Der Musiker wiederum ,engagierte‘ den ebenfalls musikliebehabenden Mitbruder vom Schweiklberg sowie – über einen befreundeten Zisterzienser aus Österreich – noch den studierten Musiker Schätzle. Nach dem Vorsingen in einem Münchner Tonstudio lautete das Urteil: „Wir wagen das Projekt.“ Es folgten fünf intensive Tage, so Abt Rhabanus, in denen die Lieder gesungen wurden. Diese wurden dann von Toningenieur Thorsten Brötzmann mit den zuvor mit Pater Meister ausgewählten Musikstücken zu jener unverwechselbaren und alles andere als zeitgeistigen, sich irgendwelchen Moden anbiedernden Liederfolge zusammengestellt. Später noch wurde in den französischen Alpen ein Video gedreht, das auf der Internetseite von „Die Priester“ angesehen werden kann und neben den Geistlichen die Geschichte einer leidenschaftlichen Liebe eines jungen Paares zeigt, eine zutiefst menschliche Geschichte von Glaube, Hoffnung und Liebe. In der vergangenen Woche nun ist die CD vorgestellt worden, von der manche Lieder durchaus das Potenzial haben, um in den Hitparaden möglicherweise weit vorne zu landen. „Darum geht es uns aber nicht, wir wollen keine Stars werden“, meint Pater Rhabanus. „Vielmehr sollen die Menschen etwas hören, das sie anrührt und mit ihrem Leben zu tun hat.“
Das tun diese Lieder, die alle ihren eigenen Charakter haben, verschiedene musikalische Darstellungsformen bedienen und gerade deshalb bei allen Gesellschafts- und Altersgruppen ihre Hörer finden werden, auch in ganz anderer Hinsicht. So geht beispielsweise ein Teil des Verkaufserlöses in ein Kinderhilfsprojekt in Tansania, darüber hinaus fließen die Gagen aus den Auftritten der Priester in deren praktische seelsorgliche Arbeit. Schließlich eignet sich die CD zudem hervorragend für den Musik-, Religions- und Geschichtsunterricht. Wer weiß: Der eine oder andere Zuhörer mag spüren, dass Latein alles andere als eine tote Sprache ist. Es gibt fürwahr mehrere Möglichkeiten, sich von dieser CD berühren zu lassen, zu neuen Horizonten aufzubrechen, Gottvertrauen zu gewinnen oder vertrauten Glauben so überwältigend anders zu erhören. Der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn sagt: „Die Bibel ist voller Lieder, Lobgesang und Begeisterung. Ein wunderbares Mittel, die Frohe Botschaft der Liebe Gottes den Menschen von heute nahe zu bringen, ist die Musik. Ich wünsche den ,Priestern‘, dass sie viele Menschen durch ihre Musik für Gott begeistern können.“
„O Haupt voll Blut und Wunden“ sei hier als letztes Beispiel dafür angeführt. Im Jahr 1601 komponierte Hans Leo Hassler jene berühmte Melodie, die später für den Text des berühmten ökumenischen Kirchenlieds „O Haupt voll Blut und Wunden“ verwendet wurde. Johann Sebastian Bach bediente sich rund 100 Jahre später der Hasslerschen Melodie für die gewaltigen Choräle in seinen Oratorien. Nochmals rund 300 Jahre später interpretieren „Die Priester“ das bekannte ökumenische Kirchenlied unterlegt mit HipHop-Beats. Was manchem Puristen da wie ein geistlicher und gleichermaßen musikalischer Frevel vorkommen mag, erweist sich beim Hinhören als kleines geistliches und musikalisches Wunder: Weder die Musik noch die geistliche Dimension des Textes verlieren etwas von ihrer originären Authentizität und ihrem Charakter. So werden Emotionalität und Glaubensbekenntnis in noch nicht gehörter überraschender und zutiefst anrührender Weise zum Klingen gebracht.
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