MÜNCHEN FEIERT – 5 JAHRE EUROPÄISCHE AKADEMIE JANUSZ KORCZAK

Mit einem feierlichen Festakt im Theaterraum und im Foyer des schönen und erhaltungswürdigen „Amerika-Haus“ am Karolinenplatz gedachte die Janus-Korczak-Akademie (EJKA) München am 6.Juli 2014 ihres fünfjährigen Jubiläums. Das Programm zu Ehren des berühmten polnischen Arztes, Pädagogen und Schriftstellers Janusz Korczak (1878-1942), der die von ihm betreuten Kinder vom Warschauer Ghetto freiwillig in den Tod nach Treblinka folgte, spielte sich in Anwesenheit zahlreicher wichtiger Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ab. Unter Mitwirkung der Münchner „Hochschule für Musik und Theater“ unter Prof. Adel Shalaby wurden u.a. Chorlieder von Michael Ende/Wilfried Hiller vom Kinder- u. Jugendchor der Sarré-Musikprojekte aufgeführt. Es folgte die Präsentation des Buches „Janusz Korczak-Geschichte und Bilder von Kindern und Jugendlichen“ sowie die Vorführung eines Abschnittes des bereits beim diesjährigen DOKFEST erfolgreich präsentierten Films „Jung – Bayrisch – Jüdisch“, der die Frage bayrisch-jüdischer Beziehungen kritisch-humorvoll aufgreift. Gekrönt wurde der Abend mit der Inszenierung durch die „American Drama Group“ von Morton Rhues „The Wawe“, einem Stück über die mitreißende und gefährliche Anziehungskraft faschistischen Gedankenguts auch innerhalb scheinbar demokratischer Systeme.
Höhepunkt der Veranstaltung war die Laudatio vom Direktor der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten, MdL, Staatssekretär Karl Freller, der sich auch als überzeugtes Beiratsmitglied der EJKA vorstellte. Er würdigte insbesondere die „Tatkraft und den Gestaltungswillen“ der Präsidentin Frau Eva Haller, die auch mehrmals das Wort ergriff und u.a. das Bestreben der Akademie hervorhob, junge „jüdische Europäer“ heranzuziehen. Im Geiste Korczaks, der mit seiner „Pädagogik der Achtung – der Anerkennung von Kindern als vollwertige Individuen“ als „Vorreiter in der Kinderrechtsdiskussion“ gilt, unterstrich Freller, dass die EJKA dies heute sei, was sie von Anbeginn werden wollte: „Ein offenes Forum für Kooperationen und Ideenaustausch zur Umsetzung von neuen und kreativen pädagogischen Ansätzen; ein Ort zur Unterstützung des Münchner Miteinanders in Harmonie und Vielfalt, getragen von gegenseitigem Respekt“. Ferner eine „Bildungs- und Netzwerkeinrichtung unabhängig von religiöser Ausrichtung und kultureller Herkunft“.
Die EJKA könne – fügte der Landtagsabgeordnete hinzu – in Zukunft die „siebte Säule im Münchner Bildungssystem“ werden.
„Es grenzt an ein Wunder“ – war von ihm zu hören – „dass ein Volk, das über den ganzen Erdball zerstreut wurde, das immer wieder Verfolgungen ausgesetzt war, zum Glück über Jahrtausende hinweg seinen geistigen Zusammenhalt bewahrt hat: eine Gemeinsamkeit, die auf einem Kanon von überlieferten Schriften, Erfahrungen und Regeln beruht, eine Gemeinsamkeit, die immer wieder erneuert und fortgeschrieben wurde. Judentum bedeutet lernen!“ Rückblickend auf die großen, immer noch spürbaren „Lücken, die der Holocaust gerissen hat“, ließ er in bewegenden Worten den Schmerz für einen Verlust verspüren, der nicht zu lindern sei:
„Wie viel Kultur, wie viel Geist, wie viel Kreativität wurde hier in deutschem Namen zerstört und ermordet“.
Ein Verlust gewiss, der alle – Juden, Deutsche, Europäer – gleichermaßen trifft. Dem ließ er zum Schluss die Aufforderung folgen, offen für die Impulse zu sein, die die jüdische Kultur – heute wie in der Vergangenheit – zu vermitteln weiß. „Der Stoff, aus dem Bayern gewebt ist, muss wieder durchwirkt sein von der jüdischen Kultur! Oder, um es mit Jürgen Habermas zu sagen: 'Gäbe es nicht eine deutschjüdische Tradition, wir müssten sie heute um unseretwillen finden“.
Ein willkommenes Appell in Zeiten, in denen sich – vor allem seitens der Jüngeren – ein sich abschwächendes Interesse für kulturelle Inhalte verzeichnen lässt, das ein Entgegenwirken durch mehr attraktive Bildungsinitiativen erforderlich macht, wie sie auf engagierter Weise von der EJKA geboten.

Finanzen

Über Anna Zanco-Prestel 178 Artikel
Dr. Anna Zanco-Prestel, hat Literaturwissenschaften (Deutsch, Französisch und Italienisch) und Kunstgeschichte in Venedig, Heidelberg und München studiert. Publizistin und Herausgeberin mit Schwerpunkt Exilforschung. U.d. Publikationen: Erika Mann, Briefe und Antworten 1922 – 69 (Ellermann/DTV/Mondadori). Seit 1990 auch als Kulturkoordinatorin tätig und ab 2000 Vorsitzende des von ihr in München gegründeten Kulturvereins Pro Arte e.V.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.