Moshe Zuckermann: Der allgegenwärtige Antisemit oder Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit

Judengasse in Salzburg, Foto: Stefan Groß

Moshe Zuckermann: Der allgegenwärtige Antisemit oder Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2018, ISBN: 978-3-86489-227-1, 20 EURO (D)

In diesem neuen Buch von Moshe Zuckermann geht es die „Brandmarkung“ als Antisemit, insbesondere durch israelische Politiker, die immer ein unehrliches Instrument von Interessens- und Machtpolitik darstellen sollen. Die Furcht angesichts der NS- Vergangenheit erneut als antisemitisch dazustehen, lasse viele der Nachfahren der Täter und auch Teile der Regierung alle „Verbrechen“, die Israel an den Arabern verübt, in den Mantel des Schweigens hüllen.

Zuckermann geht „vordringlich um das Verhältnis von Deutschen zu Juden, um die Last der deutsch-jüdischen Vergangenheit und um ihre perversen Auswirkungen auf den gegenwärtigen deutschen Diskurs über diese Kategorien“. Dabei kommt er gleich zum Kern seines Buches: „Und weil Judentum, Zionismus und Israel in diesem inadäquaten, ideologischen Gerangel gleichgestellt werden, um daraus – negativ gewendet – die widersinnige Gleichstellung von Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik abzuleiten, diese Gleichstellung sich aber zum unerbittlichen Glaubensbekenntnis verfestigt hat, gerät die Realität völlig aus dem Blickfeld des Diskurses: Deutsche solidarisieren sich mit einem Israel, das seit mindestens fünfzig Jahren Palästinenser knechtet, und wenn man sie drauf hinweist, dass diese Solidarität nicht haltbar ist, gerät man in ihrem Munde zum Antisemiten, zum Israelhasser oder gar zum sich selbsthassenden Juden.“ (S.7f)

Auf ihrer Suche nach Beziehungsnormalität sieht Zuckermann Israel und Deutschland in eine „pathologische Beziehung“ verstrickt. Dabei deutet er das „Anti-Antisemitismus-Geschrei“ vieler Deutscher sowie der Umstand, dass die Sicherheit Israels zur „deutschen Staatsräson“ erklärt wurde als Überkompensation der Schuld am Holocaust.

Er beschäftigt sich im Buch aber vor allem mit seiner Fundamentalkritik gegenüber dem Staat Israel und relativiert antisemitische Äußerungen und Grundhaltungen in der politischen Landschaft der arabischen Nachbarstaaten. Im weiteren Verlauf kommen dann noch Sätze wie diese „Die Shoah gerät leicht zum ideologischen Fetisch, wenn man in jedem Gepöbel eines Neonazis, in jeder Auslassung eines liberalen Wahlkämpfers gleich die Heraufkunft des Vierten Reiches gewahrt, vor allem aber Auschwitz dabei im Munde führt, als rede man über den gestrigen Wetterbericht.“

Das Buch enthält eine grundsätzliche Kritik am Staat Israel und seinem Umgang mit den Arabern. Wie man zu seinen provokanten Thesen steht, bleibt jedem selbst überlassen.

Was genau Zuckermann unter Antisemitismus versteht oder nicht versteht, kommt nicht heraus. Die jüngere Entwicklung von Antisemitismus und seine wechselvolle Geschichte seit dem Holocaust sowie seiner einzelnen Facetten werden auch nicht aufgearbeitet. Antisemitismus als Herrschaftsinstrument zu sehen, war und ist eher eine Verschwörungstheorie von rechts. Dies noch zu legitimieren, ist das Perfide an diesem Buch.

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Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.