Veronica Kaup-Hasler ist Stadträtin für Kultur und Wissenschaft in Wien. Sie absolvierte das Studium der Theaterwissenschaft an der Universität Wien. Hier ein Gespräch über ihre Diplomarbeit.
Johannes Schütz (Tabula Rasa Magazin):
Frau Stadträtin Kaup-Hasler, war es erforderlich, dass die deutsche Familienministerin Franziska Giffey ihren Rücktritt erklärte, weil ihre Dissertation in die Kritik genommen wurde?
Veronica Kaup-Hasler(Stadträtin für Kultur und Wissenschaft in Wien):
Mir sind die näheren Umstände des Rücktritts von Franziska Giffey nicht bekannt. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass die Rücktrittskultur in Deutschland eine andere ist als hier in Österreich. Ich schätze es, wenn jemand Verantwortung für Fehler übernimmt.
Sie schrieben Ihre Diplomarbeit am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Wien.
Meine Diplomarbeit zum Thema „Schweigen: Annäherung an ein Phänomen und seine Bedeutung für die dramatische Dichtung Samuel Becketts“ entstand aus wissenschaftlicher Neugier und Faszination für das Werk Becketts heraus und war mit großem Arbeitseinsatz verbunden, da zu diesem Thema erstaunlich wenig publiziert worden war.
Was war Ihr Forschungsinteresse bei diesem Thema?
Mich hat interessiert, wie sich die Bedeutung der Zwischenräume zwischen den Wörtern entwickelt hat, von einem inhaltlichen Schweigen hin zu einer musikalischen Bedeutung. Ausgehend vom Werk Ödön von Horváths über Samuel Beckett bis hin zu John Cage, bei dem im Werk „Silence“ Sprechen und Schreiben zur musikalischen Partitur werden, untersuchte ich diese Entwicklung.
Halten Sie es für möglich, dass auch Ihre Diplomarbeit kritisiert wird, die am Institut für Theaterwissenschaft approbiert wurde?
Abgenommen und mit sehr gut beurteilt wurde die Arbeit von Monika Meister.
Könnten Mängel in der Diplomarbeit gefunden werden?
Wie würden Sie in einem solchen Fall reagieren?
Die Forschungstradition zu reflektieren und angemessen darzustellen ist Voraussetzung für eine gelungene wissenschaftliche Arbeit, und ich habe immer nach dem Prinzip, die Vorleistungen anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anzuerkennen, gehandelt. Daher mache ich mir keine Sorgen, die Arbeit könnte in dieser Hinsicht kritisiert werden.
Wenn neue Generationen von Neugierigen andere Blickweisen auf das Thema entwickeln und meine Thesen inhaltlich hinterfragen, finde ich das im Sinne einer Evolution der Wissenschaft sogar wünschenswert.
Wir danken Stadträtin Kaup-Hasler für das Gespräch.
Veronica Kaup-Hasler wurde im Mai 2018 die Stadträtin für Kultur und Wissenschaft in Wien. Ihre Diplomarbeit schrieb sie am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien. Sie war Mitarbeiterin des Regisseurs Luc Bondy, auch in seiner Zeit als Intendant der Wiener Festwochen. Danach wirkte Veronica Kaup-Hasler als Intendantin des bedeutenden Theaterfestivals Steirischer Herbst.