Der katholische Publizist und stellvertretende Vorsitzende der Joseph-Höffner-Gesellschaft, Martin Lohmann, ist skeptisch, inwieweit Angela Merkel es ernst meint mit ihren immer häufiger werdenden Aussagen zum C. Seit Erscheinen seines Buches „Das Kreuz mit dem C“, in dem er der Frage nachgeht „Wie christlich ist die Union?“, hat sich die CDU-Chefin immer wieder pointiert zum christlichen Profil ihrer Partei geäußert. Den CDU-Kritiker Lohmann freut dies „außerordentlich“, doch zugleich befürchtet er „vielleicht eher eine Placebo-Wirkung“ solcher Aussagen von Merkel. Der Publizist sagte, er hoffe, dass auf „den guten Sprüchen nicht versteckt ein Verfallsdatum mit genauer Uhrzeit stehe. Und das könnte der 27. September 2009 18:01 Uhr sein.“ Angela Merkel werde wohl auch weiterhin „die einst treuesten Stammwähler der Union ignorieren und auf die Kraft des C verzichten“. Denn von dem jetzt betonten C habe man bei Merkel „in den vergangenen Jahren nichts gehört oder gespürt“. Daher fragt er: „Frau Merkel, wie ernst ist Ihnen dieses C eigentlich wirklich? Auch nach der Wahl?“
Er sei froh, dass die CDU-Chefin sich nun ein wenig – „wenigstens in schönen Worten“ – um das C kümmere, sagte Lohmann. Das müsse sie ja, denn es sei „schon bemerkenswert, dass die Union nicht nur bei den Europawahlen den größten Wählereinbruch bei den katholischen Christen gehabt“ habe, sondern „diese Abwanderung bei den Landtagswahlen noch stärker geworden“ sei. Im Saarland etwa büßte die CDU bei den Katholiken überdurchschnittlich viele Stimmen ein, nämlich minus 15 Prozent. Lohmann wünscht Merkel „von ganzem Herzen den Mut zum belastbaren C, und zwar auch nach der Wahl!“ Niemand brauche „Angst vor dem C zu haben, auch nicht Frau Merkel. Nichts braucht die Union dringender als das C und engagierte weltoffene und tolerante Christen. Aber genau davon hat sie viel zu wenige!“
Lohmann schreibt:
„Um keine Missverständnisse zu schaffen: Die Ohrfeige für die Union an der Saar und im Freistaat Thüringen hat viele Gründe. Einer davon, über dessen Gewicht man trefflich streiten kann, könnte aber eben auch sein, dass manche Wähler woanders ihr Wahlglück suchen, weil, ja weil die Union unter ihrer amtierenden Chefin das C hat verkümmern lassen. Worin liegt denn der Mehrwert dieser Partei noch? Worin unterscheidet sie sich? Man sagt, Angela Merkel sei der beste Grund, CDU zu wählen. Mag sein. Tatsächlich sind für viele heute Merkel und Union Synonyma. Austauschbegriffe. Viele wählen die Union, weil es Merkel gibt. Was aber passiert mit dieser Partei, wenn es eines Tages Merkel nicht mehr geben wird? Wenn heute das „System Merkel“ die Union ist, was ist die Union denn an jenem Tag, da es das System Merkel nicht mehr geben wird? Warum sollte man sie dann wählen, wenn heute Merkel der Grund ist, CDU zu wählen? Frisst das Karrieremodell Merkel das Profil einer Partei? Könnte längerfristig ein Schaden für die Partei entstehen?
Es bleiben auch und gerade in den letzten Wochen dieses Wahlkampfes offene Fragen: Wofür steht Angela Merkel – außer für sich selbst?Was verbindet die C-Chefin mit dem C?Welche Grundsätze hat sie wirklich? Es sieht alles danach aus, dass sie wieder Kanzlerin wird. Dann stehen diese Fragen zunächst einmal nicht mehr auf der Tagesordnung. Doch irgendwann werden diese Fragen wieder da sein, weil es die CDU auch nach einer Angela Merkel geben wird und geben sollte. Und bis dahin hat sie, von der man gelegentlich den Eindruck haben kann, sie lebe konsequent in einem Überzeugungsnirwana,selbst die Chance, der inhaltlichen Entleerung entgegenzuwirken und den lange vorhandenen Mehrwert einer einzigartigen politischen Partei nicht zu verspielen.
WIR haben die Kraft, so lautet der Wahlslogan der Union. Wer ist WIR? Und welche Kraft ist gemeint? Wessen Kraft? Es wäre fahrlässig von Angela Merkel, das WIR ohne die Kraft des C zu wollen. Dann könnte über kurz oder lang sich diese „Kraft“ als wirkungsloses Placebo erweisen. Daher kann man nur hoffen, dass Merkel und Co noch aufwachen im Ruhesalon auf dem Weg zur Wahl – und sind endlich mit jenen Kraftquellen verbünden, die nun wirklich zuverlässig sind. Nicht ein ominöses WIR hat die Kraft. Viel Kraft hat vor allem das C. Das aber dürfte man in der Union wissen. Eigentlich. Oder gehört das C dort nicht mehr zum WIR?“
Martin Lohmann (52) ist katholischer Publizist, Journalist und Stellvertretender Vorsitzender der Joseph-Höffner-Gesellschaft. Soeben erschienen ist sein Buch „Das Kreuz mit dem C. Wie christlich ist die Union?“(14.90 € bei Butzon & Bercker).
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