Medizinische Versorgung in Pemba (Tansania) – Exemplarisch am Chake-Chake Hospital 1965/66 und 2011: Ein Erfahrungs- und Reisebericht

Sonnenuhr, Foto: Stefan Groß

Knapp zwei Jahre habe ich als junger Arzt am Chake-Chake Hospital in Pemba gearbeitet und in dem noch jungen Land, das gerade erst seine Unabhängigkeit erlangt hatte, gelebt. Fast ein halbes Jahrhundert später besuchte ich im November 2011 gemeinsam mit meiner Familie meine frühere Wirkungsstätte. Dies war Anlaß für mich, die medizinische Versorgung damals und heute nicht nur aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, sondern auch vertieft durch Akteneinsicht bei diversen Behörden und Literaturstudium zu vergleichen und Bilanz zu ziehen.

Situation 1965/66 – Ankunft in Pemba
Am 10. Dezember 1963 erlangte das Sultanat und damalige britische Protektorat Sansibar die Unabhängigkeit. Die letzten Wahlen in Sansibar fanden 1963 statt. Am 12. Januar 1964 erfolgte die Ausrufung der Volksrepublik Sansibar und Pemba. Nach einer blutigen Revolution der schwarzen Mehrheitsbevölkerung gegen die arabisch-stämmige Oberschicht (die Inseln waren von 1698 bis zum 6. April 1861 Teil des Sultanats Oman) erklärte sich Sansibar unabhängig und tendierte sehr bald zum „sozialistischen Lager“. Vom 18. Januar bis zum 7. April 1964 war die Insel Pemba eine eigenständige Volksrepublik. Unter starkem politischem Druck von außen schloß sich Sansibar am 25. April 1964 mit dem unabhängigen Tanganjika zu dem neuen Staat Tansania zusammen.
Der Archipel Sansibar besteht aus zwei Hauptinseln, Sansibar (auch Zanzibar; Bedeutung wahrscheinlich „Küste der Schwarzen“) und Pemba („die grüne Insel“, lateinisch Pyralax, römische Bezeichnung der Insel in der Antike) sowie den etwa 51 umliegenden kleineren Inseln. Sansibar ist ein eigenständiger Teilstaat der Vereinigten Republik Tansania und verfügt über eine eigene halb-autonome Regierung, die aus dem Revolutionary Council (Revolutionsrat) und dem House of Representatives (Abgeordnetenkammer) besteht. Die Mitglieder dieser beiden Regierungsorgane werden entweder gewählt oder ernannt. Die offiziellen Sprachen sind Swahili und Englisch. 95 Prozent der Einwohner sind Anhänger des Islam. Die Hauptstadt ist Sansibar-City (Stone Town), eine historische, geschäftige Stadt mit engen Gassen, die von Gebäuden aus Korallenstein gesäumt sind.
Der Sultan durfte 1964 mit seinem Schiff Sansibar verlassen, auf den Inseln wurden sämtliche englischen Beamten und Mitarbeiter aller administrativen und Dienstleistungsbereiche entlassen und mußten das Land verlassen. Quasi über Nacht haben auch zehn Ärzte in Sansibar und alle Ärzte in Pemba das Land verlassen, so daß eine Notsituation entstand.
Die DDR hat nach den USA als zweites Land am 26. April 1964 eine Botschaft in Sansibar eröffnet. Nach langen Verhandlungen wurde vereinbart, daß die DDR ab dem 19. Februar 1965 in der gesamten Vereinigten Republik Tansania durch ein Generalkonsulat mit Sitz in Dar es Salaam, vertreten wird („impliziert nicht die diplomatische Anerkennung der DDR durch die Vereinigte Republik Tansania“) ,die Botschaft in Sansibar erhielt den Status eines Konsulates. Am 17. Mai 1964 wurde im Rahmen eines Kreditangebotes von 20 bis 25 Millionen DM ein „Abkommen zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung von Sansibar über Hilfe und gegenseitige Unterstützung“ vereinbart, das bis 1967 gültig war. Dies sollte offenbar als Sprungbrett und Beispiel für die Anerkennung der DDR und für die künftigen, angestrebten internationalen Beziehungen zu anderen afrikanischen Staaten dienen. In diesem Abkommen wurden in 17 Artikeln neben „der unentgeltlichen Errichtung eines Wohnkomplexes mit 150 Wohneinheiten in der Stadt Sansibar, der Entwicklung einer Baustoffindustrie durch Ausnutzung der örtlichen Vorkommen, einem Kredit in Höhe von 15 Millionen Deutsche Mark zur Bezahlung der Lieferungen von Fischereifahrzeugen, Kleinanlagen der fischverarbeitenden Industrie, kleinen Extraktionsanlagen für Kokosnüsse, Anlagen für die Früchteverwertung (z. B. Mango), Hilfe bei der Entwicklung des Rundfunks, des Finanzsektors, des Innen- und Außenhandels, der Volksbildung: einschließlich der Bereitstellung von zehn Studienplätzen an Universitäten und Fachhochschulen in der DDR und zehn Plätzen für die Facharbeiterausbildung mit Gewährung eines monatlichen Stipendiums, der Übergabe einer Fotolaborausrüstung an die Nachrichtenagentur, der Herstellung von Briefmarken“ auch Vereinbarungen für die medizinische Versorgung getroffen.
In einer Parlamentsrede am 12. Mai 1964 hatte Minister Swai erklärt, daß regional unterschiedlich 40 bis 95 Prozent der Bevölkerung Analphabeten sind. Nach der Revolution wurde deshalb das Hauptaugenmerk zunächst auf die Erwachsenenbildung gelegt. Eine Oberschule besuchten 19.897 Schüler, an den ostafrikanischen Universitäten studierten 415, im Ausland 1.800 Studenten. Am Makarere-College der Ostafrikanischen Universität Uganda konnte man Humanmedizin (20 ärztliche Absolventen pro Jahr) und Landwirtschaft, an der Universität Nairobi, Kenia, Technische Wissenschaften und an der Universität Dar es Salaam, Tanganjika (Bezeichnung für Festlandgebiet Tansanias), Jura, an der 1963 eröffneten Medizinischen Schule Dar es Salaam Medizin studieren. 1966 waren hier 41 Medizinstudenten immatrikuliert, angestrebt wurden in der Perspektive 50 Studenten pro Jahr. Die Ausbildung der medizinischen Assistenten erfolgte in einigen Regionalkrankenhäusern; 1966 beendeten jährlich 12 bis 15 Studierende diese Qualifizierung.

Gesundheitsversorgung
Auf dem Gebiet des Gesundheitswesens wurden für die Zeit eines Fünfjahrplanes drei Hauptaufgaben gestellt:
– Verbesserung des medizinischen Dienstes zur allgemeinen Erhöhung des Gesundheitszustandes,
– Entwicklung des vorbeugenden Gesundheitsschutzes,
– Erweiterung und Schaffung neuer örtlicher (dörflicher) Gesundheitseinrichtungen.
Zu dieser Zeit betrug die Kindersterblichkeit in Tansania zwischen 25 und 50 Prozent, die Lebenserwartung 35 bis 40 Jahre. Mit dem neuen Programm sollte die Lebenserwartung bis 1980 auf 50 Jahre erhöht werden, Epidemien und chronische Erkrankungen, vor allem Tbc, Pocken (1964 1461 Patienten, 102 Todesfälle), Poliomyelitis, Malaria, Schlafkrankheit (1964 183 Patienten), die Parasitenkrankheiten, chronische Unterernährung, besonders der Kinder infolge Mangels an tierischen Proteinen sollten beseitigt beziehungsweise stark reduziert werden. Eine zunehmende Anzahl an Bilharziose- und „Round-Worm-Erkrankungen“ wurde festgestellt.
1965 waren in Tansania 669 Ärzte (überwiegend Europäer und Inder, wenige afrikanische Ärzte) und 45 Zahnärzte tätig, d.h. ein Arzt für 14.400 (Gesundheitsminister Makama nannte auf der Commonwealth Gesundheitskonferenz im Oktober 1966 die Zahl 23.000; DDR 1.000), ein Zahnarzt für 200.000 (DDR 3000) Einwohner. 1964 stellten die verschiedenen kirchlichen Organisationen 45 Prozent aller Ärzte und 42 Prozent aller Krankenhausbetten bereit. Schwierig war die Situation noch dadurch, daß nur ca. fünf Prozent der Bevölkerung in den Städten wohnen, ein Großteil der Bevölkerung nicht in Dörfern, sondern sehr zerstreut angesiedelt ist, das Verkehrswesen unterentwickelt ist und ganze Landesteile während der Regenzeit unerreichbar sind. Als Übergangslösung wurden unter anderem 18 medizinische Assistenten in einem Drei-Jahres-Lehrgang zu „Assistant Medical Officers“ qualifiziert, die eine Tätigkeit als praktischer Arzt aufnehmen sollten. Gesundheitsminister Makama erklärte im Dezember 1965 im Parlament, daß die gegenwärtig bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die gesundheitliche Betreuung sprunghaft zu verbessern und das Klassensystem in den Krankenhäusern zu beseitigen.
1963 betrug die Gesamtbettenzahl in Tansania 12.270, d.h. 1 Bett/813 (DDR 83) Einwohner. Als Ziele des Fünfjahrplanes wurden festgelegt: Ein Bett pro 1.000 Einwohner, in jedem der 58 Distrikte sollten Krankenhäuser mit einer Kapazität von 200 Betten eingerichtet werden, zu den existierenden 1039 örtlichen Gesundheitseinrichtungen sollten weitere 300 errichtet werden, d.h. ein Gesundheitszentrum/50.000 Einwohner, Es wurde eingeschätzt, daß trotz optimaler ausländischer Hilfe in den nächsten zehn Jahren nicht annähernd das europäische Durchschnittsniveau erreicht werden kann (Bericht Botschaft der DDR).
1964 begann auf der Grundlage eines Regierungsabkommens für den Zeitraum von zwei Jahren im „Lenin-Krankenhaus“ (Regierungskrankenhaus) Sansibar ein Chirurg aus Dresden seine Tätigkeit, der zugleich ärztlicher Leiter des Hospitals war. Er hat aus Gründen der vorgesehenen akademischen Laufbahn, aber wahrscheinlich auch wegen der enormen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den überwiegend chinesischen Ärzten, die offenbar nicht in allen Fällen den Ansprüchen gerecht wurden, die Tätigkeit nach einem Jahr beendet. Ärzte aus der DDR kamen danach in diesem Krankenhaus nicht mehr zum Einsatz.
In Pemba existierten zwei kleine Krankenhäuser im Norden (Wete, ca. 27.000 Einwohner) und in der Mitte (Chake-Chake, ca. 22.000 Einwohner) sowie eine kleine, vorwiegend ambulante Einrichtung im Süden (Mkoani, ca. 11.000 Einwohner) der Insel.
Die mit der DDR vereinbarten medizinischen Hilfeleistungen für Pemba umfaßten die Übergabe einer Poliklinik-Einrichtung im Wert von etwa 25.000 DM als Geschenk. Zur Inbetriebnahme wurden für die Dauer von bis zu zwei Jahren fünf Ärzte, vier Krankenschwestern, eine medizinisch-technische Assistentin und ein Verwaltungsfachmann zur Verfügung gestellt, daneben Arzneimittel im Wert von ca. 120.000 DM. Weiterhin wurden ein Arzt und fünf Lehrkräfte für die Einrichtung einer Medizinischen Schule für mittleres medizinisches Personal für die Dauer von zwei Jahren entsandt, dazu Lehr- und Ausrüstungsmaterial im Werte von 12.000 DM. Zusätzlich erfolgte in der DDR die Ausbildung von 20 Schwesternschülerinnen für drei Jahre zur Qualifikation als Ausbildungskräfte, fünf davon für eine Lehrtätigkeit.
Im Chake-Chake Hospital Pemba nahmen 1964 ein Chirurg, eine Gynäkologin (Frau Dr. Fuchs, Zeiss-Poliklinik Jena), eine Kinderärztin (Frau Dr. Radvany, Tochter von Anna Seghers, ärztliche Leiterin) und ein Internist die Tätigkeit auf. Zugleich waren drei Krankenschwestern, eine medizinisch-technische Assistentin und ein Verwaltungsleiter aus der DDR tätig.
Ich kam im Juni 1965 zum Einsatz, weil der Internist krankheitsbedingt für einen längeren Zeitraum ausfiel, und durfte bis Dezember 1966 tätig sein. Der ursprünglich vorgesehene Einsatz in Ghana entfiel damit. Eine Vorbereitung für diesen Einsatz in sprachlicher oder fachlicher, tropenmedizinischer Hinsicht war nicht möglich.Im Arbeitsplan IV. Quartal 1964 des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR war für Dr. Ziegler, Rostock, und Dr. Stein, Jena eine tropenmedizinische Hospitation in Burma und Indien vorgesehen, die jedoch nicht realisiert wurde. In Eigeninitiative erfolgte eine Sprachausbildung in Swahili durch einen Englisch sprechenden Lehrer. In Kairo hatte ich mir die neueste Auflage von Manson-Bahr „Tropical Diseases“ gekauft und täglich darin gelesen und nachgeschlagen. Einige Blickdiagnosen lernte ich vom Senior Officer der Pflegekräfte Im März 1966 hat meine Verlobte das Medizinstudium nach bestandenem Physikum unterbrochen, und wir haben nach der standesamtlichen Trauung im Konsulat der DDR in Sansibar (heute Konsulat der Republik Ägypten) bis zur Rückkehr in die DDR in einem komfortablen Einfamilienhaus im bevorzugten, separat gelegenen Stadtteil Tibirinzi gelebt. Im Radio konnte man über Kigali die Deutsche Welle hören.
Wir waren Angestellte der Regierung Sansibar, erhielten ein für dortige Verhältnisse gutes Gehalt, das uns wie allen Mitarbeitern am Gehaltstag ausgezahlt wurde. Die Lebensbedingungen waren bis 1966 gut. Am 6. November 1965 wurde von uns der Ikeya-Seki-Komet beobachtet, ein faszinierendes Erlebnis.

Ausstattung und Profil des Krankenhauses in Chake-Chake
Das Krankenhaus in Chake-Chake bestand aus drei stationären Bereichen für Kinder, Frauen und Männer sowie einer separat gelegenen Station für Tuberkulosekranke. Nicht zu unserem Verantwortungsbereich gehörte ein entfernt gelegenes Leprosorium. Der ambulante Bereich umfaßte gleichfalls einen Bereich für Kinder, Frauen und Männer. Die Stationen wurden von deutschen Schwestern geleitet.
An diagnostischen Möglichkeiten standen eine von der DDR geschenkte mobile Röntgeneinheit zur Herstellung von Röntgenaufnahmen des Thorax und der Knochen sowie ein kleines Labor mit minimalem Ausstattungsgrad zur Verfügung. Ein echtes Problem war die ausreichende Versorgung mit Wäsche und Sterilgut, besonders für die Operationen.
Die Mahlzeiten für Patienten und Mitarbeiter wurden im Freien am offenen Feuer zubereitet.
Der „Operationssaal“ war klein und nicht klimatisiert. Die Operationen im Unterleib und an den Beinen erfolgten überwiegend mittels Periduralanästhesie, die anderen Operationen mittels Äthertropfnarkose. Da Äther knapp war, wurde jeder Tropfen und jede angefangene Flasche verwendet.
Nach der schnellen Einrichtung des Krankenhauses am Rande der Mauern arabischer Ruinen aus dem 11. und 16. Jahrhundert in Chake wurden im ersten Jahr vom Chirurgen und der Gynäkologin auf Grund dertechnischen Unzulänglichkeiten nahezu ausschließlich Notfalloperationen durchgeführt. Ab zweitem Halbjahr 1965 stiegen durch den Mut und eine hohe Einsatzbereitschaft der neuen „Mannschaft“ die Zahlen der Notfall- wie geplanten, auch großen und komplizierten Operationen im chirurgischen (Dr. Reichel) und gynäkologischen (Frau Dr. Kettner) Bereich ständig an. Der Chirurg war hauptamtlich im größeren und etwas besser ausgestatteten Krankenhaus in Wete, im Norden des Landes gelegen und ab November 1965 auch mit einem deutschen Internisten besetzten Haus, beschäftigt und kam zu den geplanten Operationen an zwei Tagen der Woche nach Chake, in Notsituationen auf Abruf manchmal mehrmals am Tag mit dem eigenen Pkw bei einer Distanz von ca. 30 km. Zu den häufigsten geplanten Eingriffen gehörten Hernien, Hydrocelen, Tumoren, zu den ungeplanten Operationen Verletzungsfolgen und Frakturen insbesondere nach Sturz von den hohen Bäumen in der Zeit der Nelkenernte. Wenn eine Transfusion erforderlich war, wurden alle Erwachsenen einer Familie in das Hospital gebeten und derjenige mit dem höchsten Hämatokritwert als Blutspender ausgewählt. Bei intraabdominalen Blutungen, z. B. extrauteriner Gravidität, wurde intra operationem das Blut mittels Byrette retransfundiert. Die sogenannte kleine Chirurgie einschließlich Versorgung unkomplizierter Frakturen wurde in Chake vom Internisten und von der Gynäkologin betrieben.
Gynäkologisch bestand ein großer Bedarf an Operationen von gutartigen und bösartigen Tumoren. Die Schwangerschaftsentbindungen erfolgten zu über 60 bis 80 Prozent als Hausgeburten, meist mit Hilfe einer „Hebamme“ (house wife). Der Neugeborenen-Tetanus 8-10 Tage nach der Geburt war eine besondere Herausforderung für die Kinderstation. Es wurden deshalb an die Hebammen in den Dörfern soweit erreichbar sterile Päckchen zum Verbinden der Nabelschnur verteilt.
Da die postoperative Heilung in den meisten Fällen komplikationslos verlief, die medikamentöse Therapie erfolgreich war und die Entlassung nach kurzem stationären Aufenthalt erfolgte, waren die Akzeptanz und Dankbarkeit in der Bevölkerung groß und die Warteliste für die geplanten Operationen lang.
Das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR hatte die Hoffnung, dieses Krankenhaus zur Weiter- und Fortbildung von deutschen Ärzten auf dem Gebiet der Tropenmedizin zu nutzen. Diese Annahme erwies sich jedoch als Irrtum, da Tropenkrankheiten keine große Rolle spielten. Die Malaria wurde auf beiden Inseln durch ein WHO-Eradikationsprogramm unter Leitung eines südkoreanischen Arztes mit Sitz in Sansibar und einem in Pemba tätigen libanesischen, später belgischen Experten mit langjähriger Tätigkeit und Erfahrung im Kongo mittels Verwendung von DDT und anderer Maßnahmen beseitigt. Die Inseln gelten als praktisch malariafrei. Eine Malariaprophylaxe ist nicht erforderlich; das Schlafen unter einem Moskitonetz wird in allen Hotels angeboten. Auch andere Tropenkrankheiten stellten eine Rarität dar. Die dominierende Infektionskrankheit war die offene Lungentuberkulose mit röntgenologisch ausgedehnten Infiltraten, Kavernen und pleuralen Prozessen. Lepra, Filariose, Schistosomiasis, vor allem Bilharziose des Urogenitaltraktes, interessante Pilzerkrankungen der Haut gehörten zum Spektrum der von mir zu behandelnden Patienten. Seltener war eine Hepatitis zu diagnostizieren. Eine Anämie meist auf dem Boden einer Wurmerkrankung (Ancylostoma duodenale/Hakenwurm, Ascaris u.a.), Infektionen des oberen Respirationstraktes und der Lungen, gelegentlich mit asthmoider Komponente, kamen relativ häufig vor. Es dominierten die Herz-Kreislauf-Erkrankungen Hypertonie und deren Folgen, Herzinsuffizienz, auch eine komplexe Vitaminmangelerkrankung Beri-Beri, die auf einen Mangel an Thiamin (Vitamin B1) zurückzuführen ist. Sehr eindrucksvoll war für mich der rasche Effekt einer Vitamin B1-Substitution. Patienten mit Malnutrition in trockener wie feuchter Verlaufsform waren eine große Herausforderung.
Interessant und erwähnenswert sind die zu diesem Zeitpunkt begonnenen epidemiologischen Untersuchungen von Professor Burkitt, Universität Kampala in Uganda, zu besonderen Formen des Lymphoms. Er hat an alle Krankenhäuser Fragebögen verschickt, an denen wir uns mit einigen Kasuistiken beteiligen konnten.

Ärztliche Aufgaben
Zum Aufgabenbereich der Ärzte gehörten weiterhin gynäkologische Sprechstunden und Schwangerenbetreuung sowie Mütterberatung im Krankenhaus Wete, wie auch allgemein medizinische/internistische Sprechstunden und die konsiliarische Betreuung der Patienten in dem kleinen, nur notdürftig eingerichteten Krankenhaus in Mkoani sowie 14tägliche Sprechstunden vorwiegend für Kinder und Schwangere in elf Dispensaries in verschiedenen Dörfern. Diese umfassende Tätigkeit war eine erhebliche Belastung für alle Ärzte und Schwestern. Bei diesen Gelegenheiten wurden Vorträge für die Bevölkerung zur Verbesserung der Hygiene, insbesondere für Mutter und Kind gehalten und die Propagierung und Einrichtung von Latrinen mit Hilfe leerer DDT-Tonnen aktiv betrieben. Nicht selten waren wichtige Dorfälteste anwesend, um zuzusehen, wie die Patienten versorgt wurden. Häufig kam die ganze Familie zur Konsultation, und es wurde erwartet, daß auch die gesunden Kinder angesehen werden und jeder eine Medizin, mindestens Hefetabletten, erhielt. Alle diese Maßnahmen haben das Ansehen der deutschen Ärzte und Schwestern erheblich gestärkt, das Vertrauen in die medizinische Behandlung verbessert und die Konsultationszahlen sprunghaft erhöht. Es erfolgte schließlich auch eine eher sporadische und aus einer aktuellen Situation veranlaßte, leider nicht kontinuierliche systematische Qualifizierung des einheimischen medizinischen Personals zu Fragen der Krankenversorgung, Hygiene, Ernährung u.a.
Meine ärztliche Tätigkeit war wie oben geschildert breit angelegt, deshalb besonders abwechslungsreich und herausfordernd und beinhaltete auch chirurgische, kinderärztliche und geburtshilfliche Aufgaben, insbesondere in der Urlaubsvertretung oder im Bereitschaftsdienst. Gegenseitige Hilfe war oberstes Gebot und selbstverständlich. Nach dem Weggang von Frau Dr. Radvany wurde mir die ärztliche Leitung („Ärztlicher Direktor“) des Krankenhauses in Chake übertragen. Dazu mußten auch Verwaltungsaufgaben erledigt werden, nachdem der deutsche Verwaltungsleiter im April 1966 seinen Einsatz beendet und ein einheimischer Verwaltungsleiter die Aufgaben übernommen hatte. Das Konsulat hat in einem Schreiben an das Ministerium meine Tätigkeit gewürdigt, jedoch darum gebeten, daß nach Beendigung der Tätigkeit wieder ein „Genosse“ diese Aufgabe übernehmen solle.

Jeder Arzt hatte jeweils eine Woche Bereitschaftsdienst, wurde mit Problemen aller Fachdisziplinen konfrontiert und hat viele schwierige und ungewohnte Situationen meistern müssen. Pflichtgemäß berichteten wir nach jedem Quartal über die Aufgaben, Ergebnisse, Probleme der Arbeit an das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR und äußerten Wünsche.
Mit dem „W. I. Lenin-Hospital“ in Zanzibar, jetzt „Mnazi Mmoja Hospital“, dem größten Krankenhaus in Sansibar (510 Betten, 64 davon Innere Medizin), das auch als Regierungskrankenhaus fungierte, bestanden nach dem Ausscheiden des Chirurgen Dr. Herwig 1965 und der Übernahme der ärztlichen Tätigkeit vorwiegend durch chinesische Kollegen keinerlei Kontakte. Wir wurden lediglich vom Konsulat zum Konsil gebeten, wenn es Probleme bei der Versorgung eines Mitarbeiters aus der DDR gab.
Aus dem umfangreichen Aktenmaterial im Bundesarchiv geht hervor, daß die Beziehungen der DDR und der Sowjetunion zur Volksrepublik China keineswegs wohlwollend oder gar freundschaftlich gestaltet, sondern durch einen harten, vor allem politisch geprägten Konkurrenzkampf um Einfluß und Macht in den verschiedenen Bereichen des zivilen und politischen Lebens in Sansibar geprägt waren. Das wirkte sich auch auf die Beziehungen auf unserer beruflichen Ebene aus.
Am 21. August 1965 wurde der erste Geburtstag des Hospitals in Chake würdig gefeiert, andere Anlässe zum Feiern waren die offiziellen DDR-Feiertage, die Verabschiedung leitender Mitarbeiter u.a. Diese mit allen Etiketten versehenen und mit diplomatischen Gepflogenheiten organisierten und veranstalteten Feste erfreuten sich bei den einheimischen Gästen großer Beliebtheit, weil neben guten, auch deutschen Speisen nicht wie sonst üblich nur Softdrinks angeboten wurden. Wir wurden zu offiziellen Feiern der Regierung und bei regionalen Anlässen eingeladen, dabei wurde auch häufig getanzt.
Auf die politische Situation in der DDR (Beschlüsse des 6. und 7. Parteitages sowie des 11. Plenums der SED, das „Ringen um internationale Anerkennung“ u.a.) und die Auswirkungen auf die Arbeit und das Leben in Pemba soll nur kurz eingegangen werden. Die Beziehungen zum Konsulat waren allein schon durch die räumliche Distanz zwischen Sansibar und Pemba sehr locker; wir wurden zumindest in unserer Arbeit vom Konsulat nicht behindert Die Parteiversammlungen und deren Beschlüsse waren nicht öffentlich, die Nichtgenossen erhielten gelegentlich im privaten Kreis Informationen ohne Relevanz für die tägliche Arbeit. Diese war in erster Linie durch das persönliche Engagement geprägt und keineswegs Folge einer Parteidisziplin oder eines besonderen „Kollektivgeistes“. Innerhalb der Parteigruppe gab es nach den Protokollen der Parteiversammlungen zu urteilen keineswegs nur Harmonie und Sympathie. Die spärliche Freizeit wurde überwiegend individuell (fachliche und sprachliche Fortbildung, Belletristik durch ein Abonnement im Bertelsmann-Verlag mit guter Auswahl), in kleinen Interessengruppen mit Sport und Bootsausflügen wie auch geselligem Beisammensein verbracht. Für wissenschaftliche Arbeit waren wenig Zeit und zu geringe Voraussetzungen gegeben, gleichwohl konnte ich zwei kleine Themen zur Filariose und Bilharziose bearbeiten und nach der Rückkehr publizieren.
Aus den Gesprächen mit Vertretern der Regierung Sansibar und aus den Unterlagen des Bundesarchivs geht hervor, daß die Verantwortlichen des DDR-Konsulates mit der Arbeit der Ärzte sehr zufrieden waren. Kritisch wurden dagegen die Tätigkeit der Lehrer in Pemba an der Fidel-Castro-Oberschule (Lehrmaterial wurde nicht geliefert, Lehrbücher nicht in Englisch abgefaßt, Englischkenntnisse der Lehrer nicht ausreichend), die Planung und der Ablauf der verabredeten Bauprojekte (Molkerei, Früchte- und Fischverwertungseinrichtungen, Koprapreßanlage, Polytechnisches Zentrum u.a.) trotz großer Aktivität der FDJ-Brigaden beurteilt und in den Berichten an die zuständigen Ministerien und Institutionen der DDR geschildert.

Situation 2011
Im November 2011, also nach 46 Jahren, hat meine Familie eine „Safari“ analog unserer einwöchigen Tour 1966 durch die Nationalparks auf dem Festland gemacht und anschließend die Inseln Sansibar und Pemba besucht.
Auffällig waren die neuen Flughäfen in Sansibar (1974 erbaut, benannt nach dem 1. Präsidenten Karume) und Pemba; bessere und auch neue Straßen verbinden die Städte und Tourismus-Zentren. Der Verkehr erfolgt mit Bussen, Autos und Eselskarren. In Sansibar ist der von der DDR begonnene Wohnungsbau vorangetrieben worden. An den herrlichen Sandstränden der Küstenregionen sind mit Hilfe privater Investoren zahlreiche komfortable Hotels und Lodges mit gutem Service für den Tourismus errichtet worden. Der dominierende Sektor der Beschäftigung ist die Landwirtschaft mit einer hohen Exportquote für Gewürznelken. Eine industrielle Entwicklung ist nicht sichtbar und wird wohl auch in Zukunft keine große Rolle spielen.
Die Bevölkerung nimmt ständig zu, etwa die Hälfte lebt unterhalb der Armutsgrenze, 36 Prozent der Bevölkerung unter der „poverty line“, d.h., ihnen stehen weniger als zwei Dollar pro Tag zur Verfügung. Dennoch besitzen viele Menschen ein Mobiltelefon und einen Fernsehapparat.
Die jetzigen Krankenhäuser in Wete und das Abdalla Mzee Hospital in Mkoani wurden von „sozialistischen Bruderstaaten“ in der Zeit, als Tansania noch sozialistisch war, errichtet beziehungsweise modernisiert. Das Abdalla Mzee Hospital in Mkoani wurde mit chinesischer Unterstützung gebaut und ist das Krankenhaus mit den meisten Zuweisungen. Hier sind neben lokal ausgebildeten Ärzten, Schwestern und Gesundheitshelfern noch immer chinesische Ärzte tätig. Im Zentrum von Chake, nahe dem alten Standort in dem ich tätig war, wurde um 1990 mit EU-Mitteln ein neues Krankenhaus gebaut. Hier sind neben einheimischen, meist in Ostafrika ausgebildeten Ärzten regelmäßig auch Ärzte aus Kuba, Russland und Schweden tätig. Die Schulen und das Krankenhaus weisen einen großen privaten Sektor aus.
Chake-Chake ist die wichtigste Stadt der Insel mit dem Flughafen und größten Krankenhaus. Wir durften ohne vorherige Anmeldung das neue Krankenhaus im Rahmen einer kurzen, aber sehr bereitwilligen Führung und Problemdiskussion durch den ärztlichen Leiter, Dr. Yussuf, besichtigen. Wir lernten auch die meisten Ärzte kennen; es waren überwiegend an afrikanischen Universitäten ausgebildete Kollegen, kubanische Ärzte, keine Europäer. Es besteht im Vergleich zu 1965 eine erhebliche Verbesserung der stationären, ambulanten und operativen ärztlichen Versorgung der Patienten; Fachärzte für Augenheilkunde und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sind tätig. Einige Spezialsprechstunden, unter anderem für Diabetes mellitus, sind eingerichtet worden. Der flüchtige Blick in den Operationssaal zeigte eine erhebliche Verbesserung der räumlichen, apparativen und klimatischen Situation; er entspricht wohl den modernen Anforderungen. Die Wäscherei, Sterilgutversorgung, Küche und andere zentrale Einrichtungen befinden sich in einem guten, funktionstüchtigen Zustand. Trotz erheblicher Verbesserung auch der diagnostischen Möglichkeiten (Röntgen, Labor u.a.) bestehen noch deutliche Defizite zur Gewährleistung einer optimalen, auch spezialisierten medizinischen Betreuung; besonders augenfällig war dies in den Ambulanzräumen für Augen- und HNO-Krankheiten.
Die in Vorbereitung dieses kleinen Berichtes mehrfach an den ärztlichen Leiter wie auch an den Kulturattaché der Botschaft der Republik Tansania in Berlin, schließlich auch an den Botschafter selbst geschickten Briefe und E-Mails mit der Bitte um Informationen zur Krankenversorgung in den drei Krankenhäusern der Insel Pemba, auch mit dem Angebot, gegebenenfalls Hilfe zu organisieren, wurden in keinem Fall beantwortet. Das bedauern wir sehr und ist uns unverständlich.
Unser damaliges Wohnhaus im Stadtteil Tibirinzi konnten wir nicht besuchen, da diese Region mit dem schon vor 1966 existierenden Gästehaus der Regierung, das ich durch eine erbetene Untersuchung der Frau des Präsidenten Karume kennenlernen konnte, jetzt zur Sperrzone und ausschließlichen Nutzung für Mitglieder der Regierung erklärt wurde.

Entwicklungshilfe in Tansania
Auf meine Anfrage teilte das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung schriftlich mit, daß die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) im Rahmen des deutsch-tansanischen Gesundheitsprogramms ausschließlich auf dem Festland in den Regionen Lindi, Mbeya, Mtwawa und Tanga abläuft; mit den Maßnahmen werden etwa 5,6 Millionen Einwohner erreicht, dies entspricht 16 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die deutschen EZ-Durchführungsorganisationen GIZ (Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) und die KfW Entwicklungsbank (Finanzierungs-Know-how und langjährige entwicklungspolitische Expertise) wirken national, regional und lokal in Form von Finanzierungsbeiträgen, Infrastrukturmaßnahmen und Beratung und Fortbildung von Gesundheitspersonal. In Sansibar und Pemba, die von einem eigenen Gesundheitsministerium verwaltet werden, ist Hauptgeber die dänische Entwicklungszusammenarbeit (DANIDA) (finanziert direkte Maßnahmen und beteiligt sich an der Kofinanzierung); weitere Akteure sind die UN-Organisationen, UNICEF und UNFPA, die übergreifend insbesondere Aktivitäten zur Stärkung der Gesundheit von Frauen und Kindern unterstützen.
2000 gab es zwei Universitäten (State University HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/State_University_of_Zanzibar&usg=ALkJrhgsF-n3aOEVc-UD68vVcLuebw2cnA“of HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/State_University_of_Zanzibar&usg=ALkJrhgsF-n3aOEVc-UD68vVcLuebw2cnA“ HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/State_University_of_Zanzibar&usg=ALkJrhgsF-n3aOEVc-UD68vVcLuebw2cnA“ HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/State_University_of_Zanzibar&usg=ALkJrhgsF-n3aOEVc-UD68vVcLuebw2cnA“Zanzibar, SUZA und Chukwani College of Education) und eine Fachhochschule, 207 staatliche und 118 private Schulen in Sansibar.
Trotz eines relativ hohen Standards der primären Gesundheitsversorgung und der Bildung beträgt die Kindersterblichkeit immer noch 83/1.000 Lebendgeburten. Es wird geschätzt, daß von einer Unterernährung ein Drittel von Sansibars Menschen betroffen sind. Die Lebenserwartung liegt mit 48 Jahren deutlich unter dem Weltdurchschnitt 2010 von 67,2 Jahren. Die Inzidenz von HIV (AIDS) liegt in Sansibar deutlich niedriger gegenüber Tansania (0,6% der Bevölkerung) als auch gegenüber dem nationalen Durchschnitt von rund acht Prozent.
Etwa 95 Prozent der Sansibar-Bevölkerung folgen den Gesetze HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/Sharia&usg=ALkJrhhw-DAOmqA5T8qeDeLwr_QTBLLHdQ“n HYPERLINK „http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&langpair=en%7Cde&rurl=translate.google.de&u=http://en.wikipedia.org/wiki/Sharia&usg=ALkJrhhw-DAOmqA5T8qeDeLwr_QTBLLHdQ“ des Islam. Die restlichen fünf Prozent sind Christen, die den Gottesdienst in mehr als 25 Kirchen feiern.
Der kurze, rein touristisch angelegte Besuch Tansanias und die wenigen, z. T. flüchtigen Eindrücke und Erlebnisse erlauben die für uns erfreuliche Feststellung, daß sich in den vergangenen 46 Jahren die gesundheitliche Betreuung der Menschen auf der Insel Pemba deutlich verbessert hat. Wir hoffen sehr, daß mit Hilfe und Unterstützung von außen eine weitere, dem internationalen Stand entsprechende Versorgung erreicht wird. Dazu gehört auch eine bessere soziale Absicherung der Menschen. Der World Health Report 2010 und die Deklaration des World Health Assembly drängt die Länder „to aim for affordable universal coverage and access for the citizens on the basis of equity and solidarity“. In Tansania besteht ein sehr stark fragmentiertes Gesundheitssystem mit einem großen privaten Sektor. Es wurden in den vergangenen Dekaden verschiedene Versicherungssysteme eingeführt, die ausgeweitet werden sollen; eine einheitliche, für alle gültige, den Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechende Regelung gibt es nicht.

Pemba als Reiseziel
Ich kann diesen Erfahrungsbericht über eine begrenzte ärztliche Tätigkeit 1965/66 und einen kurzen touristischen Besuch 2011 in Pemba nicht abschließen, ohne auf die touristischen Möglichkeiten hinzuweisen. Pemba ist von den Inseln touristisch am wenigsten erschlossen, deshalb noch sehr ursprünglich und intim. Die sehr liebliche Insel zeichnet sich durch eine üppig-tropische Vegetation mit großen Plantagenkulturen aus. Mit Hilfe Englands kamen die Gewürznelkenbäume 1818 von den Molukken nach Sansibar. Der Sultan Said ibn Sultan ließ sie in Sansibar, vorwiegend jedoch in Pemba kultivieren. Diese beiden Inseln sind auch heute noch die Hauptanbaugebiete für Gewürznelken. Der Export der getrockneten Knospen macht 90 Prozent der Exporteinnahmen aus. Erntezeit ist zwischen Oktober und Dezember. Die Blütenknospen müssen genau zum richtigen Zeitpunkt geerntet werden, was nur in Handarbeit möglich ist. Ein Baum trägt bis zu 40 kg Blütenknospen pro Jahr. Wenn die Blüten auf Matten vor den Häusern oder auf freien Plätzen zum Trocknen ausgelegt sind, duftet es überall nach diesem Gewürz. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Deutschland etwa bei 6 g/Jahr, damit auf Platz drei hinter Großbritannien (7 g/Jahr) und Indonesien (ca. 150 g/Jahr). Der große Verbrauch in Indonesien erklärt sich mit der Verwendung von Nelkenöl als Aromastoff für Zigarettentabak. Der sogenannte Pemba Channel – das Gewässer zwischen Pemba und dem Festland – gilt als eines der letzten großen unberührten Reviere für Taucher und Hochseeangler. Zwar sind mehrere kleine Hotelprojekte auf Pemba in Planung, aber nur wenige wurden bisher realisiert, überwiegend als Lodges mit komfortablen Ferienhäusern oder -wohnungen, in denen man herrliche Ferien verbringen kann. Das große Potential des Ausbaus und der Erweiterung der Kapazitäten für den Tourismus wird sicher einheimische und ausländische Investoren anlocken. Eine Reise lohnt sich jetzt schon ganz bestimmt.

Prof. Dr. med. Günter Stein, Jena

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