M+E Industrie kommt nicht aus der Rezession – Beschäftigungsrückgang setzt sich fort – Erholungsprozess wird lange dauern

Brossardt: „Jedes zweite Unternehmen rechnet frühestens 2022 mit Erreichen des Vorkrisenniveaus“

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Die bayerische Metall- und Elektro-Industrie kommt nicht aus der Rezession. Ungewiss sind zudem die Länge und die daraus resultierenden Auswirkungen des Lockdowns auf die konjunkturelle Erholung. Das ist das Ergebnis der aktuellen Umfrage der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm unter ihren Mitgliedsunternehmen, die heute in München vorgestellt wurde. „2020 müssen wir als ein Jahr, das an die Corona-Pandemie verloren gegangen ist, abschreiben. So hat sich die aktuelle Geschäftslage gegenüber dem Sommer verbessert, der Saldo bleibt aber im negativen Bereich. Die Erwartungen für 2021 sind per Saldo positiv, die Hälfte der Unternehmen rechnet aber mit einer unverändert schlechten Lage. Damit ist klar, dass auch das kommende Jahr wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser für die Unternehmen bringt und wir von einem Nachkrisenaufschwung noch weit entfernt sind“, sagt bayme vbm Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Besorgniserregend sind die weiter im negativen Bereich liegenden inländischen Beschäftigungspläne der Unternehmen, verdeutlichen diese doch die ernste Lage. „Jedes dritte Unternehmen rechnet im Inland mit einem weiter voranschreitenden Arbeitsplatzabbau. Aktuell verlieren wir Monat für Monat rund 3.000 Stellen. Im Ausland hingegen soll bereits wieder Beschäftigung aufgebaut werden. Wir müssen jetzt umsteuern und unseren Standort fit für den internationalen Wettbewerb machen. Daher fordern wir im Hinblick auf die kommende Tarifrunde den Tarifpartner auf, realistisch zu sein und die Arbeitskosten in Deutschland in den Griff zu bekommen. Es gibt nichts zu verteilen“, so Brossardt.

Allein 2020 werden 30.000 Arbeitsplätze in der M+E Industrie verloren gehen. Die Gesamtbeschäftigung in der M+E Industrie erwarten wir zum Jahresende bei 837.000. 2021 werden voraussichtlich noch weitere 20.000 Stellen verloren gehen. „Kurzarbeit, unternehmenseigene Maßnahmen, die Aussetzung der Insolvenzanmeldepflicht und staatliche Unterstützungshilfen haben einen noch schnelleren Stellenabbau verhindert“, so Brossardt.

Im Jahresdurchschnitt 2020 dürfte die Produktion um 16 Prozent sinken. Für das kommende Halbjahr geben rund die Hälfte der Unternehmen an, dass die Produktionspläne stagnieren werden. Damit bremst sich die im Sommer begonnene Erholung bereits wieder deutlich ab. „Für 2021 erwarten wir ein Produktionswachstum von 1,5 Prozent. Damit werden wir noch um 20 Prozent unter 2018 liegen. Das gilt noch mehr für die Investitionen, die drei Viertel der Unternehmen nicht ausweiten werden. Damit bleibt die Investitionsbereitschaft gering, insbesondere im Inland. Unsere Unternehmen brauchen mehr Luft für Investitionen, legen diese doch den Grundstein für eine rasche Erholung und die Bewältigung der Transformation. Das muss in der laufenden Tarifrunde berücksichtigt werden“, so Brossardt.

So hat bisher nur ein Viertel der Betriebe das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Ein weiteres Viertel rechnet im Verlauf des kommenden Jahres damit. „Rund jedes zweite Unternehmen erwartet dies aber erst im Jahr 2022 oder später, viele können es noch gar nicht abschätzen. Das steht aber unter dem Vorbehalt, dass ab Frühjahr keine weiteren Einschränkungen durch das Infektionsgeschehen nötig sein werden und sich auch im Ausland die Lage deutlich verbessert. Das gilt auch für internationale Handelskonflikte“, betont Brossardt.

Die Ertragslage der Unternehmen hat sich gegenüber der Umfrage im Sommer nur leicht verbessert. Mehr als die Hälfte der Unternehmen befürchten für das Jahr 2020 eine sehr kritische Ertragslage: 35 Prozent rechnen mit Verlusten, weitere 7,5 Prozent erwarten eine schwarze Null und elf Prozent gehen von einer Nettoumsatzrendite von unter zwei Prozent aus. „Die Ergebnisse werden positiv durch die Kurzarbeit beeinflusst. Reduziert diese doch die Kosten. Der Effekt ist aber nicht von Dauer“, klärt Brossardt auf. Weiterhin ist nahezu jeder zweite Beschäftigte in der M+E Industrie von Kurzarbeit betroffen.

„Die Lage ist besser als noch im Sommer. Über den Berg sind wir aber noch lange nicht. Neben den Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie müssen die Unternehmen auch politisch bedingt den Strukturwandel schneller vorantreiben. Dafür brauchen sie alle verfügbare Liquidität. Für die anstehenden Tarifverhandlungen heißt das, dass es keinen Verteilungsspielraum gibt und dass Tarifverträge flexible und individuelle Lösungen für alle Unternehmen bereithalten“, so Brossardt.

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