Mattes: Klimaziele – Handeln statt Verbieten

Wetterhahn, Foto: Stefan Groß

VDA-Präsident auf dem BDI-Klimakongress: „Individuelle und bezahlbare Mobilität muss jetzt und in Zukunft sichergestellt werden.“

„Die Automobilindustrie bekennt sich klar zum Klimaschutz und den Zielen von Paris: Wir sind überzeugt davon, dass es langfristig keine Alternative zu sauberen und klimaschonenden Autos geben kann. Die Entwicklung dieser nachhaltigen Mobilität der Zukunft treiben Hersteller und Zulieferer innovativ und entschlossen voran. Begleitet werden muss dieser Weg durch eine wirksame und weitsichtige Klimapolitik, die sowohl den Umweltschutz als auch den Industriestandort Deutschland stärkt“, sagte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), heute anlässlich des BDI-Klimakongresses in Berlin.

Die Arbeitsgruppe Klima der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität habe Vorschläge und Instrumente für Investitionen, Innovationen und Digitalisierung aufgezeigt, mit denen der Klimaschutz im Verkehr enorm vorangebracht werden kann. Dafür ist ein klarer Schwerpunkt auf den Aufbau der Infrastruktur zu setzen, insbesondere der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität. „Das sind gute Meilensteine, die fortgesetzt und konkretisiert werden müssen“, so der VDA-Präsident. „Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen kann ein Großteil der erforderlichen CO2-Einsparung erreicht werden. Zudem hat die Automobilindustrie Konzepte und Ideen vorgelegt, mit denen die verbleibende Lücke geschlossen werden kann.“

Dazu gehören laut Mattes mehr Investitionen in Digitalisierung, eine Initiative für Stauvermeidung und die Verbesserung des Verkehrsflusses, weniger Parksuchverkehr sowie der Einsatz von Apps für Carsharing und Ridesharing. Auch Fahrerschulungen für sparsames und sicheres Fahren seien notwendig. Zudem müsse der zusätzliche Einsatz regenerativer, CO2-neutraler Kraftstoffe mit strengen Nachhaltigkeitskriterien vehement angeschoben werden. Dazu Mattes: „Mit einer Kombination dieser Maßnahmen sind die Klimaschutzziele im Verkehr erreichbar. Das ist besser als Einschränkungen und Verbote. Eine moderne, individuelle und bezahlbare Mobilität ist ein hohes Gut und muss jetzt und in Zukunft sichergestellt werden.“

Klar sei aber auch, so Mattes, dass die Dekarbonisierung auch ein Preisschild hat. So sind nach Berechnungen der Studie „Klimapfade der Industrie 2050“ für die Erreichung des 2050-Ziels von minus 95 Prozent CO2 bei optimaler Umsetzung Mehrinvestitionen von rund 1,5-2,3 Billionen Euro für alle Sektoren nötig. Um das Verkehrsziel 2030 zu schaffen, sind außerdem rund 250 Mrd. Euro zusätzlich erforderlich.

Der VDA-Präsident wies darauf hin, dass kurzfristig vor allem Elektrofahrzeuge einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz und zur Emissionssenkung leisten. Um die sehr ehrgeizigen Ziele von etwa 7-10,5 Millionen Elektrofahrzeugen (BEV und PHEV) in 2030 erreichen zu können, brauche es aber mehr als attraktive Produkte. „Die Rahmenbedingungen müssen optimal sein und das Kaufumfeld für die Kunden muss stimmen“, betonte Mattes. „Die nächsten drei Jahre sind entscheidend für den Durchbruch der Elektromobilität und deren Akzeptanz beim Kunden.“

Einen wesentlichen Hemmschuh für den Erfolg der Elektromobilität sieht Mattes in der noch nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur. Aktuell gibt es in Deutschland 16.100 öffentlich zugängliche Ladepunkte und rund 1.900 Schnellladepunkte. In Berlin müssen sich, statistisch gesehen, 4.500 Einwohner einen Ladepunkt teilen, in Oslo sind es 480 Einwohner, in Amsterdam nur 400. „Hier muss schnell gehandelt werden. Denn die Möglichkeit, unkompliziert zu laden, ist für den Erfolg der Elektromobilität entscheidend. Deswegen ist die Initiative des Bundesverkehrsministers zur Förderung der Ladeinfrastruktur nötig und wichtig. Ein entscheidender Hebel ist der Aufbau privater Ladesäulen. Denn der Großteil der Ladevorgänge – 75 bis 85 Prozent – findet im privaten Bereich statt“, sagte Mattes. Auch müssten die Stromnetze auf den Anstieg der Elektromobilität vorbereitet werden. In einigen Regionen werde es notwendig sein, das Verteilnetz auszubauen oder zu verstärken.

Mattes weiter: „Es gibt für Mieter und Wohnungsbesitzer, die einen privaten Ladepunkt installieren möchten, immer noch zu viele rechtliche und praktische Hürden. Um hier zu pragmatischen Lösungen zu kommen, müssen das Bauordnungs-, Miet- und Eigentumsrecht geändert werden. Die Ankündigungen der Bundesjustizministerin dazu sollten rasch in die Tat umgesetzt werden.“ Bei Neubauprojekten müsse die Ausstattung von Stellplätzen mit Ladesäulen zügiger als bisher geplant angegangen werden, so Mattes. Denn die EU-Gebäuderichtlinie, die auch erst noch in nationales Recht überführt werden muss, legt die Latte zu niedrig. Demnach müssen neue Gebäude erst ab 2025 mit einer Ladeinfrastruktur ausgestattet werden – und auch nur in eher geringem Maße.

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