Ägypten: Konversion des Ehemannes zum Islam entzieht christlichen Müttern das Sorgerecht für ihre Kinder

Botschafter für Menschenrechte kritisiert rechtliche Diskriminierung von Nichtmuslimen in Ägypten

Medhat Klada, Egypt, Quelle: BfM

Sobald in Ägypten ein vormals christlicher Vater zum Islam konvertiert, wechselt mit ihm automatisch die Religion seiner Kinder, denn der Islam ist in dem als „gemäßigt“ und „prowestlich“ geltenden Staat offizielle Staatsreligion. Die nichtmuslimischen Kinder oder die Mütter haben kein Recht mitzuentscheiden. Dies steht zwar im Einklang mit den Bestimmungen von Artikel 2 der ägyptischen Verfassung, verstößt jedoch in vielerlei Hinsicht gegen die Menschenrechte, kritisiert Medhad Klada vom Netzwerk „Botschafter für Menschenrechtler“. Der koptisch-orthodoxe Aktivist fordert „das Recht auf religiöse Selbstbestimmung ohne Einschränkungen für jeden!“

Klada will die ägyptische Verfassung reformieren. Er spricht für die Rechte der koptischen Minderheit. „Frauen und Männer haben die gleiche Menschenwürde und den Anspruch auf gleiche Rechte in Staat und Gesellschaft. Das gilt selbstverständlich auch für die Religion und grundsätzlich auch im Fall von Konversion,“ sagt Klada, der im gleichnamigen Netzwerk als „Botschafter für Menschenrechte in Ägypten“ fungiert.

Für einen ägyptischen Mann ist es leicht vom Christentum zum Islam zu wechseln, um sich von seiner christlichen Frau zu trennen und eine andere, muslimische Frau, zu ehelichen. Die neue Religion führt aber nicht nur zu einer schnellen neuen Familie, sondern hilft auch, andere Benachteiligungen im täglichen Leben zu beenden, denen Nichtmuslime in Ägypten unterliegen. Vor allem im Bildungssystem, der öffentlichen Verwaltung und in der Justiz werden Nichtmuslime als Menschen zweiter Klasse behandelt. Dies berichten nicht nur Kopten, sondern auch Angehörige der Baha’i-Religion und anderer Minderheiten.

„Der Islam ist die offizielle Religion des ägyptischen Staates. Das diskriminiert alle anderen Menschen, die einen anderen Glauben haben oder ganz ohne Religion sind. Besonders ist das Familienrecht betroffen. In diesen Angelegenheiten stützen sich die Richter auf religiöse Begriffe und Bestimmungen des Islam, denn es gibt kein Gesetz, das offiziell diskriminiert, kritisiert Klada weiter.

Verfassung muss im Sinne der Gleichheit gestaltet und gelebt werden

Medhad Klada ermutigt die koptisch-orthodoxe Kirche und ägyptische Frauenorganisationen dazu, die Initiative zu unterstützen und gemeinsam für Gleichberechtigung und Menschenwürde aller Ägypterinnen und Ägypter einzutreten. Kalda: „Das Jahr 2024 ist das Jahr der Kampagne für Menschenwürde. Die Menschen in Ägypten brauchen endlich Gleichberechtigung! Wir wollen in Ägypten und weltweit über die Diskriminierung der Nichtmuslime informieren und für eine gerechte Verfassung werben.“

Daran sollen sich verschiedene NGO und europäische Politiker beteiligen. Die ägyptische Regierung muss die Artikel 40 und 46 der ägyptischen Verfassung einhalten, die Religionsfreiheit und Gleichheit aller Bürger im Staate garantieren. Sie muss gemäß Artikel 1 der ägyptischen Verfassung handeln, welcher allen Ägyptern volle Bürgerrechte garantiert und gleichzeitig Artikel 2 aus der ägyptischen Verfassung streichen, der besagt, dass die islamische Scharia die erste Quelle der Gesetzgebung ist. Die Regierung muss ein Gesetz gegen religiöse Diskriminierung erlassen und jeden zur Rechenschaft ziehen, der sich religiöser Diskriminierung schuldig macht.

Bereits 2007 veröffentlichten die Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) und Human Rights Watch einen Bericht mit dem Titel „Verbotene Identitäten: Staatliche Verletzungen der Glaubensfreiheit“. Dieser Bericht dokumentiert unter anderem die Akten von 89 Personen, deren Religion unfreiwillig durch den Staat zum Islam gewechselt wurde. Die ägyptische Föderation für Menschenrechte erhält jährlich 60 neue Fälle im Zusammenhang mit dem Religionswechsel des Vaters, berichtet der Direktor der Organisation, Najib Jibril.

Der ehemalige Vorsitzende des Verwaltungsgerichts, Adel Farghali, bestätigt, dass die Frage der Religionszugehörigkeit von Kindern und der Übertragung des Sorgerechts an den Vater auf die Rechtsprechung der Richter zurückzuführen ist, die auf Bestimmungen des islamischen Rechts basiert. Das islamische Recht gilt als eine der Quellen der ägyptischen Gesetzgebung. Das ägyptische Gesetzbuch kennt keinen speziellen Artikel, der die Konversion der Religion von Kindern im Falle der Konversion des Vaters oder der Erlangung des Sorgerechts regelt. Richter finden daher ihre eigene Interpretation und behaupten, dass das Kind bis zur Volljährigkeit Muslim bleibt. Erst danach kann es seine Religion selbst bestimmen.

Gleichstellung und Menschenwürde für alle

Medhat Klada, der sich auch als Präsident der internationalen Vereinigung EUCHOR (European Union of Coptic Organisations for Human Rights) engagiert, fordert, dass im Jahr 2024 nicht nur die Diskriminierung der koptischen Minderheit beendet wird, sondern dass auch alle Ägypter aus Minderheiten bei staatlichen Institutionen gleichgestellt werden: «Gleiche Bildungschancen und faires sowie transparentes Einschreiten durch die Justiz und die Polizei, wo immer Kopten oder Nichtmuslime in einem Konflikt mit der islamischen Mehrheit stehen. Jede Art von Sanktionen und Bestrafungen müssen ohne Ansehen der Religion in gleicher Weise nach dem Gesetz erfolgen.»

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Über Martin Lessenthin 10 Artikel
Der Publizist und Historiker Martin Lessenthin ist Botschafter für Menschenrechte. Er berichtete in verschiedenen politischen Gremien – zum Beispiel Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bunderstages - als Sachverständiger zu Menschenrechtsfragen. Lessenthin wirkt als Autor von gutachterlichen Stellungnahmen für politisch Verfolgte und Glaubensverfolgte sowie für politische Stiftungen und Bildungswerke u.a. im Rahmen der Integration von Geflüchteten. Auf Beschluss des Deutschen Bundestags wurde er 2016 in das Kuratorium des DIMR, dem Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin gewählt und 2020 für eine zweite Amtsperiode gewählt. Von 2001 bis 2023 wirkte Lessenthin als Vorstandssprecher der Menschenrechtsorganisation IGFM, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Frankfurt/M. Geboren 1957. Journalist. Studium der Geschichtswissenschaften, Politische Wissenschaften, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1989 bis 1998 Chefredakteur Deutsche Gewerkschaftszeitung, Stuttgart. Von 1992 bis 1998 Geschäftsführer Neuer Deutscher Gewerkschaftsverlag, Duisburg/Stuttgart. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Menschenrechtsfragen, Medienpolitik, Gewerkschaften.