Der Blick auf unsere Wirtschaft und unseren Arbeitsmarkt zeigt bedauerlicherweise mehr Stagnation als Aufschwung. Die Zahl der Arbeitslosen stieg zum Jahresausklang auf knapp 2,7 Millionen und verharrt damit auf einem viel zu hohen Niveau. Auch wenn sich der Arbeitsmarkt in Bayern mit der bundesweit geringsten Arbeitslosenquote trotz der großen konjunkturellen Herausforderungen weiterhin robust zeigt. Es müssen wieder mehr Menschen in Arbeit und damit ist auch eine Neuausrichtung des Bürgergeldes zwingend erforderlich.
Deutschland ist ein verlässlicher, sozialer Staat im Herzen Europas. Dafür wollen wir auch weiterhin einstehen. Dennoch steigt die Anzahl der Menschen in unserem Land, die von Abstiegsängsten und Unsicherheit getrieben wird. Wir beobachten eine schleichende Deindustrialisierung unseres Landes sowie eine Gefährdung der Errungenschaften unseres Sozialstaats. Die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel tragen ihr Eigenes dazu bei. Wir brauchen eine Konzentration der Politik auf den Erhalt von wirtschaftlicher Stabilität, Stärkung des Standort Deutschland, Beschäftigung und Inflationsbekämpfung. Die Ampelregierung hat dies bislang noch nicht zu ihrer Priorität gemacht. Das muss sich dringend ändern!
„Wer arbeitet, muss mehr haben, als jemand der nicht arbeitet.“ Dieser Grundsatz muss Kern einer modernen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sein und bleiben. Entscheidend ist, dass wieder mehr Menschen in eine Beschäftigung gelangen und dass die Aufnahme von Arbeit nicht zu einer höheren finanziellen Belastung durch Steuern und Sozialabgaben führt. Wir brauchen eine Grundsicherung, die den Menschen hilft, die nicht aus eigener Kraft erwerbsfähig sein können – und zwar in einer Höhe, die sich am Existenzminimum orientiert. Die Einführung eines regelmäßigen Anpassungsmechanismus der vorgesehenen Regelsätze ist von wesentlicher Bedeutung.
Wir brauchen ferner Anreize zur Aufnahme von Arbeit. Dazu gehören einerseits steuerliche Entlastung von Überstunden und Mehrarbeit. Andererseits muss sich der Grundsatz, dass sich Arbeit lohnt, stärker im Steuerrecht abbilden: Durch eine Erhöhung der Freibeträge und Absenkung des Tarifs bei der Einkommensteuer und Freibeträgen bei Sozialabgaben.
Wir brauchen eine Absenkung der sog. Transferentzugsraten, damit sich Arbeit wieder stärker lohnt und sich diese Arbeitsleitung auch im eigenen Geldbeutel widerspiegelt. Wir müssen zurück zum bewährten System des Förderns und Forderns. Wir als CSA stehen für Fairness und Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die unseren Sozialstaat finanzieren.
Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss ist weiterhin hoch. Dem muss entschieden entgegengewirkt werden. Denn wer ohne Abschluss die Schule verlässt, hat ein höheres Risiko in schwierigen Beschäftigungsverhältnissen zu landen oder auch gar keine Arbeit zu finden. Dies führt zu Folgekosten in der Grundsicherung wie auch später bei der Rente. Wir wollen, dass die Jobcenter daher auch das Thema Ausbildung verstärkt in den Fokus nehmen. Das gilt jedoch auch in Bezug auf die Langzeitarbeitslosen, die häufig nach etwa sieben Jahren als ungelernt eingestuft werden. Kompetenzerwerb und lebenslanges Lernen sind die Schlüssel für ein sicheres berufliches Leben.
Die Einzahldauer in die Arbeitslosenversicherung muss sich nach dem Übergang von Arbeitslosengeld I in das Bürgergeld mit verbesserten Leistungen im Bürgergeld widerspiegeln. Gerade im Vergleich zu den Leistungen, die Menschen gewährt werden, die nie oder kaum in das System eingezahlt haben. Die Arbeitsleistung der Menschen, die schon über Jahre hinweg in das System einbezahlt haben, muss entsprechend berücksichtigt werden. Wer nicht in das System einbezahlt und damit solidarisch unterstützt hat, kann nicht die gleichen Leistungen erwarten.
Wir möchten die kleineren und mittleren Einkommen stärker entlasten. Dafür wollen wir den steuerlichen Grundfreibetrag auf 12.000 Euro und den Kinderfreibetrag auf den Wert für Erwachsene erhöhen. Auch der Arbeitnehmerpauschbetrag ist spürbar zu erhöhen. Notwendig ist dabei auch eine Berücksichtigung der sogenannten kalten Progression im Steuerrecht durch Anpassung des Tarifs. Es darf nicht sein, dass mit einer zunehmenden Inflation eine schleichende Erhöhung der Steuerlast einhergeht.
Wir wollen die EU-Mindestlohn-Richtlinie in nationales Recht umsetzen und in diesem Zusammenhang auch die Mindestlohnkommission reformieren. Die Rahmenbedingungen für Unternehmen müssen so ausgestaltet werden, dass durchgängig in allen Branchen – auch der Gastronomie – gute Löhne gezahlt werden können, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen. Wir stehen zur Sozialpartnerschaft. Nur noch etwa jeder zweite Beschäftigte ist durch einen Tarifvertrag geschützt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Staat übermäßig in die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eingreifen sollte. Vielmehr sollten die Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern stattfinden, um die Bedürfnisse beider Seiten angemessen zu berücksichtigen und eine nachhaltige Arbeitsplatzsicherheit zu gewährleisten. Es ist für eine Soziale Marktwirtschaft unerlässlich, die Tarifbindung zu stärken, um mehr, nicht weniger, soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Es ist nun endlich an der Zeit für eine grundlegende Reformierung unseres Rentensystems. Die Mogelpackung der Ampelregierung, die über schuldenfinanzierte Aktienrente, lehnen wir entschieden ab. Diese ist lediglich eine versteckte Beitragserhöhung zu Lasten der Beitragszahler. Die Arbeitnehmer-Union spricht sich schon seit Jahren für eine Fortentwicklung des Systems aus. Wir stehen für ein System, das weder die junge Generation durch Beitragszahlungen überfordert noch die Rentnerinnen und Rentner die Altersarmut fürchten müssen. Einer kapitalgedeckten Rente über einen staatlichen Aktienfonds stehen wir positiv gegenüber, allerdings wird ein solches Modell auch erst besonders interessant bei einer Befreiung von Kapitalerträgen im Alter. Uns ist es wichtig, dass die Beitragszahler auch die Möglichkeit haben individuelle Ansprüche zu erwerben.
Gleichzeitig dürfen wir die gesetzliche Krankenversicherung nicht aus den Augen verlieren. Hier haben wir schon jetzt ein jährliches Defizit von mehreren Milliarden Euro. Weiterhin prognostizieren wir hier im Gegensatz zur Rente nicht im Voraus die Steigerung der Beiträge und Kosten.
Wir stehen vor der Europawahl, die zu einer Richtungsentscheidung für ein innovatives, liberales, modernes und demokratisches Europa wird. Wir stehen vor großen Herausforderungen, wie den Frieden in Europa zu sichern und die Migrationskrise zu beenden. Gleichzeitig müssen wir den lauter werdenden Stimmen von Populisten und Extremisten entschieden entgegentreten und die Werte unserer Demokratie sowie der Europäische Union hochhalten. Wir stehen für ein Europa, auf das sich die Menschen verlassen können – das sie schützt und ihnen nützt.
Dr. Volker Ullrich, MdB
Landesvorsitzender der CSA