Die Leopoldina hat gemeinsam mit den nationalen Wissenschaftsakademien der G8-Staaten im Vorfeld des G8-Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs zwei Stellungnahmen erarbeitet. Die darin enthaltenen Empfehlungen werden heute den beteiligten Regierungen für die Verhandlungen am 26. und 27. Mai in Deauville (Frankreich) übergeben. In einer Stellungnahme zum Thema „Bildung in einer globalisierten Welt“ fordern die Akademien die Regierungen auf, gezielt in eine Infrastruktur zur weltweiten Verbreitung des wissenschaftlichen Wissens zu investieren. Eine weitere Stellungnahme zum Thema „Wasser und Gesundheit“ empfiehlt neben dem Zugang zu sauberem Trinkwasser dringend die sanitäre Versorgung der Weltbevölkerung weiterzuentwickeln, um die Menschen vor schweren Krankheiten und Epidemien zu schützen.
Die Wissenschaftsakademien legen dar, dass Forschritt und globale Entwicklung auf wissenschaftlichen und technologischen Erkenntnissen beruhen. Sie empfehlen daher, gezielt in Bildung zu investieren, um eine Globalisierung im Bereich des Wissens zu erreichen. Das Ziel dabei müsse es sein, alle Menschen zu vollwertigen Partnern der Wissenschaft zu machen. Skepsis und unbegründete Ängste neuen Technologie gegenüber würden somit vermieden werden; Menschen könnten aber auch deren Risiken besser einschätzen lernen. Dieser Herausforderung müsse man auf in dreifacher Weise gezielt begegnen: verbesserte wissenschaftlicher Bildungder breiten Öffentlichkeit, in Schulen sowie an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen.
Die Wissenschaftsakademien empfehlen den Staats- und Regierungschefs, die Regierungen der Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, eine funktionierende Infrastruktur für Bildung zu entwickeln und diese zu unterhalten. Gefördert werden sollten internationale Kooperationen, die neue Wege im Bereich des e-learnings schaffen, sowie eine Politik des freien Zugangs zu wissenschaftlicher Literatur und zu wissenschaftlichen Datenbanken. Wichtig sei es darüber hinaus,dass die neuesten Erkenntnisse aus der Hirnforschung und den Kognitionswissenschaften tatsächlich genutzt werden, um bessere Lehr- und Lernprogramme zu entwickeln. Ebenso müsse ein Netzwerk aus kooperierenden Forschungszentren für verschiedene innovative Bildungsthemen geschaffen werden. Bestehende erfolgreiche Programme, die Wissenschaftler und breite Öffentlichkeit, Journalisten und Entscheidungsträger aus verschiedenen Bereichen zusammenbringen, sollten weiter ausgebaut werden, so die Akademien in ihrer Stellungnahme zum Thema Bildung.
Ausgehend von der Tatsache, dass in den vergangenen zehn Jahren durch hohe Investitionen für über eine Milliarde Menschen auf der Welt erstmals ein Zugang zu sauberem Trinkwasser geschaffen werden konnte, machen die Wissenschaftsakademien in ihrer Stellungnahme zum Thema „Wasser und Gesundheit“ darauf aufmerksam, dass im selben Zeitraum zu wenig für die sanitäre Versorgung dieser Menschen getan worden ist. Rund 40 Prozent der Weltbevölkerung haben heute noch keinen Zugang zu einer angemessenen Sanitärversorgung. 20 Prozent der
Weltbevölkerung steht gar keine an ein Abwassersystem angeschlossene Toilette zur Verfügung, so dass zusätzlich 300 Millionen Tonnen unbehandelter Exkremente jährlich wichtige Trinkwasserressourcen verunreinigen. Die Akademien weisen darauf hin, dass weltweit mehr Kinder unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen (Diarrhoe) sterben als an AIDS, Malaria und Masern zusammen. Diese Erkrankungen gehen meistenteils auf unsauberes Wasser, eine schlechte sanitäre Versorgung und mangelhafte Hygiene zurück.
Die Akademien fordern die Politiker auf, den Zugang zu Trinkwasser und die Sanitärversorgung gemäß den Milleniumszielen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine Einheit zu betrachten. Die G8-Staaten sollten sich dafür einsetzen, dass überall auf der Welt neben einer akzeptablen Qualität des Trinkwassers eine grundlegende Sanitärversorgung sichergestellt wird. Dabei sollte neben einer Unterstützung in technischen Belangen auch die Ausbildung von Technikern vor Ort gehören, die Unterstützung von Forschern, die Mittel gegen Krankheitserreger im Wasser entwickeln, und ebenso Initiativen im Bereich des capacity building vor Ort, um das Bewusstsein für verbesserte Hygiene-Standards zu entwickeln.
Bereits seit dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im Jahr 2005 im schottischen Gleneagles erarbeiten die nationalen Akademien der G8-Staaten – Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Russland, Großbritannien und die USA – jedes Jahr gemeinsame wissenschaftsbasierte Stellungnahmen zu globalen, gesellschaftsrelevanten Themen, die die Regierungen bei ihren Verhandlungen bei den jährlichen G8-Gipfeln unterstützen sollen. Die diesjährigen Erklärungen wurden bei einer Konferenz der Akademienvertreter am 24. und 25. März 2011 in Paris vorbereitet. Beteiligt waren neben den G8-Wissenschaftsakademien auch die Akademien Südafrikas, Brasiliens, Indiens, Mexikos und des Senegal. Deutschland wird in diesem Kreis der Wissenschaftsakademien stets durch die Nationalakademie Leopoldina vertreten.
Die englischsprachigen Stellungnahmen und die von der Leopoldina angefertigten deutschen Übersetzungen der Texte können Sie unter folgendem Link abrufen:
http://www.leopoldina.org/de/politik/empfehlungen-und-stellungnahmen/g8-statements.html
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.