Vor genau zwölf Monaten, am 14. Juli 2008, wurde die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina von der Vorsitzenden der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz und Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Annette Schavan zur Nationalen Akademie der Wissenschaften ernannt. Am ersten Jahrestag ihrer Ernennung hat sie sich als Arbeitsakademie etabliert, neue Strukturen geschaffen, qualifizierte Mitarbeiter gewonnen und den räumlichen Ausbau sichergestellt.
„Als Nationale Akademie der Wissenschaften haben wir die Aufgabe, wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen aufzugreifen, sie in voller Unabhängigkeit wissenschaftlich zu bearbeiten und die Ergebnisse nicht nur der Politik, sondern der gesamten Öffentlichkeit zu vermitteln“, erläutert Prof. Dr. Volker ter Meulen, Präsident der Leopoldina. „Dies tun wir fächerübergreifend und interdisziplinär und gemeinsam mit den anderen Akademien.“ Bei den Vorhaben wird je nach Aufgabenstellung die optimale wissenschaftliche Besetzung zusammengestellt und mit der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften sowie den Akademien der Union einschließlich der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eng zusammengearbeitet. Die Zusammenarbeit wird in einem gemeinsamen Koordinierungsgremium abgestimmt.
Ein Beispiel für fundierte Auseinandersetzung mit einem zukunftsweisenden Thema ist das Projekt „Altern in Deutschland“. Hierzu hat die Leopoldina im März eine gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften erarbeitete Empfehlung dem Bundespräsidenten Prof. Dr. Horst Köhler vorgelegt. In der nun folgenden Phase werden unter Federführung der Leopoldina-Vizepräsidentin Prof. Dr. Ursula M. Staudinger, Bremen, ausgewählte Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt. Eine andere interdisziplinär ausgerichtete Arbeitsgruppe der Leopoldina und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften beschäftigt sich seit dem Frühjahr 2009 mit dem ebenfalls gesellschaftlich hoch relevanten Thema „Fertilität und gesellschaftliche Entwicklung“.
Mit der neuen Rolle als Nationale Akademie der Wissenschaften haben sich auch die Tätigkeiten innerhalb der Leopoldina verändert und erweitert. „Die Mitglieder haben im Dezember 2008 eine neue Satzung verabschiedet, welche sie und die Sektionen deutlich stärker als bisher in die Arbeit der Akademie einbindet. Mit der Etablierung als Arbeitsakademie ist auch die hauptamtliche Tätigkeit des Präsidenten verbunden und das Entstehen neuer Abteilungen in der Geschäftsstelle“, erklärt die Generalsekretärin Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug.
Um den neuen Aufgaben gerecht zu werden, wurde die Mitarbeiterzahl der Leopoldina seit der Ernennung zur Nationalen Akademie von 23,5 auf aktuell 30,5 erhöht. Die neu gebildeten Abteilungen „Internationale Beziehungen“ und „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ haben mit ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Arbeit aufgenommen. Die Abteilung „Politikberatung“ wird bis Ende des Jahres besetzt und weitere Mitarbeiter werden die Verwaltung vervollständigen. Langfristig ist eine Aufstockung des Personals der Nationalen Akademie der Wissenschaften auf an die 70 Mitarbeiter vorgesehen.
Für den räumlichen Ausbau der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Halle hat die Leopoldina am 20. Mai 2009 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eine Fördermittelzusage in Höhe von 15,7 Millionen Euro bekommen. Mit diesen Mitteln aus dem Konjunkturpaket II wird die Nationale Akademie ein denkmalgeschütztes Gebäude in Halle, das Logenhaus auf dem Jägerberg (ehemals Tschernyschewskij-Haus) erwerben und als künftigen Hauptsitz sanieren. Am 1. August 2009 wird ein Büro in Berlin-Mitte in den Reinhardtstraßenhöfen in der Nähe der sachsen-anhaltinischen Landesvertretung bezogen. Dieser Schritt soll national wie international die Kommunikation und Kooperation mit Wissenschaft, Politik und Medien erleichtern.
Mit der Ernennung zur Nationalen Akademie hat die Leopoldina gemeinsam mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft einen neuen Preis ins Leben gerufen. Der Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Preis wird zukünftig eine Wissenschaftlerin/einen Wissenschaftler oder ein Forscherteam für herausragende wissenschaftliche Beiträge zur Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme auszeichnen. Der Preis ist mit 50.000,- Euro dotiert und wird künftig alle zwei Jahre verliehen. Der erste Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Preis wird im Rahmen der Jahresversammlung der Leopoldina am 2. Oktober 2009 in Halle überreicht.
Auch auf internationaler Ebene ist die Leopoldina aktiv. Als Mitglied des European Academies Science Advisory Council (EASAC) war sie im vergangenen Jahr an der Erarbeitung mehrerer Stellungnahmendes EASAC beteiligt (Ökosysteme und Biodiversität in Europa, Arzneimittelresistente Tuberkulose, Transformation der Energieversorgung in Europa). EASAC besteht seit 2001 und ist ein Zusammenschluss der Nationalakademien der Staaten der Europäischen Union (EU). EASAC erarbeitet politisch relevante naturwissenschaftliche und technische Stellungnahmen von höchster Qualität und trägt damit zu den wichtigen Entscheidungsfindungsprozessen der EU vor allem in den Bereichen Umwelt, Energie und Biowissenschaften bei. Seit Mai 2007 hat Prof. Dr. Volker ter Meulen, Präsident der Leopoldina, den Vorsitz der EASAC inne.
Die Leopoldina ist die älteste ununterbrochen existierende natur-wissenschaftlich-medizinische Akademie der Welt mit einer über 355-jährigen Tradition und mit mehr als 1300 Mitgliedern in aller Welt. Seit dem 14. Juli 2008 ist sie Deutschlands Nationale Akademie der Wissenschaften. Hiermit ist die wissenschaftsbasierte Politik- und Gesellschaftsberatung sowiedie internationale Repräsentanz der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Gremien, in denen vorwiegend Nationale Akademien tätig sind, verbunden.
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