Wetten, dass die ehemalige Ärztin aus der Kreisstadt Mühldorf sich wegen Edda Moser ins Waldkraiburger Haus der Kultur chauffieren ließ? Sie ist ein weitgereister Opern-Fan. Kann sein, dass sie auch ein Faible für Sky du Mont hat. Den Super-Schauspieler nämlich erlebte sie, wie angekündigt, an dem Abend als Gerichtsreporter, der Richard Wagners Monumentalwerk „Der Ring des Nibelungen“ juristisch ins Mikro, am Tisch sitzend, analysierte. Die berühmte Sopranistin Edda Moser, die als „Zeugin“ in dem Verbal- „Prozess“ des „Rings“ geladen war, ist nicht erschienen. Stand aber auf dem Programm. Sie hätte, neben du Mont, „von Erlebnissen und Kuriositäten“ bei Opern-Proben unter und mit Herbert von Karajan erzählen sollen. Ihre plötzliche Erkrankung musste das Publikum hin- und den ganzen Abend mit dem gesunden du Mont allein vorliebnehmen.
Nicht nur besagte Mühldorferin mag das bedauert haben. Edda Moser, Berlinerin des Jahrgangs 1938, ist heute nicht mehr so bekannt wie zu ihrer Glanzzeit. Wer sich ein bisschen in der Opern-Szene auskennt, verbindet die Moser mit der fabelhaften Met-„Königin der Nacht“, zu der ihr Maestro Karajan verholfen hatte, nicht unbedingt aber auch mit Wagners „Ring“. Sie war zwar mal Karajans Wellgunde in Salzburg, als sie 30 war. Und ihr Met-Debüt gab sie selbigen Jahres im „Rheingold“. Von welchen „Erlebnissen und Kuriositäten“ sie berichtet hätte? Wer weiß.
Interessant wär`s zu erfahren gewesen, wie es 2006, nach Beendigung von Mosers Gesangskarriere, zur Gründung des Bad Lauchstädter Festivals der deutschen Sprache mit Hans-Dietrich Genscher gekommen war. Kann man, hätte Moser empfohlen, in ihrer vor 11 Jahren erschienenen Autobiografie „Ersungenes Glück“ nachlesen. So aber hatte man, was ihren Zeuginnen-Part bei der „Ring“-Verhandlung auf dem Waldkraiburger Podium anging, Pech. Versprochen war ein „Talkblock über das unverwechselbare Wagnerdeutsch“ und die „musik- und geistesgeschichtliche Bedeutung des `Rings`“. Denkste. So viele leere Versprechungen!
Es ist krankheitsbedingt beim freilich recht amüsanten und mit verhaltenen ironischen Einsprengseln gewürzten du Mont-Monolog geblieben: So läuft`s in Wagners „Ring“. Zwei Stunden, nicht – und das war gut so – zweieinhalb Stunden lang. Vom menschenleeren, vernebelten Es-Dur-Gewoge des „Rheingold“ bis Brünnhildes Sturz in den Flammentod. Zu sehen, Unitels leider schlimm dauerflimmernde Video-Einspielung aus Patrice Chéreaus Jahrhundertrings (1976 ff.) machten`s möglich, alte Wagner-Recken wie Peter Hofmann, Gwyneth Jones, Heinz Zednik oder Donald McIntyre, von denen keiner, auch nicht Dirigent Pierre Boulez, namentlich genannt wurde.
Umso stärker arbeitete du Mont solo all die Verbrechen heraus, die zu und aus dem Götter/Familiendrama führten – vom Hausfriedensbruch über Sachbeschädigung und Raub bis zum Mord. Dazu Inzest, Entführung, Nötigung und die Frage der Schuldfähigkeit eines Naturburschen wie Siegfried, den Halbbruder Hagen an der bekannten Einstichstelle traf und meuchelte. Als „heilloses Durcheinander“ machte du Mont am Ende seines unfallfreien, etwas lehrhaften Reports die ganze „Ring“-Story ein bisschen klein. Fand dafür aber Zustimmung im Publikum, das er lobte: In einem Saal mit 1000 Leuten fand, erzählte er, eine „viel berühmtere Kollegin“ von ihm nur 73 Zuhörer. Er zählte, im kleinen Saal des Kulturhauses Waldkraiburg mehr als 100. „Das ist toll!“ Dieses Lob mag der Mühldorfer Ärztin wohl nicht genügt haben, um den von ihr mühevoll erreichten Abend auch toll gefunden zu haben.