Länderberichte der Konrad-Adenauer-Stiftung: Ghana – Bleibt das Land ein „demokratischer Leuchtturm“ in einer zunehmend instabilen Region?

Flagge, Ghana, Rot, Quelle: DavidRockDesign, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung

„Kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 7. Dezember geht der Wahlkampf in Ghana in die heiße Phase – im wahrsten Sinne des Wortes: Auch Temperaturen von deutlich über 30 Grad Celsius halten die Menschen in der Hauptstad Accra nicht davon ab, stundenlang am Straßenrand zu stehen und scheinbar unermüdlich Fahnen und Plakate mit den Farben und Symbolen ihrer Partei zu schwenken. Das rot-weiß-blau der New Patriotic Party (NPP) und rot-grün-schwarz-weiß des National Democratic Congress (NDC) – die beiden großen politischen Parteien im Land – sind in diesen Tagen die dominierenden Farben im Stadtbild. Die wachsende Spannung in der Bevölkerung ist mit Blick auf den Wahlausgang deutlich zu spüren, vor allem auch angesichts der nach wie vor kritischen wirtschaftlichen Lage im Land.

Aber nicht nur die Ghanaer selbst, sondern auch westafrikanische Nachbarstaaten und internationale Partner schauen gespannt auf den Verlauf und möglichen Ausgang der kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. In einer Region, die immer stärker durch politische Instabilität, sicherheitspolitische Bedrohungen, der Schwächung regionaler Bündnisse sowie einer Abwendung von westlichen Partnern geprägt ist, gilt Ghana für viele nach wie vor als „demokratischer Leuchtturm“. Im regionalen Kontext ist Ghana einer der letzten stabilen, handlungsfähigen und verlässlichen Akteure am Golf von Guinea. Vor allem mit Blick auf die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Westafrika scheint Ghana auf Grund des Wegbruchs anderer Partnerschaften – insbesondere in den Sahel-Ländern – für westliche Partner aktuell höher denn je im Kurs zu stehen. Im Moment liegt der Fokus dabei vor allem auf der Unterstützung von Maßnahmen der ghanaischen Regierung, die gegen die wachsenden Aktionsräume extremistischer Akteure an der Nordgrenze des Landes vorgehen. Diese Ausbreitung hat in den letzten Jahren maßgeblich zur politischen Destabilisierung der Sahel-Länder Mali, Niger und Burkina Faso beigetragen und stellt mittlerweile auch ghanaische Nachbarländer wie Togo, Benin und Côte d‘Ivoire vor ernstzunehmende sicherheitspolitische Herausforderungen.

Welche Themen dominieren den Wahlkampf?

Für den Lebensalltag der Mehrheit der Ghanaer und für den aktuellen Wahlkampf spielt das Thema Sicherheit jedoch bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Für die Wähler stehen ganz klar andere Dinge im Vordergrund – allem voran die anhaltend schlechte finanzielle und wirtschaftliche Lage sowie die daraus erwachsenden sozialen Spannungen. Ghana, das einst als „Economic Trail Blazer“ galt, hat sich nach wie vor nicht von einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit 30 Jahren erholt. Diese macht sich im Lebensalltag vor allem durch steigende Lebenshaltungskosten und eine anhaltend hohe Inflation bemerkbar. Die Gründe für die Wirtschaftskrise sind dabei komplex und einer Kombination aus externen und internen Faktoren geschuldet.

Die COVID-Pandemie mit ihren Lockdowns und Handelsunterbrechungen störte nicht nur den Inlandsmarkt und die globalen Lieferketten, von denen Ghana mit Blick auf viele Waren und Güter abhängig ist, sondern reduzierte auch die Nachfrage nach Rohstoffen wie Gold – eines der Hauptexportgüter Ghanas. Diese Ereignisse hätten die ghanaische Wirtschaft aber vermutlich weniger drastisch und nachhaltig getroffen, wenn nicht bereits eklatante interne Schwachstellen existiert hätten. So begann die aktuelle Regierung nach ihrem Wahlsieg 2016, einige ihrer größten Wahlversprechen einzulösen: Kostenlose Bildung an öffentlichen Gymnasien und die Wiedereinführung der Zulagen für angehende Krankenschwestern und Lehrer. Beides belastete die öffentlichen Kassen enorm. Gleichzeitig wurden verschiedenste Steuern, wie z.B. die Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen und Immobilien abgeschafft, was in der Folge zu einer spürbaren Verringerung der Staatseinnahmen führte. Die Regierung gab mehr aus, als sie einnahm. Daher sah sie sich schließlich gezwungen, zusätzliche Kredite aufzunehmen, um die Einnahmeausfälle auszugleichen. Dass diese Kredite dann nicht umsichtig genug eingesetzt und nicht ausreichend in kritische Wirtschaftssektoren investiert wurden, ist eine unter ghanaischen Wirtschaftsexperten und -analysten weitverbreitete Kritik.

Trotz dieser mannigfaltigen Herausforderungen war die Regierung lange optimistisch, dass sich die Wirtschaft nach der Pandemie wieder erholen würde. Doch dann folgte der Angriffskrieg auf die Ukraine und führte in Ghana, einem Nettoimporteuer von Lebensmitteln wie Weizen, schnell zu steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel und anderen essenziellen Gütern. Eine Hyperinflation und Währungsabwertung brachten die ghanaische Wirtschaft – in Kombination mit der hohen Staatsverschuldung und entsprechenden Rückzahlungsverpflichtungen – schließlich an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit. Ghanas öffentliche Schuldenquote stieg bis Ende 2022 auf über 80% des BIP an[1], im Dezember 2022 erklärte der Staat offiziell die Zahlungsunfähigkeit. Im Mai 2023 einigte man sich schließlich mit dem IWF auf ein Rettungspaket in Höhe von 3 Mrd. USD. Im Gegenzug verpflichtete sich Ghana u.a. zur umfassenden Restrukturierung seiner Auslandsschulden, zu Reformen in der Steuerpolitik, des öffentlichen Finanzmanagements und zur Förderung von privaten Investitionen.

Ein weiteres Thema, das sich in den letzten Wochen zu einem der dominierenden im Wahlkampf entwickelt hat, ist das Thema Galamsey. Der Begriff umschreibt in Ghana den illegalen Goldabbau, der sich durch die Abholzung von Waldgebieten, der Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen und der Verseuchung von Boden und Gewässern durch den Einsatz giftiger Chemikalien zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für die ghanaische Umwelt, Wirtschaft und Gesundheit der Menschen entwickelt hat. So wird davon ausgegangen, dass bereits mehr als 40.000 Hektar Kakao-Anbaufläche – eines der wichtigsten ghanaischen Exportgüter und tragende wirtschaftliche Säule – den illegalen Bergbauaktivitäten zum Opfer gefallen sind[2].  Das Phänomen ist kein neues, erfährt aber durch ein steigendes Bewusstsein für die drastischen und langfristigen Auswirkungen immer mehr öffentliche und politische Aufmerksamkeit. In den letzten Monaten kam es immer wieder zu Protesten gegen Galamsey; so kündigte z.B. Organised Labor, ein ghanaischer Zusammenschluss von Gewerkschaften und Verbänden, im Oktober einen großangelegten Streik an, der in letzter Minute verhindert werden konnte, nachdem Präsident Akufo-Addo mit der Organisation verhandelte und einen konkreten Vier-Punkte-Aktionsplan gegen Galamsey vorlegte.“

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Quelle KAS