Kulturgüter gemeinsam vor Gefahren schützen: Leopoldina-Diskussionspapier wertet Umfrage unter Notfallverbünden aus

Leopoldina, Quelle: SGL

Hochwasser, Brände, Stromausfälle oder Vandalismus – Kulturgüter können durch verschiedene Ereignisse gefährdet oder gar zerstört werden. Um Kulturgüter in solchen Fällen effektiv zu schützen, haben sich in Deutschland Archive, Bibliotheken, Museen, Kirchen und weitere Kultureinrichtungen zu Notfallverbünden zusammengeschlossen. Sie tauschen hier Expertise, Erfahrungswerte und Ausrüstung aus, etablieren Kontakte zur Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk, treffen Vorbereitungen für Schadensfälle und unterstützen sich gegenseitig, sollten diese eintreten. Die Notfallverbünde sind freiwillige Zusammenschlüsse und bilden sich meist auf Eigeninitiative. Ein systematischer Ansatz sowie ein flächendeckendes Netz fehlen. Das heute veröffentlichte Leopoldina-Diskussionspapier „Vernetzte Notfallvorsorge für Kulturgüter“ wertet eine Umfrage unter den Notfallverbünden Deutschlands aus und bietet erstmals eine Bestandsaufnahme zum Thema.

Die Umfrage umfasste verschiedene Themenbereiche: Die Notfallverbünde gaben unter anderem Auskunft über ihre eigene Struktur und Mitglieder, über Notfallpläne, Ausstattung und Logistik sowie Kommunikation, Weiterbildung und regelmäßige Notfall-Übungen. Auch Daten zur Zusammenarbeit mit Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei und Ordnungsamt wurden erfasst.

Die Autorinnen und Autoren des Diskussionspapiers stellen fest, dass nicht alle Verbünde über Notfallpläne zur Rettung von Kulturgütern verfügen. Diese sind jedoch eine Grundlage der Handlungsfähigkeit von Rettungskräften und sollten ausnahmslos für jede Kulturgut bewahrende Einrichtung erstellt werden, so die Fachleute. Ebenso sollte ein strukturiertes Angebot an Weiterbildungen wie auch die Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Katastrophenschutz ausgebaut werden. Die Umfrage zeigte zudem, dass die Kommunikation innerhalb der Verbünde zwar sehr gut, die digitale Organisation jedoch nur schwach ausgeprägt ist, was auch zu einer geringen digitalen Präsenz führt. Die Teilnehmenden konnten abschließend mitteilen, welche Bedarfe sie zur Verbesserung ihrer Arbeit sehen. Hier wurde am häufigsten der Wunsch nach mehr Informationen und Fortbildungsangeboten für Kultureinrichtungen genannt. Die Teilnehmenden betonten auch den Bedarf an finanziellen Mitteln sowie an Unterstützung bei der Organisation von Netzwerken.

Die Umfrage unter den Notfallverbünden wurde im Jahr 2021 gemeinsam von Blue Shield Deutschland, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), SiLK – Sicherheitsleitfaden Kulturgut, den Notfallverbünden Halle (Saale) und Köln sowie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina konzipiert, durchgeführt und ausgewertet.

Das Diskussionspapier ist auf der Website der Leopoldina veröffentlicht: www.leopoldina.org/vernetzte-notfallvorsorge-kulturgueter

Publikationen in der Reihe „Leopoldina-Diskussion“ sind Beiträge der genannten Autorinnen und Autoren. Mit den Diskussionspapieren bietet die Akademie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, flexibel und ohne einen formellen Arbeitsgruppen-Prozess Denkanstöße zu geben oder Diskurse anzuregen und hierfür auch Empfehlungen zu formulieren.

Das Diskussionspapier wurde im Auftrag der Leopoldina-Arbeitsgruppe „Archäologisches Kulturerbe” erarbeitet. Die Arbeitsgruppe veröffentlichte bereits die Diskussionspapiere „Spuren unter Wasser – Das kulturelle Erbe in Nord- und Ostsee erforschen und schützen“, „Die rechtlichen Grundlagen der Notfallvorsorge für Kulturgüter“ sowie „Organisatorische Voraussetzungen der Notfallvorsorge für Kulturgüter“. Zur Arbeitsgruppe: https://www.leopoldina.org/politikberatung/arbeitsgruppen/archaeologisches-kulturerbe/.

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Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina

Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.

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