Der Zweite Weltkrieg bringt viel Neues hervor. Darunter: Die Hauptakteure setzen Propaganda-Flugblätter ein, in denen die gegnerischen Soldaten aufgefordert werden, zu desertieren und sich zu ergeben.
Dieses Buch behandelt die Propaganda, die mit Hilfe von Flugblättern erfolgt, welche aus Kampfflugzeugen abgeworfen werden. Das Wort „Flugblatt“ hat nichts mit dem Abwurf aus Flugzeugen zu tun; in Europa gibt es seit dem Ende des Mittelalters Flugblätter! Als „Flugblatt“ wird eine Nachricht bezeichnet, die sich schnell – wie im Fluge – verbreitet.
FEINDFLUGBLÄTTER DES ZWEITEN WELTKRIEGS
von Tobias Roth und Moritz Rauchhaus (Herausgeber)
Verlag: Das Kulturelle Gedächtnis
Gebundene Ausgabe: 300 Seiten
ISBN-13 : 978-3946990413
Oktober 2020 28 €
Die Propaganda der Flugblätter geht von den Regierungen aus, nicht von den Militärs. Der deutsche Antifaschist Stefan Heym prägt den kurzen Satz „Kapitulation ist Überleben“. Wahrscheinlich haben Flugblätter viele Leben gerettet.
Die Mehrzahl der Buchseiten sind bebildert. Die Texte sind notwendig zur Erklärung. Die Zahlen beziehen sich auf die Bilder und kommen gewöhnlich doppelt vor: Vorder- und Rückseite, um Raum zu gewinnen. Die meisten abgeworfenen Flugblätter sind verschollen. Die Flugblätter werden gesammelt, um sie der Nachwelt, die hoffentlich keine Kriege erleben wird, zu überliefern.
Es folgt eine kleine Auswahl der interessanten Kriegswerke, die eigentlich „Friedenswerke“ sind. Der Grundtenor lautet: Für Hitler sterben oder für Deutschland leben?
#04: Kleine, mehrmals gefaltete Feindflugblätter, gewöhnlich mit Passierschein mit der Aufforderung zur Kapitulation.
#11: Überschrift: Im Namen des Führers … Dieses Flugblatt stammt aus der Sowjetunion.#13: „Ei ssörrender“, englisch: „ich ergebe mich“.
#21: Anleitung zur Simulation: Gegnerische Soldaten wird ausführlich erklärt, wie man sich täuschend echte Kriegswunden beibringt. Derartige Flugblätter werden für deutsche, britische und US-amerikanische Soldaten verfasst.
#27: Heil Beil! Eine eindrucksvolle Hitler-Karikatur.
#28/29: Hitler als Laus
#32: Goebbels-Enten: Schwindel.
#58: Beispiel für Rassismus gegen Schwarze.
#79: deutsche antisemitische Propaganda:
Juden kutschieren in einem Luxus-Auto, während US-Soldaten tapfer kämpfen und dabei ihr Leben riskieren.
#80: Soldatenfriedhof mit unzähligen Kreuzen und einem (1) deutlich sichtbaren Davidstern. Absicht?
#61: Flugblatt der Weißen Rose. Hans und Sophie Scholl sind Studenten der Universität München, die als Intellektuelle keine großen Erfolge in der Bevölkerung haben (im Gegensatz zu Flugblättern an der Front). „Hitler kann den Krieg nicht gewinnen, er kann ihn nur noch verlängern.“ Diese zunächst propagandistische, später realistische These stammt aus Großbritannien.
Bei der Schlacht um Stalingrad geht man von mindestens 330.000 Tote aus. Dabei verliert der NS-Staat beinahe 500 Flugzeuge.
#69b Geschwister Scholl: Rettet Deutschland! Stürzt Hitler.
Zum Abschluss #81: Das Gedicht von Johannes R. Becher:
Aufforderung an deutsche Soldaten zum Desertieren (= Urlaub). Das Flugblatt dient als Passierschein.
Drum merke dir, Soldat, genau:
Willst wiedersehen du Kind und Frau,
TRITT EINEN URLAUB ALSBALD AN:
DER Urlaub ist kein leerer Wahn.
ERHALT DIR DEINE LEBENSKRAFT!
BEGIB DICH IN GEFANGENSCHAFT!
Ein wunderbares Buch, das aufklärt.