Wo sich ein Absage – Reigen an den anderen hängt und Durchhänger und Aufhänger an der Tagesordnung sind, hat sich der Chef vom Salon Café Luitpold nicht infizieren lassen, sondern ein Format entwickelt, das allen Hindernissen trotzt. Seine geistreichen Events im Wintergarten lassen einem die Zeichen der Zeit umso intensiver spüren und erkennen: das Weltkulturerbe Bayern zu revitalisieren. Dabei geht es nicht nur um Speisen und Trank, sondern vor allem auch um das Anzapfen von geistigen Depots, die nicht zuletzt im Café Luitpold seit Jahrzehnten beheimatet sind. Am König Ludwig II. Abend stellte Dr. Stephan Meier seine Gäste der Gesprächsrunde beherzt vor:
Dr. Peter Gauweiler, Dr. Martha Schad, Dr. Christof Botzenhart – alle bekannt durch ihre langjährige literarische Beschäftigung mit König Ludwig II., dem umjubelten Star des Abends. Moderator der geselligen Gesprächsrunde ist Dr. Christian Gohlke. Und Prof. Dr. Hermann Rumschöttel ist nicht zu vergessen: Er hat manch andere Ansichten als Gauweiler und kommentiert aus dem Hintergrund.
Wenn man den Anweisungen von dem einst berühmten Historiker Prof. Karl Bosl, meinem unangefochtenen Lehrmeister, folgen möchte, gilt es, die Essenz einer Persönlichkeit herauszufiltern, sprich, mit wenigen Sätzen zu sagen, auf was es thematisch ankommt und was wir weitergeben wollen. Demgemäß sind einige Kristallisationspunkte herauszustellen. Knöpfe richtig zu knöpfen, ist ein motivierendes Leitmotiv, das sich durch den Abend zieht. Wie Peter Gauweiler mitreißend beweist, ging die Abdankung von König Ludwig II. juristisch nicht seinen akkuraten Weg. „Es hatte auch damals schon ein Oberlandesgericht gegeben. Und feststeht, daß es sich bei seinem Tod um einen Staatsstreich von oben handelte, wie wenn man lebendig begraben wird“. Besonders auffällig an König Ludwig II. ist seine unglaubliche Durchsetzungskraft. Was heute noch die ganze Welt erstaunen lässt, wenn von Bayern die Rede ist: König Ludwig II. Und was er trotz aller Widerstände geschaffen hat, ist einfach eine geniale Universalleistung, von der viele Menschen heute noch leben.
Wie sein Verhältnis zu Richard Wagner und Cosima Wagner geprägt war, darüber könnte man tagelang sprechen und verdient sicher ein eigenes Event. Dass Cosima Wagner die treibende Kraft bei organisatorischen und finanziellen Abläufen gewesen ist, darf nicht angezweifelt werden. Sie holte nicht nur 40 000 Gulden in Kleingeld in zwei Kutschen von der Hofkasse ab, so Martha Schad, sondern filterte auch die Briefe, die Richard Wagner zu lesen bekam. Wenn die Bühnenbilder nicht passten, dann sprach sie mit Frau Kaulbach und das Ganze wurde gütlich-professionell bereinigt. Frauenpower eben.
Was beim Nachdenken an den gehaltvollen Abend außerdem im Gedächtnis bleibt, stellt die markante Rolle der Bavaria als Patronin Bayerns und der evangelischen Kirche heraus. Gauweilers Fazit: Die Bavaria ist evangelisch, siehe dazu auch sein Buch „ Evangelisch in Bayern“. Katholisch oder evangelisch, König Ludwig II. war ganz und gar auf der Seite der Bevölkerung, die ihn liebte. „Er war auf allen Seiten untypisch“, wie Gauweiler betonte. All diese Charakteristika lassen ihn auch in einem anderen Licht erscheinen, was an diesem Abend freilich nur ansatzweise die optischen Konturen schärfte. Ob sein Verständnis und seine visionäre Schau für technische Erfindungen, seine Kenntnis der Gralsphilosophie und deren Realisation in der Oper „Parsifal“, seine politische Durchsetzungskraft, was den jüdischen Dirigenten Hermann Levi und die Uraufführung der Oper „Parsifal“ betrifft, seine zahlreichen Bauten mit den orientalischen Bezügen, alle Aktionen sprechen von einer charismatischen Persönlichkeit, die als Brückenbauer für die heutige Zeit eine Renaissance erleben wird. Wo die Weltkulturen ihre eigene Dynamik entfalten, wo Gegensätze und Gemeinsamkeiten eine Sprache der Verständigung suchen, da gibt es bei König Ludwig II. Beispiele, die Bayern als Weltkulturerbe aufleben lassen. Seine tiefsinnigen Gedanken, die sich in seinen Werken und Aufzeichnungen konkretisieren, die poetischen und emotionalen Inhalte und deren Transfers in musikalische und zeichnerische Formen, alle Prozesse hat er befördert und sich selbst bis ins kleinste Detail darum gekümmert.
Wenn es einen interkulturellen Dialog und eine Kommunikationsebene für heutige digitale Wertschöpfungsketten geben soll, wenn der Content für Bildung und Ausbildung in einem neuen Zeitalter innovativ zu generieren ist, dann geht es darum, die Knöpfe ad hoc richtig zu knöpfen und sich auch an historischen Persönlichkeiten, Erfindern, Naturforschern und Gelehrten zu orientieren.
Milliarden EU Gelder stehen offensichtlich bereit und sollten nicht zuletzt für die Wurzeln unserer Traditionen und deren moderner Verbreitung mutig genützt werden, wie von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, erst kürzlich gefordert hat.
Ein Abend wie der König Ludwig II. Abend im Salon Café Luitpold gibt entscheidende Impulse, wie Wissen mit der Wissenschaft, Kunst und Hightech wirtschaftlich zu verbinden ist. Was Erich Mühsam 1912 ins Gästebuch des Luitpold Cafes geschrieben hat, trägt nicht umsonst die charakteristischen Züge, die uns nach wie vor inspirieren mögen „Das Leben ist eine Begleiterscheinung zum Kaffeehaus“. So das Schlußwort von Stephan Meier. Die traditionellen Cafés waren schon immer die Orte, wo sich Intellektuelle, Künstler und Philosophen getroffen und ganze Epochen und Denkweisen beeinflußt haben. Und in München gibt’s mit Stephan Meier einen Pionier, der sich wichtigen Themen analog und digital widmet und so einem menschlichen Grundbedürfnis nach Nähe und Dialog eine aktuelle Plattform bietet. König Ludwig II. wäre sicher mit seinem Laptop dabei, wenn er sich nicht heimlich unter die Gäste im Salon begeben hätte. Wer weiß!?
Fotos: (C) OMNIS TERRA MEDIA