Klanglich fein austariert: Von Gold bis Hengelbrock

W. A. Mozart, wie ihn Michael Matthias Prechtl in seinen „Charakter“-Bildern festhielt (Abb. eines Originals im Besitz des Autors)

Am 25. Juni 2017 brachte der südostbayerische Regional-Taktstock-Matador André Gold mit seinen „Euregio“-Chören aus Altötting und Mattighofen Felix Mendelssohn Bartholdys Symphonie-Kantate Nr. 2 op. 52 zur Aufführung. Schauplatz des bejubelten Konzerts: die Klosterkirche Raitenhaslach. So festlich wie bei der Uraufführung am 25. Juni 1840 ging es bei Gold nicht zu, obgleich er einiges von Feierlichkeit und gehobener Stimmung zu erzeugen wusste. Als Gewandhausorchesterchef gedachte einst der 31-jährige Mendelssohn des Erfinders des Bruchdrucks Johannes Gutenberg ebenso wie des Reformators Martin Luther. Zu einer patriotisch gefärbten Danksagung, wie dies aus Mendelssohns Leipzig von 1840 vermeldet wurde, ließ es Gold nicht kommen. Das Publikum schien allerdings von den aus voller Laien-Kehle gesungenen Psalmen inspiriert worden zu sein. Von der Vertreibung der Dunkelheit wurde gesungen – zu denken war an Gutenbergs umwerfende Erfindung etwa 300 Jahre zuvor – und vom „Ergreifen der Waffen des Lichts“, wozu einst der Reformator Martin Luther aufgerufen hatte.

Die Aufführung des „Lobgesangs“ in der Philharmonie des Münchener Gasteig – unter der wohl André Gold kaum merklich übertreffenden großartigen, ebenso punktgenauen wie emphatischen Stabführung von Thomas Hengelbrock – lässt durchaus einen Vergleich mit dem Raitenhaslacher Jubiläums-Konzert vor zwei Jahren zu. Die gut verständliche, beschwörende Textgestaltung der flehentlichen, Farbe bekennenden, jubilierenden, zitierenden und beschwörenden Chöre wurde bei Hengelbrock überhöht von einem klanglich noch feiner als bei Gold austarierten Solistenterzett: Christina Landshamer als führendem, Àgnes Kovàcs als zweitem Sopran und Andrew Staples als berückend eingängig singendem Tenor, der den Hüter fragt, ob denn die Nacht nicht bald „hin“ sei.

Das oratorienhaft überhöhte fromme B-Dur-Paket, das der junge Mendelssohn Bartholdy der gottfernen Nachwelt schnürte, um allem, „was Odem hat“, einzutrichtern, den Herrn zu ehren, ihm zu danken „mit Herzen, Mund und Händen“, ließ Hengelbrock, der Zweimetermann ohne Taktstock, aber mit der Partitur im Kopf, mit W. A. Mozarts letzter, der „Jupiter“-Symphonie im strahlenden C-Dur aufmachen. Vom „Allegro vivace“ bis zum „molto allegro“-Finale rissen die Münchner Philharmoniker die Leine des Gipfelpunkts der klassischen Symphonik vor Beethoven. Dem Dirigenten kann nicht genug Respekt ob seiner disziplinierten Emphase und seiner Durchlässigkeit der Mozart`schen Brillanz gezollt werden. Hob er die Mendelssohn-Orchester-Solisten gar nicht eigens hervor, konnte er nicht umhin, sich für die Mozart-Verpflichtung seiner Holzbläser und seines Horns eigens zu bedanken.

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W. A. Mozart, wie ihn Michael Matthias Prechtl in seinen „Charakter“-Bildern festhielt (Abb. eines Originals im Besitz des Autors)

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.