Keine Demokratie ohne Nationalstaat

Berlin, Regierungsgebaeude, Foto: Stefan Groß

Der Artikel basiert auf Nationalstaat und Demokratie von Hannah Arendt (1963).

Der Artikel wird mit aktuellen Ereignissen ergänzt. Die Historikerin Hannah Arendt ist bereits 1975 im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.

Keine Demokratie ohne Nationalstaat klingt richtig, weil es nachweislich der täglichen Erfahrung der Menschen entspricht, die in Demokratien und in Diktaturen leben und die nicht korrupt und nicht mächtig sind. Es bedeutet nicht, dass jeder Nationalstaat eine Demokratie ist, sondern dass jede Demokratie ein Nationalstaat ist! Nun müssen wir „Nationalstaat“ und „Demokratie“ definieren, also eingrenzen.

Der Nationalstaat verlangt dreierlei: Volk, Staat und Territorium (Hannah Arendt: Dreieinigkeit). Ein Staat ohne Volk ist kein Staat, also auch kein Nationalstaat. „Volk“ ist eine Ansammlung von Menschen, die sich in Sprache, Religion, Kultur, Moral, Ethik und in anderem mehr miteinander verbunden fühlen. Es sind nicht alle Gemeinsamkeiten bei jedem Einzelnen vorhanden, doch ein starke Bindung zwischen den einzelnen Menschen muss vorhanden sein, um ein Volk zu bilden. Wenn sie Teil des Volkes werden wollen, müssen hinzugekommene Staatsbürger (Spätaussiedler, Einwanderer, Flüchtlinge) sich in das bereits vorhandene Volk integrieren, indem sie die Werte des vorgefundenen Staatsvolkes übernehmen und sich zu eigen machen. Das ist der Unterschied zwischen Integration und Eroberung.

Eingewanderte integrationsunwillige Staatenlose gefährden den Nationalstaat als Rechts- und Verfassungsstaat schon allein wegen die ihnen als Integrationsunwillige zugefügte Rechtlosigkeit. Integrationsunwillige erschüttern den Nationalstaat in seinen Grundfesten. Ab einer bestimmten Anzahl von Integrationsunwilligen geht der Staat zugrunde.

Stehen sich in einem Territorium zwei oder mehrere Völker unversöhnlich gegenüber, i.e. kein Volk möchte sich assimilieren, dann ist der Nationalstaat gescheitert (s. Jugoslawien).

„Staat“ ist eine Herrschaftsform, die sich auf ein bestimmtes Territorium erstreckt. „Nationalstaat“ ist der moderne Staat, dessen Staatsvolk sich nicht durch Hautfarbe, Stammeszugehörigkeit oder Religion, sondern durch die Liebe zum Staat definiert. In einem Nationalstaat ist das Staatsvolk bereit, seinen Nationalstaat zu verteidigen, für seinen Nationalstaat zu sterben und zu leben. Wenn ein Staatsbürger den Nationalstaat (in seiner aktuellen Form) ablehnt, ohne ihn mit Hilfe der Gesetze des demokratischen Nationalstaates nachbessern zu wollen, so gilt dieser Staatsbürger als nicht integriert. Ab einer bestimmten Anzahl von Integrationsunwilligen geht der Nationalstaat zugrunde.

Globalisierung: Globalisierung ist ein modernes Wort für Imperialismus, der die Ökonomie in den Mittelpunkt stellt. Globalisierung erfordert den grenzenlosen freien Verkehr von Ideen, Waren und Menschen (Arbeitskräfte), die die Regierenden ihren Wählern als Erleichterungen verkaufen. Seit der Flüchtlingskrise werden die Binnengrenzen innerhalb der EU im krassen Gegensatz zu den Außengrenzen streng kontrolliert. Die Überwachung der Außengrenzen überlassen die Regierenden Despoten, Menschenschmugglern, Terroristen und Sklavenhändler.

Die Globalisierung hat wie der alte Imperialismus keine Überlebenschancen. Das Volk fürchtet nichts mehr als die Rückwirkung globalisierender Herrschaftsmethoden auf den eigenen Staat. Die Globalisierung wird denselben Weg nehmen wie der Imperialismus: Die Globalisierung ist zum Scheitern verurteilt.

Demokratie: Ist der Nationalstaat notwendig ein Element der Demokratie? Ja, wenn man unter Demokratie die Wahrung bürgerlicher Grundrechte versteht, wie das Recht auf Interessenrepräsentation und die Pressefreiheit (Meinungsfreiheit). Das Recht der direkten politischen Mitbestimmung gehört nicht dazu. Zum Funktionieren dieser eingeschränkten Demokratie benötigt der Staat eine herrschende und eine regierende Klasse, die die öffentlichen Geschäfte der Nation stellvertretend bestimmen und erledigen. Die erweiterte Demokratie mit der direkten politischen Mitbestimmung ist unter den gegebenen Umständen in der EU lebensunfähig.

Wirkliche (erweiterte) Demokratie gibt es nur, wenn die Zentralisierung der Macht des Nationalstaates aufgehoben ist und an ihrer Stelle ein föderatives System aufgebaut ist. Das wirksame Beispiel sind die USA. Deutschland und die Schweiz sind ein nicht ausreichendes Beispiel, da die Bundesländer/Kantone zu klein sind, um auf eigenen Füßen wie die US-Bundesstaaten ohne Nationalstaat zu überleben. Die Europäische Union hätte ein gelungenes Beispiel werden können, wenn die Machtstrukturen demokratisch wie in den USA von unten nach oben aufgebaut worden wären. Genau das Gegenteil ist erfolgt. Die Macht in der EU geht vom Zentrum aus in die ohnmächtige Peripherie. Reiche Staaten wie Deutschland bestimmen durch ihre Wirtschaftsmacht und ihren Geldfluss die Geschicke armer EU-Länder. Die Globalisierung bildet den Imperialismus ab, der keine Zukunftsaussichten hat.

Hannah Arendt sagt bereits vor 55 Jahren, dass eine Europäische Union nur dann erfolgreich sein wird, wenn sie die Demokratie stärkt. Auf Grund der divergierenden gesellschaftlichen Vorstellungen der an Zahl zunehmenden Staaten müssen – um die EU am Leben und am Laufen zu erhalten – die demokratischen Freiheiten des einzelnen Nationalstaates und des einzelnen Staatsbürgers innerhalb der Union beschnitten werden. Die USA entstehen aus dem „Nichts“. Die Bürger der europäischen Nationalstaaten schleppen historischen Ballast mit sich, der sie daran hindert, eine Union der freien Bürger zu werden. Freiheit und Demokratie werden vom Volk auf die regierende Klasse durch demokratische Wahlen delegiert, ohne die herrschende Klasse in ihrer Allmacht zu gefährden.

Der Zustrom von nicht integrationswilligen Staatenlosen zerstört den Nationalstaat. Die regierende Klasse der einzelnen Nationalstaaten setzt sich für den Fortbestand der einzelnen Nationalstaaten ein, weil sie die eingeschränkte Demokratie zu ihrem Vorteil fortsetzen will. Die herrschende Klasse der Europäischen Union besteht im eigentlichen Wortsinn aus „vaterlandslosen Gesellen“, die nur ihre eigenen Macht und Vollkommenheit im Sinn haben und nicht den Nationalstaat! Die Idee der Zerstörung der Nationalstaaten durch integrationsunwilligen Staatenlosen stammt von der herrschenden Klasse. Die einzelnen regierenden Klassen sind nur willige Befehlsempfänger.

Zu den Globalisierungsgegnern gehören neben europäischen Anarchisten der US-Präsident Trump. Mit den Anarchisten verbindet den Präsidenten nichts außer die wirtschaftliche Stoßrichtung. Trump ist gleichzeitig Regierender und Herrschender. Die Globalisierungsgegner sind weder Regierende, noch Herrschende. Die Bürger der EU-Nationalstaaten bestimmen die Regierenden, jedoch nicht die Herrscher. Es sind die integrationsunwilligen Staatenlosen, die die Macht der Herrschenden in der EU garantieren. Die regierende Klasse versucht, das Staatsvolk mit den hinzugekommenen Staatenlosen zu verbünden, obwohl dies den Vorstellungen der Herrschenden widerspricht. Der Sturz der Herrschenden ist jedoch durch die Regierenden weder vorgesehen, noch möglich, ohne die EU zu eliminieren. Eine Revolution des Volkes ist ebenfalls nicht zu befürchten. Der einzige Antagonismus, der bleibt, ist der zwischen Bürgern und integrationsunwilligen/-unfähigen Zuwanderern. Den Kampf werden die Bürger Europas und die Integrationsunwilligen verlieren.

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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.

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