Katherine Graham: Die Verlegerin. Wie die Chefin der „Washington Post“ Amerika veränderte

Weltkarte (Ausschnitt), Foto: Tine Vogeltanz

Dies ist die Autobiografie einer selbstbewussten und moralischen Frau in einer männlich dominierten Geschäftswelt der Publizistik. 2001 erschien im selben Verlag das Buch „Wir drucken! Die Chefin des Washington Post erzählt die Geschichte ihres Lebens“. Dies ist nun die neue Ausgabe mit verändertem Titel Ein Film mit Meryl Streep als Katherine Graham und mit Tom Hanks ist im Kino zu sehen.

Nach dem Selbstmord ihres Mannes 1963 leitete Katharine Graham fast 35 Jahre lang die Washington Post Company. 1973 bis 1991 war sie Vorsitzende des Verwaltungsrats und von 1993 bis zu ihrem Tod 2001 Vorstandsvorsitzende des Unternehmens. In den Jahren von 1969 bis 1979, in die u. a. die Aufdeckung der Watergate-Affäre fiel, war sie Herausgeberin der Washington Post. Sie gab ihren Redakteuren bei der Enthüllung der Watergate-Affäre, was in dem Buch einen Schwerpunkt bildet

Die Watergate-Affäre ist benannt nach dem im Zentrum der amerikanischen Hauptstadt Washington gelegenen Watergate-Gebäudekomplex in dem sich Anfang der 1970er Jahre das Hauptquartier der Demokratischen Partei befand. In ihm verhaftete die von dem Wachmann Frank Wills verständigte Polizei in der Nacht zum 17. Juni 1972 fünf Einbrecher, die offenbar versucht hatten, Abhörwanzen zu installieren und Dokumente zu fotografieren. Schon frühzeitig wurde dieses aufsehenerregende Ereignis in Verbindung mit den im November 1972 anstehenden Präsidentschaftswahlen gebracht, bei denen der Amtsinhaber Richard Nixon erneut für die Republikanische Partei antreten sollte.

Umfangreiche Ermittlungen des FBI offenbarten alsbald, dass die Auftraggeber des Watergate-Einbruchs unter engen Mitarbeitern des Präsidenten beziehungsweise seines Wahlkomitees zu suchen waren. Diese Erkenntnis führte nach Nixons Wiederwahl durch einen Schneeballeffekt zur Aufdeckung weiterer Verbrechen und Vergehen, die in den Jahren zuvor teils auf direkte Anweisung des Weißen Hauses hin begangen worden waren. In einer Reihe von Enthüllungen, die ab März 1973 die Berichterstattung der Medien dominierte, erfuhr die US-amerikanische Öffentlichkeit vom Ausmaß dieser Amtsmissbräuche zulasten der politischen Gegner Nixons. Daraufhin wuchs der Druck auf den Präsidenten, zur vollständigen Aufklärung der Affäre beizutragen und umfassend mit der Justiz und mehreren Ausschüssen des Kongresses zu kooperieren. Nixons Weigerung, dies zu tun, und seine teils massiven Versuche, die Ermittlungen zu behindern oder zu begrenzen, stürzten die USA in eine lang andauernde Verfassungskrise und veranlassten das Repräsentantenhaus dazu, ein Amtenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Nixon einzuleiten. Die in der amerikanischen Geschichte beispiellose Konfrontation der drei Staatsgewalten endete am 9. August 1974 mit dem bisher einzigen Rücktritt eines US-Präsidenten.

Sie ließ auch die geheimen „Pentagon-Papiere“ über den Vietnamkrieg veröffentlichen, was auch hier detailliert mit den Folgen beschrieben wird. Die Pentagon-Papiere sind ein ehemals geheimes Dokument des US-Verteidigungsministeriums. Die partielle Veröffentlichung der Pentagon-Papiere 1971 durch die New York Times deckte eine Desinformation der US-amerikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf den Vietnamkrieg auf. Die Bevölkerung erfuhr, dass entgegen Beteuerungen beteiligter Präsidenten der Krieg schon vor dem offiziellen Eingreifen geplant war im Rahmen der Bekämpfung des Kommunismus. Die Veröffentlichung erfolgte gegen den Widerstand der Regierung aufgrund einer Entscheidung des höchsten US-Gerichtes und trug wesentlich zur Beendigung des Krieges bei.

Das Buch ist eine Laudatio auf die Courage einer Chefin eines renommierten Zeitung, die ihren Lesern die Wahrheit über verschiedene Skandale in der Politik präsentierte. Ihre Autobiografie ist auch eine zeithistorische Darstellung der staatlichen Politik in der Zeit des Kalten Krieges und ein Zeichen von zivilgesellschaftlichem Engagement. Natürlich ist das Buch auch Werbung für den Film „Die Verlegerin“, insgesamt aber eine lesenswerte Geschichte eines Lebens und Wirkens für den unabhängigen Journalismus.

Katherine Graham: Die Verlegerin. Wie die Chefin der „Washington Post“ Amerika veränderte, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2018, ISBN: 978-3-499-63414-7, 18 EURO (D)

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Über Michael Lausberg 572 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.