Sturz des Assad-Regimes zeigt, wie geschwächt Putin ist

Syrien, Flagge, Nationalflagge, Quelle: OpenClipart-Vectors, Pixabay, kommerzielle Nutzung, Kein Bildnachweis nötig

Das Assad-Regime ist gestürzt. Der Diktator nach Moskau geflohen. Ob das für Syrien jetzt sehr viel besser wird und wie sich das langfristig auswirkt, kann ich nicht einschätzen. Aber dieser Vorgang zeigt etwas: wie geschwächt Russland und der Iran inzwischen sind. So schwach, dass sie Assad nicht mehr halten konnten. Und diese Schwächung haben wir der Ukraine und Israel zu verdanken.

Mehr als ein halbes Jahrhundert Assad-Clan

54 Jahre lang regierten die Assads Syrien als Diktatoren, zunächst Hafiz al-Assad von 1970 bis 2000, dann sein Sohn Baschar al-Assad von 2000 bis 2024. Dieser autorisierte während des seit 2011 tobenden Bürgerkriegs Kriegsverbrechen. Baschar al-Assad setzte die Streitkräfte Syriens ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung im Inland ein, ließ sowohl durch die Streitkräfte als auch den syrischen Nachrichtendienst und den militärischen Geheimdienst systematisch Menschen entführen, foltern und ermorden. Allein bis Januar 2014 starben laut der UNO im Rahmen der Kämpfe über 100.000 Menschen.

Am 21. August 2013 verübten die syrischen Streitkräfte Giftgasangriffe in der Region Ghuta. Im Dezember 2013 erklärte die UN-Untersuchungskommission zu Syrien, sie habe Beweise dafür gefunden, dass Assad die Kriegsverbrechen autorisiert habe. Im November 2015 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, in dem es hieß, dass Assads Regierung systematisch Gegner „verschwinden“ lasse. Das Syrian Network for Human Rights dokumentierte die Namen von mehr als 65.000 Personen, zum größten Teil Zivilisten, die zwischen März 2011 und August 2015 verschwunden waren und über deren Verbleib seither in vielen Fällen nichts bekannt ist.

Im Oktober 2019 erhob der deutsche Generalbundesanwalt unter Anwendung des Weltrechtsprinzips Anklage gegen zwei mutmaßliche frühere Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes, denen er Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 58-fachen Mord, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung bzw. Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft.

Das Ende der Assad-Diktatur

Ende November 2024 begann das in der Provinz Idlib herrschende syrisch-islamistische Militärbündnis Haiʾat Tahrir asch-Scham in Kooperation mit dem von der Türkei unterstützten Rebellenbündnis SNA eine Großoffensive in Richtung der syrischen Hauptstadt Damaskus. Beide Rebellengruppen waren in den Jahren zuvor von der Türkei mit Waffen ausgestattet worden und hatten die Offensive über Monate hinweg geplant.

Innerhalb von nur ein bis zwei Wochen begannen die Assad treuen syrischen Streitkräfte sich aufzulösen. Eine Großstadt nach der anderen fiel: Hama, Homs, Deir ez-Zor, Darʿā und As-Suwaida, dann am Sonntag, den 8. Dezember 2024 die Hauptstadt Damaskus. Die Regierung Assad war damit gestürzt. Baschar al-Assad floh kurz vor der Einnahme von Damaskus aus dem Land.

Sonntagabend gaben russische Medien bekannt, dass er sich mit seiner Familie in Moskau befinde und Asyl erhalten habe. Das russische Außenministerium erklärte, dass Assad entschieden habe, als Staatspräsident abzutreten. Seine Frau und ihre drei Kinder hatten sich bereits wenige Tage nach Beginn der Rebellenoffensive nach Russland abgesetzt.

Mein tiefer Dank an die Ukraine und an Israel, dass sie Russland und den Iran so sehr geschwächt haben

Wie es in Syrien weitergehen wird, kann ich nicht einschätzen. Ich hoffe und wünsche den Syrern, dass es nicht noch schlimmer werden wird als unter Assad, sondern besser, sehr viel besser. Ob das der Fall sein wird, wird die Zeit zeigen. Eines zeigt dieser ganze Vorgang aber sehr deutlich: wie sehr Russland und der Iran, die beiden Schutzmächte des Assad-Regimes, inzwischen geschwächt sind. Und die Schwächung dieser beiden Mächte ist in meinen Augen sehr, sehr gut. Je schwächer Russland und der Iran, desto besser für die Welt. Diese massive Schwächung dieser Mächte haben wir vor allen Dingen der Ukraine und Israel zu verdanken.

Danke an die Ukrainer und danke an die Israelis! Es ist kaum fassbar, was ihr in den letzten Monaten bzw. Jahren geleistet habt. Kaum jemand hätte euch das zugetraut. Ihr habt es einfach getan und euch von den faschistoiden Aggressoren nicht unterkriegen lassen, habt euch behauptet und die Achse des Bösen dabei zum Nutzen für uns alle enorm geschwächt. Dafür hättet ihr viel mehr Unterstützung verdient. Sehr viel mehr! Meine tiefe Bewunderung und mein tiefer Dank.

Kommentare zum Fall des Assad-Regimes

X-User: »Während die Russen in Syrien hastig ihre Koffer packen, denke ich an all die Experten, die uns erzählen, dass man eine Atommacht nicht besiegen kann.«

Nico Lange: »Nachdem Assad weg ist, bleibt vieles unklar. Die unterschiedlichen Gruppen von Islamisten, Rebellen und Aufständischen waren darin geeint, Assad zu stürzen, sie haben keinen gemeinsamen Plan für Syrien.«

Peter Altmaier: »Das Ende von Assad ist eine gute Nachricht, denn er hat 20 Jahre lang Tod und Leid über Syrien und Millionen Syrer gebracht. Was nun kommt, weiß niemand, doch es ist ein Wendepunkt: das Mullah-Regime im Iran, Hizbollah und Hamas stehen nun am Abgrund. Und Putin steht hilflos daneben.«

Jürgen Nauditt: »Was Putin in Syrien fast zehn Jahre lang aufgebaut hatte, wurde innerhalb einer Woche zerstört. Assad ist Geschichte.«

Katrin Eigendorf: »Hören Sie, wie Lawrow in Doha die Rolle von Russland in Syrien herunterspielt. Das zeigt, wie sehr Moskau die Kontrolle verloren hat. Angesichts der schwächelnden russischen Wirtschaft bedeutet das, dass die Ukraine an Dynamik gewinnt, und es zeigt, dass westliche Sanktionen und militärische Unterstützung immer wirksamer werden.«

Heiko Heinisch, Historiker: »Ironie der Geschichte Syrien Iran – Den allgemeinen Jubel über den Sturz des syrischen Regimes kann ich nicht teilen – doch dazu weiter unten. Vor 14 Monaten startete die Hamas als Teil der iranischen „Achse des Widerstands“ ihren Terrorangriff mit dem Ziel, Israel zu vernichten. 14 Monate später ist stattdessen der Iran massiv geschwächt, seine Proxys Hamas und Hizbullah sind nurmehr Schatten ihrer selbst und mit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien hat Iran einen wichtigen Verbündeten und die Landbrücke in den Libanon verloren. Von der in Jahrzehnten errichteten „Achse des Widerstands“ ist kaum noch etwas übrig. Für Israel ist letzteres zunächst eine gute Nachricht. Der Kreis pro-iranischer Milizen um Israel ist gesprengt, der Iran wirtschaftlich und militärisch so schwach wie seit Jahrzehnten nicht. Allerdings ist noch nicht absehbar, wie gefährlich ein islamistischer Staat an Israels Grenzen auf Dauer sein wird. Die schlechte Nachricht: Auch wenn viele Menschen in Syrien Assads Sturz bejubeln und die meisten westlichen Medien und Kommentatoren von guten Nachrichten für Syrien schwärmen: Die HTS sind Islamisten, die einen islamischen Staat anstreben und wie gemäßigt sie sich auch aktuell geben mögen: Für Frauen, religiöse Minderheiten, nicht-religiöse Menschen und alle die ihren religiösen Vorstellungen nicht entsprechen, lässt das mittelfristig Schlimmes befürchten. Islamisten sind Islamisten, weil sie eine normativ islamische Ordnung durchsetzen wollen und die Homogenisierungen von Gesellschaften anstreben.«

Matthäus Wehowski, Historiker: »Nach mehr als 50 Jahren an der Macht ist die Herrschaft des Assad-Klans zu Ende. Für Russland eine katastrophale geopolitische Niederlage – der Marinehafen im syrischen Tartus wird seit 1971 von der Sowjetunion genutzt. Er ist auch für Militäreinsätze in Afrika extrem wichtig. Russische Medien meldeten bis zuletzt, dass die syrische Armee mit Hilfe der russischen Luftwaffe „tausende Terroristen vernichtet“ und nur „taktische Verschiebungen“ vornehme etc. Lawrow „verhandelte“ bis gestern (Samstag) in Doha (nicht mit den Syrern…) und nannte einen Sturz des Regimes in Damaskus „inakzeptabel“ – man würde der syrischen Armee weiter Militärhilfe leisten. Diese ist aber faktisch zerbröselt, die meisten Soldaten und auch Assad selbst kampflos geflohen … – Russland am 6. Dezember: „Wir werden unsere Militärbasen in Syrien niemals aufgeben.“ – Russland heute (8. Dezember): „Wir werden unsere Militärbasen in Syrien nicht erhalten können.“«

Tobias Huch: »Israel zerstört gerade in ganz Syrien die Waffendepots von Bashar al-Assad – darunter viele chemische Waffen (Giftgas). Niemand will, dass diese Waffen in die Hände von AlQaida, ISIS oder der Türkei geraten. Sonst droht der nächste Völkermord.«

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Quelle: Jürgen Fritz