Allah ist nicht der Vater von Jesus
Zeus ist nicht Poseidon, Indra ist nicht Ushas, Nammu ist nicht Uras, Nun ist nicht Atum, Odin ist nicht Thor, Jahwe und Allah sind nicht der Vater von Jesus und Jahwe ist nicht Allah. Jedes Ding im ontologischen Sinne, jede #Entität, jedes Seiende hat ganz bestimmte #Eigenschaften. Die Summe der Eigenschaften einer Entität machen diese quasi aus. Und die verschiedenen #Götter haben zwar gemeinsame Eigenschaften, wie Mächtigkeit, oft Unsterblichkeit, dass sie in irgendeiner Form auf die Geschehnisse auf der Erde Einfluss nehmen etc., aber sie haben alle auch unterschiedliche, je eigentümliche Eigenschaften, die sie dann als eben genau dieser Gott ausmachen. Das heißt, die Summe ihrer Eigenschaften ist immer unterschiedlich, wie auch bei jedem Menschen die Summe seiner Eigenschaften eine andere ist als die Summe der Eigenschaften eines jeden anderen, obschon es zwischen allen wiederum wesentliche Gemeinsamkeiten gibt, weswegen sie ja eben gerade Menschen sind.
#Allah hat andere Eigenschaften als der Vater von #Jesus und dieser wiederum hat andere Eigenschaften als #Jahwe. Insofern handelt es sich hier um drei verschiedene Götter. Deshalb sollte man übrigens auch „Allah“ nicht mit „Gott“ übersetzen, weil Allah ein ganz bestimmter (arabischer und arabisch-sprechender) Gott ist, der Mohammed als seinen letzten Propheten auswählte, um die „Irrlehren“ der Juden und Christen „zu korrigieren“, welche sich aber weigerten, die durch Mohammed verkündete „wahre Lehre“ anzunehmen, die sich weigerten, sich dem Willen Allahs zu unterwerfen und daher abtrünnig wurden, mithin „minderwertig sind“, so die islamische Lehre. Allah ist also eben nicht identisch mit dem Christengott, und im christlichen Kulturkreis wird bei dem Wort „Gott“ nicht an Allah, sondern an den Gott des Alten und des Neuen Testaments gedacht mit dessen Eigenschaften. Deshalb passt die Übersetzung von „Allah“ in „Gott“ nicht. Allah ist Allah, so wie Zeus Zeus ist, nämlich jeweils eine ganz bestimmte Gottesvorstellung, die nicht identisch ist mit dem Gott der Christen im christlichen Kulturkreis. (Für Logiker, Linguisten und Sprachphilosophen: „Allah“ ist kein Prädikator, kein genereller Begriff, sondern ein Nominator, ein singulärer Begriff, der ein Einzelding bezeichnet und eben ein anderes Einzelding als der Nominator „Gott“ im christlichen Kulturkreis).
Genaugenommen sprechen wir natürlich immer von #Gottesvorstellungen. All die tausenden Götter, die es in der Vorstellungswelt der Menschen gab und gibt, befinden sich zunächst einmal dort. Ob es sie jeweils auch in der Realität, in der Wirklichkeit außerhalb unserer Vorstellungswelt gibt, ist eine andere Frage, die sich oft nicht leicht überprüfen lässt. Australien gibt es sicherlich nicht nur in meiner Vorstellungswelt, sondern auch in der Realität, in der physischen Welt, bei Atlantis und Liliput sieht das wohl anders aus. Gleichwohl kann jemand glauben, dass es Atlantis und Liliput tatsächlich gibt. Atlantis und Liliput gibt es dann in der Vorstellungswelt von Menschen nicht nur als #Phantasieprodukte, von denen die jeweilige Person weiß oder annimmt, dass es ein reines Phantasieprodukt ist, sondern als Phantasieprodukt, von dem die Person, die diese Phantasie hat, meint, dieses gäbe es in der Wirklichkeit tatsächlich.
Solche kollektive Phantasmen können entstehen, wenn die Person A eine #Halluzination in Bezug auf X hat, also meint, etwas wahrzunehmen (X), was es gar nicht gibt, und dann anderen von dieser Halluzination erzählt, dabei aber behauptet, sie hätte X tatsächlich gesehen, gehört, gespürt, und andere dieser Behauptung Glauben schenken, oder wenn die Person A X ganz bewusst und in dem Wissen, dass es X gar nicht gibt, erfindet und dann anderen wiederum erzählt, sie hätte X persönlich wahrgenommen, anderen also bewusst etwas vormacht und diese A gleichwohl glauben. Wenn A das selbst glaubt, was er anderen „berichtet“, so gelingt die #Täuschung oftmals besser, da sie auf einer #Selbsttäuschung aufbaut, welche von außen meist schwerer zu erkennen ist.
Diese anderen erzählen dann wieder anderen von A und seiner Wahrnehmung von X, die diesen „Bericht“ wiederum glauben usw. usf., bis es schließlich einige nach Jahren oder Jahrzehnten aufschreiben, was die weitere Tradierung erleichtert. Dieses Prozedere wirkt besonders gut bei Kindern, die noch kein kritisches Bewusstsein entwickelt haben und die von klein auf mit der Geschichte von A und seiner Wahrnehmung von X aufwachsen, welche diese Geschichte und diese Vorstellungen vom Sein der Welt quasi zum Teil ihrer #Identität werden lassen, so dass es dann später extrem schwer fällt, diese Vorstellungen kritisch zu hinterfragen, da damit gleichsam eine Kritik der eigenen Identität einherginge.
Das Glauben-schenken wird dabei oft davon abhängig gemacht, ob einem das Erzählte gefällt. Religiösen Weltbildern und den Menschen, die diese internalisiert haben, geht es meist weniger um die Frage, ob die eigene religiösen Vorstellungen wahr sind, ob sie also die Realität korrekt beschreiben und wiedergeben, sondern für sie geht es meist um etwas anderes: ob diese Vorstellungen ihnen Halt geben, Trost spenden, Orientierung verleihen und helfen, in ihrem Leben, ihrer je eigenen Existenz einen tieferen Sinn zu finden. Die Nützlichkeit und Lebenshilfe sind also auf der #individuellen Ebene wesentliche Parameter. Religionen werden also sehr stark nach ihrer #Funktion und ihrem #Nutzen bewertet.
Dies gilt auch auf #gesellschaftlicher Ebene. Gemeinsame religiöse Vorstellungen, gemeinsame metaphysische spekulative Ideologien könnte man auch sagen, haben eine enorm wichtige soziale Funktion, nämlich dass sie Gesellschaften innerlich zusammenschweißen, dass sie #identitätsstiftend wirken und ein inneres Band herstellen, das die Menschen einer Gesellschaft oder sogar eines Kulturkreises innerlich sehr stark verbindet, zumal meist auch bestimmt moralische Vorstellungen von gut und böse, richtig und falsch mit religiösen Weltbildern einhergehen. Es gibt wohl kaum etwas anderes, was ein derart starkes inneres Band zwischen verschiedenen Menschen herzustellen vermag, die nicht direkt miteinander verwandt sind, wie religiöse Weltbilder.
Das dadurch entstehende innere Band ist für die #Herrschenden wiederum von großem Vorteil, weil diese a) die Gesellschaft gemeinsam mit den Verwaltern der Religion (Klerus) dann besser #steuern und b) ihre eigene #Legitimation als Herrschende aus dieser metaphysischen Spekulation, die aber natürlich nicht als solche, sondern als absolute metaphysische Wahrheit dargestellt wird, herleiten können. Deshalb bildeten zum Beispiel ab dem späten 4. Jahrhundert die römischen Kaiser eine Allianz mit dem Christentum und den Päpsten, später ab dem 6. Jahrhundert die germanischen Fürsten und Könige bis hin zur Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800. In theokratischen Systemen, wie im Iran, bilden politische und religiöse Herrscher sogar mehr oder weniger direkt eine Einheit.
In metaphysisch spekulativen Weltbildern (Ideologien) geht es also meist nicht so sehr darum, was in der Realität tatsächlich der Fall ist, sie sind im Grunde nicht wahrheits- und wissensorientiert, sondern es geht zum einen darum, Menschen etwas an die Hand zu geben, was ihnen in ihrer Lebensführung hilft, was Orientierung gibt, Trost spendet und die Sinndimension anspricht. Es dürfte gute Argumente geben, dass dies vielleicht sogar vernünftig ist, solches zu tun und an solches zu glauben, es also für wahr zu halten, ohne die Wahrheitsfrage aber wirklich zu thematisieren und einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Man könnte hier von nützlichen Fehlvorstellungen, von #nützlichen und angenehmen #Selbsttäuschungen sprechen.
Zum anderen haben solche Lehren natürlich Vorteile für diejenigen, die sie verwalten (Klerus), die dadurch eine bestimmte Autorität und Machtposition innerhalb der Gesellschaft erlangen können. Und zum dritten hat es wie genannt Vorteile für die politischen Herrschenden, die sich fast immer mit den religiösen Herrschenden verbünden und es tunlichst vermeiden, sich mit diesen anzulegen, siehe zum Beispiel das heutige Saudi Arabien.
Dabei arbeiten metaphysisch spekulative Ideologien mit drei #Anmaßungen. Erstens behaupten sie zu wissen, dass es ein sinnlich nicht direkt wahrnehmbares Jenseits ganz sicher gäbe. Zweitens behaupten sie zu wissen, wie dieses Jenseits aussähe, welche Wesen es dort gäbe, insbesondere Gottheiten und was diese wollen. Und drittens leiten sie aus diesem angeblichen Wissen über dieses Jenseits die Befugnis ab, Gewalt über andere Menschen ausüben zu dürfen. Sie versuchen also, weltliche Macht und Gewalt aus einer höheren, transzendenten Macht und Gewalt abzuleiten. (Letztlich geht es in metaphysisch spekulativen Ideologien immer um Macht und Gewalt und die Anbetung einer höheren Gewalt.)
#Profane Ideologien, wie Faschismus, Marxismus, Neomarxismus, Sozialismus, „Critical Race Theory“, Wokismus etc., die sich wohl viel von den metaphysisch spekulativen Ideologien abgeschaut haben, versuchen dagegen, weltliche Macht und Gewalt aus anderen Wert-Axiomen abzuleiten, wobei diesen oft quasi-religiöse Züge verliehen werden, z.B. der extremen Überhöhung des eigenen Volkes, der eigenen „Rasse“, welcher aus dieser zugesprochenen Überlegenheit ein Herrschaftsanspruch zuerkannt wird, oder Heiligsprechung der Gleichheit, die nicht im Sinne einer Gleichberechtigung, sondern marxistisch-materialistisch ausgedeutet und in einen #Gleichheitsfetisch transformiert wird, so dass „Sünder“ konstruiert werden können, die gegen dieses Heiligtum, gegen diesen Fetisch verstoßen, was dann wiederum als Legitimation der Gewalt gegenüber diesen „Sündern“ dient, denen man über diese Konstruktion mit gutem Gewissen schlimme und schlimmste Dinge antun kann.
Nun stellen aber alle diese metaphysische spekulativen Ideologien Behauptungen über die Wirklichkeit auf. Sie sagen ja nicht einfach, „stell dir folgendes vor, das hilft dir, dein Leben zu führen“, sondern sie sagen: „So ist es“. Die Behauptungen über die Wirklichkeit der verschiedenen religiösen Lehren und Weltbilder #widersprechen sich aber alle. Das deutet darauf hin, dass entweder alle bis auf eine mindestens in wesentlichen Teilen falsch sein müssen oder sogar alle. Dass ausgerechnet eine vollkommen richtig liegt, in all ihren wesentlichen Behauptungen über das Sein der Welt, erscheint natürlich nicht als absolut unmöglich, aber doch als extrem unwahrscheinlich, wenig glaubhaft und wenig überzeugend.
Die christliche Lehre behauptet, Jesus von Nazareth wäre von göttlicher Natur. Es sei „ganz Mensch und ganz Gott“. Die jüdische Lehre streitet dies ab, ebenso die islamische. Der christliche Gott besteht aus drei Personen (Dreieinigkeitslehre): Gottvater, Gottsohn und dem Heiligen Geist, womit der Monotheismus (Ein-Gott-Glaube) über eine sehr komplizierte Konstruktion quasi aufgeweicht und zugleich bewahrt wird. Jahwe und Allah haben keinen Sohn und sind jeweils nur eine Person. Zugleich behauptet die christliche Lehre, dass es nur einen Gott gäbe, ebenso behauptet dies die islamische Lehre. Das heißt, sie behaupten, dass es diesen jeweils anderen Gott gar nicht gibt, denn sonst gäbe es ja zwei oder drei Götter. Die christliche Lehre behauptet mithin, dass die islamische Lehre falsch ist und die islamische Lehre behauptet, dass die jüdische und die christliche Lehre falsch sind, alle anderen sowieso und nicht religiöse Weltbilder sogar noch mehr. „Atheisten“ und Menschen, die nicht glauben, dass es tatsächlich eine jenseitige Welt gibt, die das als Projektion ansehen (metaphysische Asketen), oder die diese Frage für sich persönlich offen lassen, sich beides vorstellen können (Agnostiker), stehen in der islamischen Werthierarchie ganz unten, noch unter den Juden, Christen und Polytheisten (Viel-Gott-Gläubige).
An der Stelle wird deutlich: a) verschiedene Religionen sind #Konkurrenzunternehmen. Das ist solange meist nicht sehr problematisch, solange Religion A in der Region A vorherrscht und Religion B in der Region B, Religion C in der Region C usw., wie dies vor Jahrtausenden wohl oftmals der Fall war, wird aber b) meist problematisch, sobald innerhalb einer Region verschiedene metaphysisch spekulative Ideologien zusammen auftreten und miteinander konkurrieren.
Und es wird c) dann problematisch, wenn eine metaphysisch spekulative Ideologie in ihrem Wesen einen imperialistischen Zug trägt, wenn sie auf Ausbreitung, im Extremfall auf weltweite Ausbreitung angelegt ist, wenn also die Religion I aus der Region I beansprucht, Religion A in Region A, Religion B in Region B usw. zu verdrängen. Denn dann muss sie versuchen, 1. alle anderen metaphysisch spekulativen und 2. auch alle profanen Ideologien und auch 3. nicht-ideologische Weltbilder zu vernichten, damit zum einen alle so etwas wie einen gemeinsamen Glauben haben, was dann das Zusammenleben aller Menschen und die Steuerung durch die Obrigkeit erleichtert, und damit zum anderen auch keine Gefahr mehr besteht, von anderen außerhalb der eigenen Ideologie kritisiert und ganz grundsätzlich in Frage gestellt werden zu können, was dem Absolutheitsanspruch widerspricht.
Diese #Ausbreitung einer metaphysisch spekulativen Ideologie kann wiederum mit verschiedenen #Mitteln erfolgen: durch Lehre und #Überzeugungsarbeit, also durch Bekanntmachen mit der Ideologie und dem Werben für diese, per #Indoktrination – vor allem bei Kindern, sobald man mal irgendwo die Vorherrschaft besitzt (ganz besonders wirksam) oder auch durch Formen der massiven, physischen #Gewalt und Einschüchterung (mit dem Schwert). Nicht zuletzt aber auch durch #Migration plus entsprechende überproportionale #Vermehrung und allmähliche Übernahme der Gesellschaft, in die eingewandert wurde, von innen heraus, weil sich so im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte die Mehrverhältnisse immer mehr verändern.
Verschiedene Religionen arbeiten hier wiederum mit unterschiedlichen Strategien. Die jüdische Lehre kennt so etwas wie weltweite Verbreitung, Vernichtung aller anderen Weltbilder, Übernahme von innen heraus, Verbreitung mit dem Schwert usw. gar nicht. Sie trägt keine imperialistischen Züge in sich. Deshalb gibt es weltweit auch nur ca. 15 bis 17 Millionen Juden (ca. 0,2 Prozent der Weltbevölkerung). Andere metaphysische spekulative Ideologien tragen dagegen durchaus imperialistische Züge in sich, zum Teil sogar ganz massiv. Die verschiedenen Götter sind also auch in diesem Punkt unterschiedlich. Jahwe verlangt von den Menschen anderes als der Vater von Jesus und dieser verlangt wiederum anderes als Allah. Allah ist also nicht der Vater von Jesus und er ist nicht Jahwe.
Nun könnte man sagen, „aber die gibt es in Wahrheit, in der Realität doch alle drei nicht, genauso wie es Zeus, Poseidon, Indra, Ushas, Nammu, Uras, Nun, Atum, Odin, Thor … usw. usf. nicht gibt“. Das mag so sein, ist wohl wahrscheinlich auch so, aber es gibt sie in der Vorstellungswelt sehr vieler Menschen. Im Falle des Christentums und des Islam sprechen wir von Milliarden Menschen. Und diese Vorstellungen wiederum sind mächtig und sie sind wichtig für ganze Gesellschaften und für die Mächtigen (identitätsstiftend und Steuerungsfunktion).
Zugleich greift die eine metaphysisch spekulative Ideologie die beiden anderen, von denen sie selbst abstammt, an und wird versuchen, nicht nur sie zu vertreiben, sondern sie auszulöschen, mindestens aber sie zu unterwerfen und zu beherrschen, weil sie a) einen metaphysischen Wahrheits- und Absolutheitsanspruch für sich reklamiert und b) weil sie einen imperialistischen Zug im Kern ihrer Lehre in sich trägt, weil ihr – vorgestellter, imaginierter, aber von „den (einzig wahren) Gläubigen“ selbst als vollkommen real angesehener – Gott das so will, da er genau so und nicht anders angelegt wurde.
Quelle: Jürgen Fritz Facebook