Ich bin weder Militärexperte noch habe ich in der Bundeswehr gedient, da ich „weißer Jahrgang“ bin (vor dem 1. Juli 1937 geboren), aber ich mache mir heftige Sorgen um die Zukunft der Ukraine und ihrer Bewohner, wenn die russischen Angreifer vom 24.Februar 2022 siegen sollten. Was der Bevölkerung dann bevorsteht, können wir daran ermessen, was die Bewohner der besetzten Gebiete, die von der Ukrainischen Armee wieder befreit wurden, zu erleiden hatten: Sie wurden zu Hunderten gefoltert, in grausamer Weise ermordet und, wenn sie Mädchen und Frauen waren, vergewaltigt. Wenn die Ukraine in Wladimir Putins Großreich einverleibt worden ist, dann wird es keine Zeugen mehr geben für die Verbrechen, die dann an den wehrlosen Ukrainern verübt werden!
Langsam freilich scheint man auch hierzulande zu begreifen, dass der Sieg Russlands nur ein erster Schritt Wladimirs des Schrecklichen ist, auch andere Nachbarstaaten zu überfallen, zunächst Moldawien, das keine Armee hat, dann die drei baltischen Staaten und das, aus Moskauer Sicht, „abtrünnige“ Finnland, das der NATO beigetreten ist. Wie ernst es der frühere KGB-Offizier Putin in seiner imperialistischen Gier meint, zeigt ein Vorgang in Hamburg beim jährlichen Matthiae-Mahl, zu dem auch Kaja Kallas, die Ministerpräsidentin Estlands, eingeladen war. Sie hielt dort eine eindringliche Rede, worin sie vor Putins Kriegslüsternheit warnte. Das Ergebnis: Putin ließ sie auf die Fahndungsliste des russischen Geheimdienstes setzen!
Dabei haben die baltischen Staaten in den Jahrhunderten, in denen sie die Ostseeprovinzen des Zarenreichs waren, bittere Erfahrungen mit dem russischen Imperialismus machen können. Estland, Lettland und Litauen waren nur 21 Jahren lang, von 1918 bis 1939, freie und demokratischen Staaten, dann wurden sie der Sowjetunion einverleibt. In den Jahren nach der Okkupation wurden Zehntausende Esten, Letten und Litauer nach Sibirien deportiert, diese Dezimierung vergessen kleine Völker mit nur wenigen Millionen Einwohnern nicht, weil sie an die Substanz geht. Heute sind die russischen Minderheiten in den drei baltischen Staaten ein Druckmittel Moskaus gegen die demokratisch gewählten Regierungen in Tallinn, Riga und Vilnius. Ein Hilferuf, wie in Prag 1968, genügt, und die russischen Generäle geben den Marschbefehl! Deshalb haben auch die Litauer darum gebeten, dass Deutschland 4800 Bundeswehrsoldaten in ihrem Land stationiert. Ob das die Russen vor einem Überfall abschreckt, bleibt abzuwarten, auch wenn Litauen inzwischen NATO-Staat ist.
Nun geht es um die Lieferung von Marschflugkörpern der Marke Taurus an die Ukraine. Den Soldaten dort geht die Munition aus, sie können sich also nicht mehr verteidigen! Dennoch versichert unser Bundeskanzler Olaf Scholz unablässig, Deutschland werde jetzt und in Zukunft mit Geld und Waffenlieferungen an der Seite der Ukraine stehen. Aber er liefert nicht, er sondert nur schöne Worte ab! Das Argument gegen den Marschflugkörper Taurus ist, damit könnten auch russische Städte wie Moskau erreicht werden. Das könnten auch an die Ukraine gelieferte Marschflugkörper aus England und Frankreich, wenn man sie gleich hinter der ukrainisch-russischen Grenze abschießt. Und schießt denn die in der eroberten Südukraine stationierte Armee Russlands nicht jede Nacht Marschflugkörper auf ukrainische Städte? Sterben da nicht Dutzende von Männern, Frauen und Kindern?