Die Corona-Krise war vor allem für Kunst-und Kulturschaffende besonders schwierig. Andreas Sturm spricht mit der Schauspielerin Melody Bayer darüber, wie Corona den Schauspielbetrieb betroffen hat und nachhaltig verändern könnte.
Das ist nun der zweite Corona-Sommer. Welches Sprichwort passt für Sie als Schauspielerin besonders gut? 1) Vom Regen in die Traufe 2) Schlimmer kommt immer 3) Licht am Ende des Tunnels.
Tatsächlich passen alle drei Sprichwörter. In diesem Sommer wurden einige Veranstaltungen bereits sehr früh wieder abgesagt, während man letztes Jahr bis zum letzten Moment abgewartet hatte und durch die Entspannung der Lage dann doch spielen konnte.
Es gibt aber auch Licht am Ende des Tunnels, weil mich immer mal wieder kleinere Aufträge unverhofft erreichen, darunter auch ganz neue Dinge. Ein weiterer Lichtblick sind die Impfungen, das ist eine Perspektive, die es letztes Jahr nicht gab.
Weshalb wurden dieses Jahr mehr Veranstaltungen früher abgesagt, ich hätte vermutet, dass die Lage dieses Jahr überschaubarer ist.
Letztes Jahr sind die Veranstalter auf Sicht gefahren, dieses Jahr haben die klaren Perspektiven gefehlt, die den Veranstaltern Planungssicherheit geben. Hätte die Politik im Frühjahr einen klaren Kurs eingeschlagen, hätten die Veranstalter damit arbeiten können, so war es absolut unklar, ob die Inzidenzen maßgeblich sind oder ob es andere Kriterien gibt.
Wie haben Sie die Corona-Krise bisher persönlich überstanden? Haben Sie sich gut unterstützt gefühlt?
Die erste Zeit war von einer großen Ratlosigkeit geprägt, dann kamen finanzielle Engpässe. Die staatlichen Hilfen haben für mich und viele Kollegen nicht gepasst. Bis es passende Hilfen gab, hat es Monate gedauert. Ende des Jahres, im Zuge des zweiten Lockdowns, hat es dann allerdings schnell geklappt.
Im Jahr 2020 waren die finanziellen Engpässe das große Thema, in diesem Jahr ist es die mangelnde Kommunikation. Wie bereits angesprochen fehlt es an klaren Konzepten und Vorgaben: Welche Voraussetzungen kann es geben, um wieder spielen zu können? Ein Versuch der 3G-Regel, unabhängig von der Inzidenz, kommt leider viel zu spät, um für den Sommer planen zu können.
Haben Sie irgendwann an’s Aufhören gedacht?
Ja, sehr oft. Aber aus Leidenschaft für den Beruf habe ich immer weitergemacht. Ich hatte immer schon kurzzeitig andere Tätigkeiten, die Schauspielerei hat mich aber nie losgelassen.
Positiv ist auch der unheimlich große Zusammenhalt in der Künstlerszene.
Sie haben ja britische Wurzeln. Die dortige Theatergeschichte hat gezeigt, dass Krisenzeiten zu einer erhöhten Kreativität geführt haben. Beobachten Sie das auch in Deutschland?
Anfangs gab es Online-Formate wie Live-Streams aus dem Theater, das hat sich aber nicht durchgesetzt. Film ist Film und Theater ist Theater.
Momentan gibt es wenige neue Impulse. Einige Künstler verarbeiten Corona kreativ, beispielsweise durch Abstände selbst auf der Bühne oder auch bei Filmaufnahmen, andere Regisseure greifen bewusst auf traditionelle Inszenierungen zurück.
Ich vermute, dass sich die Kreativität erst im zukünftigen Schaffen entfalten wird, wenn die Krise entsprechend verarbeitet wird, das ist schließlich auch ein Prozess.
Stehen Sie lieber auf der Bühne oder fühlen Sie sich vor der Kamera wohler?
Ich bin sehr froh, dass ich mich nicht entscheiden muss. Für mich geht aber nichts über das Live-Erlebnis vor Zuschauern auf der Bühne.
Sie sind vor Kurzen der FDP beigetreten. Trotz oder wegen Corona?
Teilweise auch wegen Corona. Die Regierung hatte auch nach Monaten nur ein Rezept: Schließungen. Das war am Anfang das einzig Richtige, ist aber als Dauerlösung nicht praktikabel. Die FDP war schon früh innovativer und hat einen breiteren Blick auf die alle Aspekte der Gesellschaft neben dem gesundheitlichen. Da für mich Freiheit und Bürgerrechte sehr wichtig sind, hat mich der Weg zur FDP geführt, der einzigen Partei, die es momentan schafft, intelligenten Infektionsschutz und bürgerliche Freiheit zu vereinen.
Ich bin seit März bei der FDP. Politisch engagiert war ich aber schon vorher, ich war bis Mitte 2020 bei Die Partei.
Das ist ein durchaus „harter“ Wechsel.
Durchaus. Ich war früher deutlich linker eingestellt. Durch meine berufliche Selbstständigkeit habe ich neue Erfahrungen gemacht und musste einige politische Positionen hinterfragen. Das hat sich über lange Zeit nach und nach entwickelt. Durch die Herausforderungen meines Berufs denke ich bewusster über die Themen Wirtschaft, Steuern und Eigenverantwortung nach. Meiner Meinung nach muss die Mitte der Gesellschaft wieder deutlich mehr in den Fokus.
Ich danke herzlich für das Interview und wünsche viel Erfolg auf Ihrem künstlerischen und politischen Weg.
Die Fragen stellte Andreas Sturm.
Melody Bayer, geboren im Jahr 1987, ist eine deutsche Schauspielerin mit britischen Wurzeln, die für Bühnen-, Fernseh- und Kinoproduktionen tätig ist.