Europa 2025: Überleben in einer chaotischen Welt zwischen Autokraten und Rabauken

fahne flagge europa europafahne europaflagge, Quelle: Ralphs_Fotos, pixabay, Kostenlose Nutzung unter der Inhaltslizenz Kein Bildnachweis nötig
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Die Welt scheint sich zunehmend von den Prinzipien einer regelbasierten Ordnung zu entfernen. Immer mehr autokratische Führer wie Wladimir Putin, Xi Jinping oder Recep Tayyip Erdoğan und charismatische, aber demokratisch fragwürdige Politiker wie Donald Trump dominieren die globale Bühne. Gemeinsam ist ihnen ein Politikstil, der sich wenig um internationale Abkommen schert und nationale Interessen rücksichtslos durchsetzen will. Unter diesem Einfluss droht die Welt in eine Phase globaler Unordnung abzudriften, geprägt von Machtkämpfen und Dominanzstreben.

Der Rückfall in das Recht des Stärkeren

Die Vision einer stabilen, zivilisierten Weltordnung, gestützt durch Institutionen wie die UNO, die WTO, den Internationalen Gerichtshof oder die Europäische Union, scheint zu bröckeln. Statt auf Verhandlungen und Multilateralismus setzen viele Staaten wieder auf nationale Stärke und Egoismus. Das Resultat: eine gefährliche Dynamik, in der wirtschaftlich oder militärisch schwächere Akteure gezwungen sind, sich den Stärkeren zu beugen. Der globale Fortschritt wird dabei zurückgeworfen, und die „Friedensdividende“ früherer Jahre scheint verloren.

Die Kosten des Chaos

Doch auch für die Mächtigen hat diese Entwicklung einen hohen Preis. Wirtschaftliche Isolation durch Schutzzölle, die Belastungen militärischer Konflikte und der Verlust internationaler Glaubwürdigkeit führen langfristig zu Einbußen. Gleichzeitig entstehen mächtige Gegenkoalitionen, die jede Dominanz herausfordern. Diese schmerzhaften Erfahrungen könnten langfristig die Einsicht fördern, dass eine geordnete, kooperative Weltordnung für alle vorteilhafter ist. Doch bis dahin droht eine turbulente Übergangsphase.

Europas Herausforderung in einer zerrissenen Welt

Europa steht vor der Aufgabe, diese chaotische Phase der Weltpolitik zu überstehen und seine Werte und Interessen zu wahren. Wie kann der Kontinent angesichts dieser Entwicklungen handlungsfähig bleiben? Entscheidend sind:

  1. Stärkung der inneren Einheit: Nur ein geeintes Europa kann als stabiler und glaubwürdiger Akteur auftreten. Die EU muss ihre politischen, wirtschaftlichen und militärischen Kapazitäten weiterentwickeln.
  2. Verteidigung der regelbasierten Ordnung: Europa sollte sich als Hüter der internationalen Regeln positionieren und Allianzen mit anderen gleichgesinnten Staaten stärken.
  3. Wirtschaftliche Resilienz: Unabhängigkeit in Schlüsselbereichen wie Energie, Technologie und Lieferketten ist essenziell, um nicht erpressbar zu werden.

Der Wunsch, sich aus den globalen Konflikten auszuklinken und abzuwarten, bis Vernunft einkehrt, mag verlockend sein, doch er ist unrealistisch. In einer „Welt heulender Wölfe“, dominiert von globalen Machtspielen und aggressiven Akteuren, ist Europa gezwungen, klug zu reagieren und entschlossen zu handeln.

Stärke und Zusammenhalt als Überlebensstrategie

Das wichtigste Mittel, um nicht unter die Räder zu geraten, ist ein gemeinsames und geschlossenes Auftreten Europas, das auf wirtschaftlicher und militärischer Stärke basiert. Diese Stärke erfordert Investitionen und Anstrengungen, doch sie ist notwendig, um den „European Way of Life“ zu bewahren. Europas Lebensweise, geprägt von Freiheit, Demokratie und Wohlstand, ist ein kostbares Gut, dessen Verteidigung diese Opfer rechtfertigt.

Vorbereitung auf mögliche Szenarien

Europa muss sich proaktiv mit den Herausforderungen und Szenarien auseinandersetzen, die auf uns zukommen könnten:

  • Konflikte zwischen den USA und China: Kann Europa hier als Vermittler auftreten und deeskalierend wirken?
  • Allianzen zwischen China und Russland: Wie stark würde der Druck auf Europa steigen, wenn diese Mächte geschlossen auftreten?
  • Russlands Rolle in der Welt: Während Wladimir Putin von einem „eurasischen Reich“ träumt, könnte Europas Vision ein zivilisiertes Russland sein, das als europäische Macht gemeinsam mit der EU globale Stabilität fördert.

Zeiten des Umbruchs bieten sowohl Risiken als auch Chancen. Europa muss auf beides vorbereitet sein, um nicht nur zu bestehen, sondern gestärkt aus der Übergangsphase hervorzugehen.

Europas globale Botschaft

Neben der Stärkung der eigenen Position muss Europa eine überzeugende globale Botschaft vermitteln, die die Werte des Kontinents klar definiert:

„Europa steht für Frieden, Menschenrechte, Freiheit und Wohlstand für alle.“

Die Kombination aus innerer Stärke und einer klar kommunizierten Vision kann Europa helfen, die kommenden Herausforderungen zu meistern und seine Führungsrolle in einer Welt ohne feste Ordnung zu behaupten.

Über Ingo Friedrich 63 Artikel
Dr. Ingo Friedrich war von 1979-2009 Abgeordneter des Europäischen Parlaments, von 1992 bis 1999 Vorsitzender der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament. Er war Schatzmeister der Europäischen Volkspartei (EVP) und Präsident der Europäischen Bewegung Bayern. Seit 2009 ist er Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats. Von 1999-2007 war Friedrich einer der 14 gewählten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. 2004 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz. Friedrich ist Ehrenmitglied des Europäischen Parlaments und war Präsident der Wilhelm Löhe Hochschule.