Der Name Grieg verbindet sich in Deutschland am häufigsten mit dem eindrucksvollen, großen Komponisten der Romantik, Edvard Grieg, der bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte. In Norwegen selbst besitzt der Name jedoch noch einen anderen Klang. Lange Zeit leitete Harald Grieg den namhaften Gyldendal-Nosrk-Verlag. In seinen „Erinnerungen eines Verlegers“ ist zu lesen, dass vier Geschwister zusammen aufgewachsen sind, der jüngste hieß Nordahl und wurde Schriftsteller. Nach dem Krieg wurden seine „Gesammelten Werke“ bei Gyldendahl herausgebracht. Am 1. November 1902 geboren, hattte Nordahl Grieg gerade einmal vier Jahrzehnte seines turbulenten Daseins zugebracht, als er am 2. Dezember 1943 über Kleinmachnow bei Berlin während eines Bombenangriffes auf Berlin abgeschossen wurde. Heute erinnern deshalb sowohl in seiner Heimatstadt Bergen als auch am an der Absturzstelle in Kleinmachnow am Machnower See Denkmale an den Dichter. Nach der Obduktion hatte man die Leichen auf dem Döberitzer Garnisonsfriedhof beigesetzt. Auf Anordnung der sowjetischen Armee wurde das Gelänge 1952 eingeebnet. Kleinmachnow ist auch der Ausgangspunkt eines Nordahl-Grieg-Gedächtnis-Laufes.
Es gibt verwandschaftliche Beziehungen zu dem Komponisten Grieg, allerdings nicht sonderlich enge. Nordahl Grieg studierte in Oslo, unterbrach allerdings sein Studium bald und ließ sich auf einem Schiff anheuern. Die drastischen Erlebnisse auf See und in den Häfen sind in den Buch „Und das Schiff geht weiter“ zu finden. Hinzu kommen zwei Gedichtbänge, 1922 „Rund um das Kap der guten Hoffnung“ und 1925 „Steine im Strom. Insbesondere der letztgenannte Band wird von einigen Kritikern mit Merkmalen der Dekadenz in Verbindung gebracht. Dies verwundert ein wenig, denn eigentlich zählte man den Dichter seit seiner Jugend eher zu den Linken. Man darf wirklich behaupten, der Dichter und Reporter habe sich die Welt angeschaut, bevor er seine Erlebnisse an die Welt weitergab. 1927 findet man ihn inmitten der Auseinandersetzungen zwischen den Kuomintang und den Kommunisten. Neben den Reportagen zeigen die Theaterstücke „Barabas“ und „Atlantikhafen“ Griegs literarischen Werdegang nach. Zwei Jahre, von 1933-1935, war Grieg in Moskau. Er war nicht der einzige „westliche Intellektuelle“, dem die wahren Vorgänge in der damaligen Sowjetunion verborgen blieben. Der russische Schriftsteller Wladimir Lidin hat in literarischen Portraits auch das damalige Wirken Nordahl Griegs geschildert und vom persönlichen Charme berichtet.
Zurückgekehrt, gab Nordahl Grieg die Zeitschrift „Veien frem“ heraus und gewann immerhin solche nahmhaften Autoren wie Thomas Mann, Louis Aragon und Ilja Ehrenburg als Mitarbeiter. Thomas Mann kannte offensichtlich die Kriegsreportagen von Grieg, u. a. auch dessen Buch „Die jungen Toten“ über Lord Byron, Keats, Shelley und den jungen Toten des ersten Weltkrieges Owen, Brooks und Sorley. Weitere Theaterstücke wurden ins Deutsche übersetzt, u. a. „Unsere Ehre und unsere Macht“ und die Niederlage. Nach letzterem hat Bert Brecht seinen Gegenentwurf „Die Pariser Kommune“ geschrieben. In dem Roman „Und die Welt bleibt jung“ sind diese Jahre verarbeitet.
1937 sieht man Nordahl Grieg im Spanischen Bürgerkrieg als Kriegsberichterstatter. 1940 heitatet er die Schauspielerin Gerd Grieg, die lange Zeit am Nationaltheater gearbeitet hatte. Nordahl erzählt ihr, dass nicht nur der grönländische Apostel Egede zu ihren Vorfahren zu rechnen ist, sondern auch einer von Garibaldis Freiheitskämpfern. Gerd Grieg schrieb eine Biografie „Slik jeg kjente hem“, übrigens wie auch ihr Schwager Harald „Nordahl, mein Bruder“. Nordahl Grieg war an der Rettung des norwegischen Kornschatzes beteiligt und flog damit nach Englang, kurz bevor die deutschen Truppen in das Gebiet einrückten. Als sie Nordahls Bericht über diese unter Lebensgefahr vonstatten gegangene Rettung las, meinte sie : „Das ist aber garnicht spannend“, worauf sie zur Antwort bekamm : „Es war aber nicht spannender“. Das Ehepaar arbeitete im Widerstand, und Harald Grieg hat in Kriegszeiten die Verlagsleitung an einen Sohn von Knut Hamsum abtreten müssen. Und dies, obwohl Harald Grieg den deutschfreundlichen Knut Hamsun stets gefördert hatte. Während Gerd Grieg u. a. in den USA als Filmschauspielerin ihr Auskommen fand, war Nordahl rastlos unterwegs, ob von Jan Meyen aus oder von Island. Zu den patriotischen Kampffliegern zählte damals auch der amerikanische Nobelpreisträger William Faulkner.
Nach Kriegsende erlangte Harald Grieg die Leitung des Gyldendahr-Norsk-Verlages wieder zurück, bald erschienen die gesammelten Werke seines Bruders, obwohl auch später noch Gedichtbände folgten. Das Leben und vor allem das Werk Nordahl Griegs hat so manchen Biografen bis heute beschäftigt. In Deutschland hat man sich besonders in der DDR dem Schaffen Griegs zugewandt, auch in Jena. Und der dortige Lektor Horst Bien hat weitere Gedichte übersetzt, wobei es schwer fiel, außer dem Text auch die innere Glut zu übertragen. Später wurde die Nordistik in der DDR in Greifswald zusammengezogen und einge der Werke, z. B. die Theaterstücke, publiziert. Eine weitere kontinuierliche Beschäftigung in deutschen Landen mit den Werken Nordahl Griegs steht allerdings noch aus.
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