ifo-Präsident Fuest fordert bei Euro-Reform Balance zwischen Solidarität und Marktdisziplin

Frankreichfahne, Foto: Stefan Groß

Der ifo-Präsident Clemens Fuest sieht eine „Schlagseite“ in der deutsch-französischen Erklärung zur Reform der Eurozone. „Solidarität und Umverteilung werden ausgebaut, aber die Auflagen werden aufgeweicht“, kritisierte er in Berlin. „Grundsätzlich ist es richtig, bei den Euro-Reformen mehr Solidarität mit mehr Marktdisziplin zu kombinieren, wie wir im Reformkonzept der deutsch-französischen Ökonomengruppe vom Januar geschrieben haben. Jetzt droht eine Schlagseite: Ob es bei überschuldeten Ländern tatsächlich zur Schulden-Restrukturierung kommt, ist zweifelhaft, weil die Banken in vielen Ländern nach wie vor in großem Umfang heimische Staatsanleihen halten, auch in Deutschland. Ein Ausfall würde zu einer Bankenkrise führen. Deshalb ist das geplante Insolvenz-Verfahren für Staaten nicht wirklich glaubwürdig. Eine Balance zwischen Solidarität und Marktdisziplin wird nur dann erreicht, wenn das Zurückschrauben des Engagements der Banken in heimischen Staatsanleihen in die weiteren Verhandlungen einbezogen wird.“

In der Meseberger Erkärung schlagen Frankreich und Deutschland ein Investitionsbudget für den Euroraum, finanzielle Unterstützung für die Bankenunion durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und neue ESM-Kreditlinien für Mitgliedstaaten vor, mit weniger Auflagen als bisher. „All dies sind Maßnahmen zur Ausweitung der Solidarität und zur Absicherung von Banken und Staaten im Fall von Krisen“, sagte Fuest. Außerdem wird betont, dass Krisenstaaten nur dann Hilfen erhalten sollen, wenn sie nicht überschuldet sind. Bei überschuldeten Staaten soll es zunächst einen Schuldenschnitt geben. Das soll durch veränderte Klauseln bei Staatsanleihen (Collective Action Clauses) erleichtert werden, der ESM soll zwischen privaten Gläubigern und Pleitestaaten vermitteln. Das soll die Abwälzung der Kosten überhöhter Verschuldung auf Steuerzahler anderer Länder verhindern und die Disziplinierung der Fiskalpolitik durch die Kapitalmärkte stärken. „Es handelt sich um Grundzüge eines Insolvenzverfahrens für Staaten“, sagte Fuest.

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