– Das ifo Institut fordert, dass die EU die US-amerikanischen Vorschläge zur Schaffung einer multilateralen Freihandelszone aufgreift. Die Vorschläge sind aus Sicht von ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr eine Chance, den Handelskonflikt zu beenden. Er erklärt: „Die EU-Spitzen Juncker und Tusk sollten bei ihrem Treffen am kommenden Mittwoch mit US-Präsident Trump die Beleidigungen der letzten Tage vergessen und die Aufnahme von ernsthaften Verhandlungen anbieten.“
Hintergrund der Diskussion sind Äußerungen des US-Finanzministers Steven Mnuchin, der beim Finanzministertreffen der G-20-Staaten in Buenos Aires ein Freihandelsabkommen zwischen den G-7-Staaten, und mithin zwischen der EU, Kanada, Japan und den USA, ins Spiel gebracht hat.
„Das ist ein Angebot, das die EU unbedingt aufnehmen muss“, sagt Felbermayr und ergänzt: „Man kann nicht den amerikanischen Protektionismus mit Gegenzöllen geißeln, um den weltweiten Freihandel zu retten, und sich einer solchen Initiative verweigern.“
Es gehe den Amerikanern um Industrie- und Agrargüter und explizit nicht um Dienstleistungen und Investitionsschutz – Themen, die während der TTIP-Verhandlungen besonders umstritten waren. Mnuchin verlangt auch einen Abbau von Subventionen und von „anderen Handelsschranken“, wobei nicht ganz klar ist, was mit Letzteren genau gemeint ist.
Die ökonomische Rechtfertigung eines solchen Abkommens ist aus Sicht von Felbermayr wie zu TTIP-Zeiten sehr überzeugend. Statt in einen schädlichen Handelskrieg zu laufen, könnte ein solches Abkommen positive BIP-Effekte von langfristig ca. 2% in der EU und den USA bewirken.
Europa müsse die eigenen protektionistischen Neigungen überwinden, vor allem in der Landwirtschaft, und dem vorgeschlagenen Freihandelsabkommen zustimmen. Das Gute dabei: Man muss nicht bei null anfangen. Zwischen der EU und den USA wurde drei Jahre lang über Zölle verhandelt, und zwar durchaus erfolgreich. Die USA haben mit Japan Verhandlungen zum Transpazifischen Partnerschaftsabkommen sogar abgeschlossen; Trump hat die Ratifizierung in letzter Minute gestoppt. Und die EU hat mit Japan und Kanada bereits Abkommen.
Ein erfolgreiches plurilaterales Abkommen könnte sogar den Anstoß zu einer Modernisierung der WTO bringen und andere Länder – allen voran China – unter Druck setzen, ebenfalls Barrieren abzubauen. Und als charmanten Nebeneffekt könnte man sogar das Vereinigte Königreich, im Falle eines harten Brexit, als unabhängiges Mitglied in die neue Freihandelszone integrieren, erklärt Felbermayr.
Der erste Schritt wäre die zügige Aufnahme von Sondierungsgesprächen. Diese sollten nicht, wie Frankreich dies fordert, von der Aufgabe der amerikanischen Stahl- und Aluminiumzölle abhängig gemacht werden.