Viele Parteistrategen beschäftigen sich mit der Frage, ob es ihrer Partei nutzt, wenn man programmatisch für Interessen eintritt, die der eigenen Wählerklientel nicht wichtig sind. Wir haben das im INSA-Meinungstrend zuletzt einmal gezielt abgefragt. Immerhin jeder vierte Befragte (24 Prozent), der derzeit eine Partei sicher nicht wählen würde, änderte seine Wahlabsicht zugunsten dieser Partei, wenn sie sich für seine Interessen einsetzte. Bei knapp jedem Zweiten (47 Prozent) würde das am Wahlverhalten nichts ändern. Trotz des Konjunktivs bei der Fragestellung, ist das Ergebnis doch aufschlussreich: Parteien können mit entsprechenden Inhalten Wähler gewinnen, die sie derzeit sicher nicht wählen würden. Je jünger die Befragten (von 15 Prozent bei den über 70-Jährigen bis zu 35 Prozent bei den unter 30-Jährigen), desto häufiger erklären sie, dass sie im Blick auf die Interessenwahrnehmung durch eine andere Partei ihre Wahlabsicht ändern würden.
Aufschlussreich ist die Analyse der Befragten nach Wahlabsicht. Gut jeder fünfte Grünen-Wähler (21 Prozent) würde seine Wahlabsicht ändern, wenn eine andere Partei Inhalte verträte, die seinen Interessen eher entsprechen. Unter den Unions- (23 Prozent) und SPD-Wählern (24 Prozent) sagt das fast jeder Vierte, unter den AfD-Wählern fast jeder Dritte (30 Prozent). Die Behauptung, man könne die Bevölkerung nicht mit Inhalten überzeugen, ist falsch. Zwar ist eine Mehrheit festgelegt und lässt sich auch von als richtig erkannten Positionen anderer Parteien nicht für diese überzeugen, aber es gibt starke Minderheiten in allen Wählergruppen und insbesondere in den jüngeren Altersgruppen, die sich durch die Inhalte überzeugen lassen. Wer also ausschließlich Politik für die eigene Wählergruppe macht und nicht über den eigenen Tellerrand hinausdenkt, springt ganz offensichtlich zu kurz.