„Verstummte Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die Juden 1876 bis 1945“ heißt eine Ausstellung, deren Stelen seit 2006 im Park des Bayreuther Festspielhauses „unter Aufsicht“ Richard Wagners (als Denkmal) stehen. Bisher wurde sie von mehr als 100 000 Besuchern wahrgenommen.
Unter den jüdischen Mitwirkenden der Bayreuther Festspiele ist der Dirigent der Uraufführung des „Parsifal“ 1882: Hermann Levi (1839 – 1900). Er gehört in die Reihe jüdischer und anderer missliebiger Künstler, die ausgeschlossen werden sollten oder wurden, um das Wagner-Bayreuth in reinem arischen Licht erstrahlen zu lassen. Ludwig II. hatte Wagner gezwungen, seinen jüdischen Münchner Hofkapellmeister als „Parsifal“-Dirigenten zu verpflichten. Das Große an ihm sei, so Cosima Wagner, sein „individueller Verdienst“, das Schlechte aber gehöre seinem Stamm an. „Ich bin Jude“, sagte Levi, als er nach 12 Jahren Arbeit 1894 in Bayreuth zurücktrat, „… so findet man auch in allem, was ich sage, etwas Anstößiges …“.
25 Jahre war Levi, der in Karlsruhe Wagners „Meistersinger“ zur Erstaufführung brachte, Münchner Hofkapellmeister. Ab 1877 hatte er München zur ersten Adresse für Wagner-Oper gemacht. Grund genug, das Andenken dieses Mannes zu würdigen, dessen von den Nazis demolierte Grabstätte in Garmisch-Partenkirchen neu zu gestalten und seinen Namen an die Akademie eines Orchesters zu binden, das allen Grund hat, den Ur-Vorgänger seines jetzigen Leiters dem Vergessen zu entreißen.
Was zu Levis 120. Geburtstag aus Pandemie-Gründen unmöglich war, wurde nun nachgeholt – mit einem hochkarätig besetzten Gedenkkonzert im Rahmen der Münchner Opernfestspiele `21 im Prinzregententheater. Unter GMD Kirill Petrenkos inspirierter Stabführung spielte die Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters Wagners „Siegfried-Idyll“, das ganze Orchester kam mit Werken von Brahms (Tragische Ouvertüre), Mozart (Fiordiligi-Arie, gesungen von Johanni van Oostrum), Bruch (Emanuel Graf am Violoncello von „Kol Nidrei“) und Mendelssohn Bartholdy (Ouvertüre zu Ruy Blas) zum Zug. Das voll besetzte Haus spendete herzlichen Beifall. An den „Genius seiner Zeit, aber von vielen Menschen vergessen“, erinnerte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern“ eindrucksvoll des um Münchens Kultur hochverdienten Hermann Levi. Sie hoffte, dass „Vergessen und Verschweigen … einer der bedeutendsten Dirigenten des 19. Jahrhunderts vorbei“ seien und die „Unsichtbarkeit von Hermann Levi endgültig der Vergangenheit“ angehöre.
Text und Fotos von Hans Gärtner