Heribert Prantl spricht in Tutzing von einer „Mahnung in digitalen Zeiten“

tutzing midgardhaus löwen bayern, Quelle: Letiha, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig

Der Nürnberger Bildhauer Sebastian Hertrich hat an der Evangelischen Akademie Tutzing den Phönix-Kunstpreis für Nachwuchskünstler erhalten. In seiner Laudatio auf den Preisträger lobte der Journalist und Jurist Heribert Prantl Hertrichs Werk als eine „Mahnung in digitalen Zeiten“. Stifter des Preises ist der Tutzinger Unternehmer Richard von Rheinbaben.

„Die Werke von Sebastian Hertrich haben mir Fluch und Segen der Digitalität näher gebracht als Paragrafen und Fachaufsätze“, sagte Prof. Dr. Heribert Prantl in seiner Laudatio auf den Künstler. Hertrichs Arbeiten seien „kühl und packend zugleich“ und begeisterten „durch ihre Intensität und ihre binäre Emotionalität“.

Prantl wertete die Kunst des Nürnberger Bildhauers als eine „Mahnung in digitalen Zeiten“ und eröffnete eine inhaltliche Parallele zum fünfzigjährigen Jubiläum des Datenschutzes. Er erinnerte damit an das hessische Datenschutzgesetz, das am 13. Oktober 1970 als erstes Datenschutzgesetz der Welt in Kraft getreten sei. In den heutigen Zeiten, in denen Daten als das „Öl des 21. Jahrhunderts“ gelten, sei das Recht auf Privatsphäre „notleidend“ geworden und das Internet zum „Entblößungsmedium“ verkommen. Staat, Privatwirtschaft und Nutzer zeigten kaum Schuldbewusstsein für das „Verhutzeln“ der Privatsphäre zu einem „angeblich unzeitgemäßen Ding“.

Aus der früheren Datenaskese sei eine Datenekstase geworden, so Prantl. Die unbekümmerten Nutzer sozialer Netzwerke vergäßen, dass sie „diese Dienste mit ihren Daten bezahlen“. Dennoch dürfe nicht in Vergessenheit geraten, dass dieses unbekümmerte Nutzen nicht automatisch Datendiebstahl und Überwachung legitimiere. Darüber hinaus seien die „Internet-Exhibitionisten noch lange nicht ‚die Gesellschaft‘“.

Demokratie brauche geschützte Räume, sagte Heribert Prantl. Damit der Mensch seine Bequemlichkeit und Lethargie überwinden könne und Sensibilität gegenüber seinem eigenen digitalen Nutzerverhalten entwickle, brauche es „die Kunst, die Gefühle anspricht und Bilder vor Augen hält.“ Das bildhauerische Werk von Sebastian Hertrich sei insofern als „eine Mahnung in digitalen Zeiten“ zu verstehen und „große Kunst“.

Der 34-jährige Künstler hatte sich in dem Wettbewerb mit 326 Einsendungen von internationalen Künstlerinnen und Künstlern durchgesetzt. In der Begründung der Jury des Phönix-Kunstpreis heißt es: „Sebastian Hertrichs Werke faszinieren auf den ersten Blick – die zeitlose Ästhetik, ihre räumliche Präsenz und die ungewöhnliche Farbigkeit sind umwerfend. Der zweite Blick offenbart überraschende Materialien.“ Glitzernde Computerplatinen und transparentes Acrylglas „sind meisterhaft verarbeitet und verweisen auf die kritische Auseinandersetzung des Bildhauers mit den Verheißungen der Digitalisierung“.

Hertrich wurde in Haale (Saale) geboren und absolvierte in Oberammergau eine Ausbildung zum Bildhauer bevor er an der Bauhaus-Universität Weimar Freie Kunst studierte. In seiner Dankesrede erinnerte er an Etappen seiner „inoffiziellen Biografie“: als Pizzabäcker, Stromzählerableser, Weihnachtsbaumverkäufer oder Arbeiter im Trockenbau. Künstler zu sein bedeute oft auch, im Niedriglohnsegment beschäftigt zu sein. Ohne Förderer sei Kunst „nichts“. Aus diesem Grund freue er sich enorm, die Auszeichnung entgegenzunehmen.

Der Phönix-Kunstpreis wird seit 2005 von der Eurobuch GmbH vergeben. Stifter des Preisgeldes in Höhe von 20.000 Euro ist der Tutzinger Unternehmer Richard von Rheinbaben. Seit 2014 wird der Preis zusammen mit der Evangelischen Akademie Tutzing verliehen.

Einen Kurzfilm von Itzik Yehezkeli über den Preis und den diesjährigen Preisträger können Sie über diesen Link abrufen.

Zur Website des Phönix-Preises gelangen Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung der Evangelischen Akademie Tutzing

Finanzen

Über Autor kein 3297 Artikel
Hier finden Sie viele Texte, die unsere Redaktion für Sie ausgewählt hat. Manche Autoren genießen die Freiheit, ohne Nennung ihres eigenen Namens Debatten anzustoßen.