Friedrich August von Hayek (1899 – 1992) – vor 80 Jahren erschien sein populärstes Werk „Der Weg zur Knechtschaft“

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Friedrich August von Hayek zählt nach Expertensicht mit John Maynard Keynes und Paul Friedman zu den bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Sein Werk „Der Weg zur Knechtschaft“ wurde vor 80 Jahren veröffentlicht und hat mittlerweile eine Gesamtauflage von mehr als 2 Millionen Exemplaren. Er war einer der frühesten und fundierten Kritiker des Totalitarismus und des sowjetischen Sozialismus. Die jahrzehntelange despotische und diktatorische Herrschaft von Wladimir Putin ist das Vollbild dessen an Destruktivität, die von Hayek so leidenschaftlich bekämpft hat. Von Hajek war weiterhin Sozialphilosoph. Als politischer Philosoph gilt er als einer der wichtigsten Denker des Liberalismus im 20. Jahrhundert.

Kurzes biografisches Porträt

Friedrich August von Hayek wurde am 8. Mai 1899 in Wien geboren. Sein Vater war Arzt und stammte aus einer böhmischen Adelsfamilie. Seine Mutter hieß Felicitas von Juraschek und gehörte zu einer wohlhabenden Familie. Sie war Cousine zweiten Grades des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Beide Großväter waren Akademiker. Franz von Juraschek, der Großvater mütterlicherseits, war führender Ökonom in Österreich-Ungarn. Von Hajek lebte bis zum 32. Lebensjahr in Wien, dann in London, Chicago, Freiburg und Salzburg. Er war zweimal verheiratet. Mit 51 Jahren ließ er sich scheiden und heiratete seine Cousine Helene Bitterlich. Dies führte an der Londoner School of Economics zu einem Skandal. Kurz danach wechselte er an die University of Chicago. Die letzten Stationen seines Lebens waren Freiburg, Salzburg und wieder Freiburg, wo er starb. Er ist in Wien auf dem Neustifter Friedhof begraben.

Akademische Karriere

Nach dem Abitur hat von Hayek an der Universität Wien Philosophie, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Er promovierte 1921 in Rechtswissenschaften und 1923 in Politikwissenschaft. Sein Studium und die beiden Promotionen verdeutlichen bereits sein weit gespanntes Interessensgebiet, das bis zu seinem Lebensende von ihm aktiv gelebt wurde. Als Ökonom wurde er weltbekannt und erhielt 1974 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Von 1931 bis 1950 war er Professor an der renommierten London School of Economics. Dann wechselte an die University of Chicago (1950 – 1962), wo er eng mit dem Ökonomie-Nobelpreisträger Milton Friedman zusammenarbeitete. Es folgte von 1962 bis 1969 eine Professur in Freiburg und schließlich von 1969 bis 1977 in Salzburg. Seinen Lebensabend verbrachte er in Freiburg.

„Der Weg zur Knechtschaft“ (1944)

Friedrich August von Hayek verbrachte die Zeit des Zweiten Weltkrieges in London. Dort schrieb er in den Kriegsjahren 1940 bis 1943 sein populärstes Buch „Der Weg zur Knechtschaft“. Das etwa 250 Seiten umfassende Buch enthält eine Kritik am Totalitarismus und am sowjetischen Sozialismus. Als Ökonom vertrat er einen fundamentalen Marktliberalismus. Er war damit ein Gegenspieler des ebenfalls sehr bekannten britischen Ökonomen John Maynard Keynes. Sie lebten zu dieser Zeit beide in London. Seine zentrale These war, dass staatliche Kontrolle von wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen und zentrale Planungen von Regierungen die Produktivität lähmen. Außerdem hätten sie ein erhebliches Gefährdungspotential, weil dadurch Diktatoren und Tyrannen zu viel Macht erhalten können und dann eine repressive Gesellschaft schaffen. Die Individuen werden dadurch zu Leibeigenen und Knechten. Deshalb der deutschsprachige Titel „Der Weg zur Knechtschaft“. Von Hajek warnte also vor dem Sozialismus und vor Faschismus mit ihren Planwirtschaften und ihrer gescheiterten Ideologien. Die Bürger des Staates werden dadurch entmündigt, kontrolliert und beherrscht. Was verloren geht, sind Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie.

Die Gefahr, vor der von Hajek so leidenschaftlich warnte, ist ein diktatorisches, tyrannisches und repressives Herrschaftssystem, das genau die Grundcharakteristika eines Staates hat, wie ihn der derzeitige russische Präsident Wladimir Putin geschaffen hat. Geistreicher hätte man vor Putin nicht warnen können. Insofern kann man Veronika Grimm, Stefan Kolev und Jens Weidmann nur zustimmen, die kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihre Leser aufforderten: „Darum sollte man Hayek wieder lesen.“ (Grimm, Kolev, Weidmann 2024).

Bemerkenswerte Publikationsgeschichte

Von Hajek hat sein Werk in den Kriegsjahren 1940 bis 1943 in London geschrieben. Unter dem Titel „The Road to Serfdom“ erschien es im März 1944 im Verlag Routledge in London und im September 1944 in den Vereinigten Staaten in der University of Chicago Press. Als von Geburt deutschsprachiger Österreicher wollte von Hajek natürlich auch eine deutschsprachige Ausgabe. Dies gestaltete sich schwierig. Für die Publikation im Nachkriegsdeutschland war eine Lizenz der alliierten Besatzungsbehörden erforderlich. Diese wurde verweigert – aus Rücksicht auf den sowjetischen Diktator Josef Stalin. Die allzu deutliche Kritik am sowjetischen Sozialismus ließ die westlichen Besatzungsmächte zögern und zaudern. Sie wollten den verbündeten russischen Diktator Stalin nicht verärgern. Ähnliche Vermeidungsprozesse scheinen sich in der Gegenwart zu wiederholen!

Die Lösung bestand schließlich darin, dass die deutsche Übersetzung in der neutralen Schweiz erschien, im Eugen-Rentsch-Verlag in Erlenbach bei Zürich. Nach dem Tod von Josef Stalin gab es irgendwann auch eine russische Übersetzung. Bei der Verleihung des Wirtschafts-Nobelpreises an von Hajek in Stockholm im Dezember 1974 traf er dort den Literaturnobelpreisträger und Dissidenten Alexander Solschenizyn, der wegen seiner Ansichten viele Jahre in einem sowjetischen Straflager verbringen musste. Dieser hatte die Knechtschaft erlitten, vor der von Hajek warnte. Der preisgekrönte Autor schenkte bei der Begegnung in Schweden seinem russischen Nobelpreis-Kollegen die russische Übersetzung seines Werkes.

Neue Biografien über Friedrich August von Hajek zum seinem 30. Todestag

Am 23. März 2022 war der 30. Todestag von Friedrich August von Hajek. Anlässlich dieses Gedenkjahres erschienen zwei neue lesenswerte Biografien über ihn.  Bruce Caldwell und der österreichische Ökonom Hansjörg Klausinger verfassten eine umfassende Biografie (824 Seiten) über von Hajeks erste 50 Lebensjahre in englischer Sprache. Im selben Jahr erschien von Alexander Linsbichler das Buch „Viel mehr als nur Ökonomie. Köpfe und Ideen der österreichischen Schule der Nationalökonomie.“ Von Hajek und ein biografisches Porträt seines Lebens und Werkes bilden darin ein Hauptkapitel.  Diese beiden Neuerscheinungen können interessierten Lesern einen neuen Zugang zum Werk von Hajek erleichtern.

Literatur

Caldwell, Bruce, Klausinger, Hansjörg (2022), Hajek. A Life: 1899 – 1950. Chicago: University of Chicago Press

Grimm, Veronika, Kolev, Stefan, Weidmann, Jens (2024), Darum sollte man Hajek wieder lesen. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. März 2024

Hajek von, Friedrich August (2014), Der Weg zur Knechtschaft. Reinbek/München: Lau-Verlag, OLZOG Edition

Linsbichler, Alexander (2022), Viel mehr als Ökonomie. Köpfe und Ideen der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Wien: Böhlau

 

Korrespondenzadresse:

Professor Dr. med. Herbert Csef

Email: herbert.csef@gmx.de

 

Über Herbert Csef 150 Artikel
Prof. Dr. Herbert Csef, geb. 1951, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker. Studium der Psychologie und Humanmedizin an der Universität Würzburg, 1987 Habilitation. Seit 1988 Professor für Psychosomatik an der Universität Würzburg und Leiter des Schwerpunktes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums. Seit 2009 zusätzlich Leiter der Interdisziplinären Psychosomatischen Tagesklinik des Universitätsklinikums. Seit 2013 Vorstandsmitglied der Dr.-Gerhardt-Nissen-Stiftung und Vorsitzender im Kuratorium für den Forschungspreis „Psychotherapie in der Medizin“. Viele Texte zur Literatur.