Ein Blick von außen auf die deutschen Zustände

Das triste Bild des Landes ist nicht mehr zu übersehen

deutschlandfahne banner fahne flagge rot gold, Quelle: moritz320, Pixabay License Frei zu verwenden unter der Pixabay-Lizenz Kein Bildnachweis nötig

Das EM-Spektakel ist vorüber. In den Medien stehen die Berichte und Kommentare zum Attentat auf Trump und dem Wahlsieg der um Trump gescharten Republikaner obenan. Trumps wahrscheinlicher Triumph passt nicht ins Bild der deutschen Meinungsbildner. Was die Zustände in Deutschland betrifft, schärft ein Blick von außen die Wahrnehmung der weithin negierten Wirklichkeit.

I.

Naturgemäß überlagerten zum Wochenbeginn die Berichte zum blutig gescheiterten Attentat auf Trump alle anderen Nachrichten, einschließlich der Kommentare zum Endspiel der Europameisterschaft. In den seitenfüllenden Berichten der FAZ (v. 15.07.2024) war über den Verlauf des Attentats und das Innenleben des um Haaresbreite „erfolgreichen“, von den Sicherheitsleuten erschossenen „mutmaßlichen“ (juristisch-journalistische Pflichtformel) Mordschützen nichts Neues zu erfahren. Mit Ausnahme eines tiefgründigen Aufsatzes von Peter Graf von Kielmannsegg zum Vermächtnis des 20. Juli 1944 wäre die morgendlicheZeitungslektüre – insbesondere auch das Feuilleton – den Zeitaufwand wieder einmal kaum wert gewesen.

Den Sportteil überfliege ich seit langem nur mit kursorischem Desinteresse. Die Helden meiner Kindheit und Jugend sind längst vergessen und/oder gestorben. Im Lauf der Jahre versiegte mein patriotisches Interesse an der deutsche „Nationalmannschaft“, auch an deutschen Siegen bei den Olympischen Spielen. Das „Sommermärchen“ von 2006 verfolgte ich nur mit größtmöglicher Distanz, zog allerdings noch – mehr aus Freundschaftsgründen denn aus Begeisterung – in die beflaggten Kneipen. Bei dem korrupten Spektakel in Qatar im Dezember 2022 ärgerte ich mich über Faesers provokant peinlichen Auftritt und registrierte mit Genugtuung das frühe „Aus“ der namenlosen, zu PC-Gesten genötigten „Mannschaft“. Ich gestehe jedoch, dass ich in den letzten Wochen – zunächst wiederum mehr aus freundschaftlicher Verpflichtung denn aus Interesse – ein paar EM-Spiele auf TV angesehen habe. Und in der Tat: die spieltechnische Genauigkeit der Spanier, die Akrobatik von Spielern wie Yamal,Williams, Musiala oder Bellingham bereiteten ästhetisches Vergnügen. Die Enttäuschung Harry Kanes und seiner Leidensgenossen erregte mein Mitgefühl.

II.

Beim Durchblättern der Zeitung stieß ich auf die Kommentare aus dem Ausland zum Ausklang der Fußball EM 2024. Ins Auge fiel die Überschrift „Frankreich. Altmodische Züge, dreckige Straßen“. Das erweckte mein Leseinteresse, auch wenn ich die ICC-Züge nicht so sehr als altmodisch, sondern das Reisen mit der Deutschen Bahn AG seit Jahren nur als qualvoll erfahre.

Zur französischen Wahrnehmung wird der langjährige Redakteur der Sportzeitschrift „LÉquipe“ zitiert: „Dass die Züge altmodisch, langsam und unpünktlich sind, war bekannt, aber dass die Sauberkeit auf den Straßen nicht mehr vorhanden ist, sowie die Tatsache, dass man so viele Obdachlose auf der Straße sieht, hat mich schon überrascht.“

Nichts könnte die triste Gegenwart dieses unseres progressiven, diversen und weltoffenen Landes schärfer abbilden als dieser Satz eines Beobachters von außen. Wer als Bürger mit offenen Augen durch die Städte – und durch die politische Landschaft – der „erweiterten Bundesrepublik“ (dixit post 1990 J.H.) – geht, den kann schon seit langem – spätestens seit der Ära Merkel – nichts mehr überraschen. (Siehe dazu auch meinen Artikel aus dem Jahr 2022:   https://www.tabularasamagazin.de/zur-aesthetik-des-muells-in-der-hauptstadt-und-anderswo/)

 

Quelle: Globkult

Über Herbert Ammon 94 Artikel
Herbert Ammon (Studienrat a.D.) ist Historiker und Publizist. Bis 2003 lehrte er Geschichte und Soziologie am Studienkolleg für ausländische Studierende der FU Berlin. Seine Publikationen erscheinen hauptsächlich auf GlobKult (dort auch sein Blog https://herbert-ammon.blogspot.com/), auf Die Achse des Guten sowie Tichys Einblick.