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Auf der ersten Seite des FAZ-Feulletons (v. 21.,01.2025) stellen sich ein dort seit längerem präsentes Autorenpaar, er israelischer, sie palästinensischer Herkunft, als Mitwirkende bei der Auswahl von „Unwort des Jahres 2024“ vor. Am Tage der Bekanntgabe des Wortes „Biodeutsche“ als „Unwort“ schrieb Herber Ammon nachfolgenden, in einigen Passagen für TabulaRasaMagazin aktualisierten Kommentar.
Ehedem ließ ich mich von Radio 3 Kultur auf RBB (Radio Berlin-Brandenburg) zum Frühstück mit Zeitung mit klassischer Musik für den Tag rüsten. Schon ehe der RBB durch Postenschacher, Bereicherung und Misswirtschaft für Aufregung sorgte, hatte ich mich, genervt von ständigen Unterbrechungen durch gründeutsche „Kulturnachrichten“, auf das morgendliche Programm von BR Klassik umorientiert, wo mehr Musik und weniger Politkommentare zu erwarten sind.
Meine Erwartung wurde am Morgen des 14.Januar 2025 widerlegt: Als erste Information der stündlichen Nachrichtensendung mussten wir Hörer (m/w/d) vernehmen, dass eine Jury in Marburg die Bezeichnung „Biodeutsche“ zum „Unwort des Jahres“ erklärt habe. Laut Wikipedia handelt es sich bei der „Unwort-Aktion“ um eine Gruppe von fünf Leuten, die sich von der von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) abgespalten hat. Die Fünfergruppe kooptiert alljährlich zwei Personen des öffentlichen Lebens als beratende Mitglieder. Der „Cicero“-Redakteur Mathias Brodkorb, ehedem SPD-Kultusminister von Mecklenburg-Vorpommern, zweifelt an der demokratischen Legitimität der Gruppe, da sie nicht von Fachgesellschaften bestellt worden sei. (https://de.wikipedia.org/wiki/Unwort_des_Jahres_(Deutschland)
Selbstverständlich geht es den fünf „Unwort“-Detektiven (drei Frauen, zwei Männer) und ihren beiden Wortfindungsgehilfen um den Schutz demokratischer Werte vor diskriminierendem Sprachgebrauch. Diese Zielvorgabe könnte zu dem Irrtum verleiten, die von Journalisten im Umfeld der taz erfundene spöttische Bezeichnung „Biodeutsche“ ziele allgemein auf – als „rechts“ verdächtige und AfD-anfällige – Personen deutscher Herlunft, die es vor derlei diskriminatorischer Kennzeichnung zu schützen gelte. Schließlich sei nicht jede/r ethnisch deutsche Bürger (sc. -in) oder eben „Biodeutsche/r“ per definitionem „rechts“ gleich Nazi.
Falsch. Es geht den Sprachschützern um die demokratisch-moralisch unzulässige Unterscheidung von Ethno-Deutschen und deutschen Mitbürger/n/***Innen mit Migrationshintergrund. Auf die Frage, wieviele der Deutschen mit partiellem oder vollständigen Migrationshintergrund sich selbst als Angehörige des „deutschen Volkes“, mithin als „Biodeutsche“ betrachten, ohne sich diskriminiert zu fühlen, geht die „Unwort“-Jury nicht ein.
Da sich die Marburger Fünfer-Gruppe im Besitz der demokratisch reinen, id est besseren Moral weiß, ist nicht zu erwarten, dass sie sich Gedanken über den historisch-politischen Aspekt des derzeitigen und künftigen deutschen Staatsvolkes macht. Es sind bis auf weiteres die „Biodeutschen“, die – an jedem Gedenktag aufs neue zu Bewusstsein gebracht – die bedrückende, grauenvolle Last der deutschen Geschichte zu tragen haben. Von den meisten anderen, die noch „nicht so lange hier leben“, zu erwarten, dass sie sich mit dieser „deutschen“ Geschichte belasten, ist nicht anzunehmen.
Derlei Fragen stellen sich die biodeutschen Sprachpuristen lieber nicht. Aus ideologischer Bornierung übersieht die Marburger Gruppe auch, dass es sich in der deutschen Einwanderungsgesllschaft bezüglich der singulär „biodeutschen Geschichte“ und der deutschen Gedenkkultur um eine Generationsfrage handelt.
Bedürfte es eines Belegs für diese die deutsche Gesellschaft zentrale Problematik, so liefert ihn die von der Berliner SPD lange als Protagonistin von Multikultiur und Integration protegierte Sawsan Chebli,1978 als zwölftes Kind eines mehrfach ausgewiesenen und remigrierten Asylberwerbers aus dem Libanon in West-Berlin geboren, Die einstige Adlata von Bundespräsident Steinmeier, anschließend Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales in Berlin, rückte nach fragwürdigen Aussagen zum Gaza-Krieg etwas in den Hintergrund. Dieser Tage trat sie auf Instagram mit folgendem Appell an Mitmigranten hervor: „Bitte gebt nicht auf! Es ist auch euer Land. Demographie wird Fakten schaffen. Engagiert euch, erhebt eure Stimme – selbst wenn sie nicht hören wollen.“
Mit solcherlei Worten will sich weder unsere Politik noch unsere Intelligentsia noch die Marburger Sprachpolizei befassen.
https://www.globkult.de/kultur/medien/2435-die-deutsche-sprachpolizei-gibt-bekannt