Die „FAZ“ gewährte Sarah-Lee Heinrich, Bundessprecherin der Jungen Grünen, ein langes Interview. Darin entfaltet die Nachwuchspolitikerin ihr Konzept von „sozialer Gerechtigkeit“. Diese sei „der Grundstein für Klimaschutz oder eine solidarischeMigrationspolitik.“ Herbert Ammon glossiert das Programm der künftigen grünen Elite.
Die soziale Gerechtigkeit benennt Sarah-Lee – ohne die politische Konkurenz die geschrumpfte „Linke“ und die erfolgreiche, auf ihre spezifische Weise sozial orientierte AfD – zu bedenken, als Kernthema der Grünen. Ganz persönlich will sie, „dass es allen Menschen gut geht.“ Sie hat erkannt, dass Habecks – von seinem einstigen, nepotisch verbundenen Staatssekretär Glaichen ersonnenes – Wärmepumpenprogramm den Grünen bei den Menschen eine Menge Stimmen kostete. Es war offenkundig nicht sozial gernug.
Die Grünen, die bislang „immer noch von Menschen mit dem höchsten Bildungsabschluss“ (!) gewählt worden seien, müssten ihre Wählerbasis verbreitern und diejenigen erreichen, „die gerade Abstiegsängste haben“. Die sollten nicht länger „rechten Erzählungen nachlaufen“, sondern für die Grünen – nach Sarah-Lees Wunschvorstellung die Interessenvertreter der Mehrheit – gewonnen werden. „Deswegen gehört die Verteilungsfrage nach vorne.“
Für die grüne Nachwuchschefin ist „soziale Gerechtigkeit der Grundstein für Klimaschutz oder eine solidarische Migrationspolitik“. Den Einwand der Interviewerin, die Migration verschärfe die Verteilungsfrage, lässt sie nicht gelten. Wenn es beispielsweise an Wohnungen für 30 Leute fehle, „und dann kommt noch ein Geflüchteter dazu“, sei das kein Problem. „Man muss 30 Wohnungen bauen statt einen Menschen wegzuschicken.“
Sarah-Lee geht es um „gute Sozialpolitik“, um der AfD „damit den Nährboden zu entziehen.“ Nötig sei parallel zu einem „Sozialcheck“ ein „Klimacheck“ für den Klimaschutz, der wiederum – anstelle einer ungerechten CO2-Steuer – durch ein Klimageld erreicht werden könne. Die junge Grüne weiß natürlich, dass dies ohne Geld aus der Staatskasse nicht zu machen ist, deshalb hält sie die Schuldenbremse für „Quatsch“, ebenso Quatsch wie Nachsicht gegenüber den „Superreichen“. Der Koalitionsvertrag? Die Ampel habe es „schon mehrmals hingekriegt, sich darüber hinwegzusetzen.“ In diesem Punkt hat die junge Grüne ohne Frage recht.
Zu Sarah-Lees Kampf für globale soziale Gerechtigkeit gehört, allen geflüchteten Menschen „eine Bleibeperspektive zu ermöglichen“. Derlei Sinn für Gerechtigkeit unterscheidet die grüne Nachwuchspolitikerin von der Grünen-Vorstzenden Ricarda Lang, die jüngst – termingerecht vor den Hessen- und Bayernwahlen – „mehr Tempo“ bei Abschiebungen forderte. Sarah-Lee richtet den Blick – im Unterschied zu allen, die vermeinten, mit Stacheldraht den Fluchtursachen zu begegnen – auf die „globalen Probleme“. EU und Deutschland müssten sich fragen, „was sie eigentlich für eine gerechte Welt tun.“ Sie hat die Frage für sich bereits beantwortet.
Mit ihrer Vorstellung von „sozialer Gerechtigkeit“ verfügt Sarah-Lee Heinrich zwar noch nicht über ein ausgefeiltes Programm zur Lösung der globalen Zukunftsfragen. Immerhin verfügt sie über ein starkes Selbstbewusstsein und beherrscht die Phraseologie, die in diesem unseren Lande der politische Nachwuchs für seine Karriere benötigt.
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