„Die tristen Weltläufte verlangen einen (kurzen) Kommentar“, schreibt Herbert Ammon aus seinem Blog und fügt seinen allgemeinen Beobachtungen ein paar kritische Impressionen aus der Hauptstadt hinzu.
I.
Die Weltläufte verlangen einen (kurzen) Kommentar. In Stichworten:
1) Der sonst so protestantisch friedfertige Bundespräsident Steinmeier hält inzwischen – im Sinne der „Zeitenwende“ -, zur Abwehr des Aggressors Putin, zur siegreichen Beförderung von Frieden und Freiheit, den Einsatz von Streumunition als kriegstaugliches Instrument für gerechtfertigt.
2) Die großgründeutsche Moralverwaltung nimmt Anstoß an dem neuesten „Asylkompromiss“ der EU. Wir können folglich davon ausgehen, dass auch diese längst überfällige Vereinbarung zur Kontrolle des von kriminellen Schlepperbanden betriebenen Zustroms von „Geflüchteten“ in diesem unserem Lande ignoriert und/oder unterlaufen wird.
3) Entsetzen herrscht über die den Höhenflug der AfD in den Umfragen. Da es trotz einiger grünkritischer Ansagen von Friedrich Merz – und innerkoalitionären Querschüssen von Wolfgang Kubicki – keine wirkliche Opposition gegen die – in nahezu allen Bereichen realitätsferne – Politik der Ampel gibt, kann die AfD bis auf weiteres auf Verstärkung der „populistischen“ Stimmungslage rechnen.
Politische Folgen ergeben sich daraus kaum, solange die „Brandmauer“ gegen die Höcke-Partei hält. Offenkundig zielt auch Merz – wie ehedem schon seine Antipodin Merkel – auf eine Koalition mit den Grünen. Diese Zielrichtung lässt ein – in der FAZ z(v. 10.07.2023, S. 2) tielbewusst platziertes – Doppelinterview mit der Grünen-Kovorsitzenden Ricarda Lang) erkennen.
II.
Das ins Lokale zielende Thema meines Blog-Eintrags ist ein von Wolfgang Drechsler, dem stets lesenswerten Afrika-Korrespondenten des „Handelsblatt“ und neuerdings auch wieder des „Tagesspiegel“, angestoßenes Sujet: die Ästhetik der Hauptstadt Berlin.Drechsler schieb auf Facebook über seine Empfindungenn nach einem abendlichen Bummel vom AA – es heißt trotz grüner Purgationsmanie noch immer so – am Werderschen Makt über den Gendarmenmarkt und die „Linden“ zum Brandenburger Tor:
„Eigentlich bin ich kein Berlin-Fan und bin es nie gewesen. Und habe die Stadt länger gemieden. Aus so vielen Gründen… Aber dieser Abend, diese Fülle an Kultur auf engstem Raum, die verschiedenen Gesichter der Menschen, die schwermütige Musik am Tor, das so lange geschlossen war und diese Stadt trennte und jetzt dieser milchig-heiße Sonnenuntergang sind schon speziell…Und haben mich mit dieser schwierigen Stadt nun doch ein wenig versöhnt…“
Diese Sätze inspirierten mich zu folgender Replik:
„Ja, Berlin hat schöne, beeindruckende Örtlichkeiten – von der Museumsinsel über die weitläufigen Parks bis zu den Seen – , dazu weniger schöne und unübersehbar hinreichend abstoßende. Mehr als ärgerlich sind die als „Grafitti“ deklarierten, rücksichtslosen Schmierereien an ästhetisch ansprechenden Baulichkeiten, wie z.B. die mit gelbem Ton verklinkerten S-Bahn-Unterführungen. Kein Trost: In – fast – allen deutschen und westeuropäischen Städten sieht es nicht besser aus. – Am unangenehmsten in und an Berlin ist die unkritische Selbstgefälligkeit der Intelligenzija.“
Darauf Wolfgang Drechsler:
„Das trifft vieles sehr gut… Grade auch diese merkwürdige, ja erschreckende Selbstgefälligkeit, die ja auch die mir nie wirklich sympathisch gewordene Berliner Schnauze erklärt. Ein enger Freund schrieb mir eben dies zu Berlin, kurz nach seiner Rückkehr von einer dreiwöchtigen USA-Reise: ´Selbst uns Berliner verbindet mit dieser Stadt eine zwiespältige Liebe. Wirklich schön wie Venedig, historisch wie Nürnberg, romantisch wie Siena oder prachtvoll wie Sankt Petersburg ist sie nicht. Dem Berliner geht die Eleganz des Mailänders völlig ab; der Umgangston kann zwischen ruppig und komisch pendeln. Charmant mögen Franzosen wirken, Berliner eher wie Oger aus den Sümpfen. Die Dysfunktonalität der öffentlichen Verwaltung hält der Berliner für ein völlig normales und hohes Gut; ebenso lebensgefährliche Radwege, die sich eigentlich nur für 4x4s eignen. Trotzdem mögen wir diese sonderbare Stadt irgendwie. Das hochkonzentrierte und vielfältige Kulturangebot auf engstem Raum wissen wir zu schätzen. Immer wieder kommen wir gerne nach Berlin zurück. Kaum da, zieht es uns wieder fort…´“
Postscript:
Mein Blog-Eintrag vom 10.07. 2023 ist zwar schon wieder fast zwei Wochen alt, aber bis auf weiteres – bis zu einer kaum zu erwartenden „Wende“ in der Hauptstadt – zeitlos aktuell. Hinzuzufügen wäre in Teil: 1) die neuen markigen Sprüche gegen hormongesteuerte Freibad-Okkupanten 2) das Sommertheater um das Ehegatten-Splitting; in Teil II 1) das Bekenntnis des neuen Regierenden Kai Wegner zum Spektakel unter der biblischen Regenbogenfahne 2) die zahllosen Baustellen, die nicht nur Taxifahrer zur Verzweiflung treiben 3) die rücksichtslose Arroganz der naturgemäß „grünen“ Radfahrerinnen und R-.
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Herbert Ammon (Studienrat a.D.) ist Historiker und Publizist. Bis 2003 lehrte er Geschichte und Soziologie am Studienkolleg für ausländische Studierende der FU Berlin. Seine Publikationen erscheinen hauptsächlich auf GlobKult (dort auch sein Blog https://herbert-ammon.blogspot.com/), auf Die Achse des Guten sowie Tichys Einblick.
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