Vergangenes Jahr wurden Menschenrechtlern zufolge 975 Iraner hingerichtet

Fast 1000 Hinrichtungen im Iran: Die Morde haben Methode

iran flagge naher osten grunge nationalflagge, Quelle: Chickenonline, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig

Vergangenes Jahr wurden Menschenrechtlern zufolge 975 Iraner hingerichtet. Das Mullah-Regime nutzt Todesstrafen als Macht-instrument, um das Volk einzuschüchtern. Von Helmut Ortner.

Die Zahl der Hinrichtungen in Iran ist im vergangenen Jahr abermals stark angestiegen. Die in Oslo ansässige Organisation Iran Human Rights (IHR) und die französische Organisation ECPM haben in ihrem gerade erschienenen Jahresbericht 975 Fälle dokumentiert. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent und stellt den höchsten Wert dar, den die Organisation seit Beginn ihrer Aufzeichnungen im Jahr 2008 ermittelt hat. Mit 31 hingerichteten Frauen gab es 2024 auch den höchsten Frauenanteil seit Beginn der IHR-Aufzeichnungen. Zwei der Iraner, die 2024 hingerichtet wurden, seien im Zusammenhang mit den Massenprotesten nach dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini2022 bestraft worden, heißt es.

Die vielen Todesurteile sind ein erschütternder Beleg einer menschenrechtswidrigen Praxis der Revolutionsgerichte im Iran, die regelmäßig Todesurteile nach unfairen Gerichtsverfahren fällen, nachdem erzwungene ‚Geständnisse‘ als Beweismittel verwendet wurden. Die Organisation Iran Human Rights (IHR) geht davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist, da sie Hinweise auf weitere dutzende Hinrichtungen im Iran erhielten, die sie jedoch nicht ausreichend belegen konnten.

Schon im Januar hatte der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen, Volker Türk, sich besorgt über die steigende Zahl von Hinrichtungen im Iran geäußert. Ein UN-Bericht dokumentierte, dass allein in einer Woche im Dezember des Vorjahres mehr als 40 Hinrichtungen stattfanden.  Es sei „höchste Zeit, dass der Iran dieser immer weiter anschwellenden Flut von Hinrichtungen Einhalt gebietet“, so der Menschenrechtskommissar. Die Todesstrafe sei unvereinbar mit dem Grundrecht auf Leben und berge das inakzeptable Risiko, dass Unschuldige hingerichtet würden. die Todesstrafe langfristig abzuschaffen. Im iranischen Recht werden Straftaten wie Mord, Drogenhandel, Vergewaltigung und sexueller Missbrauch mit der Todesstrafe geahndet. Den UN-Angaben zufolge wurden im vergangenen Jahr die meisten Hinrichtungen wegen Drogendelikten vollstreckt. Todesurteile wurden aber auch gegen Dissidenten und Menschen vollzogen, die gegen das Mullah-Regime protestiert hatten.

Der Iran vollstreckt jährlich so viele Hinrichtungen wie kein anderes Land der Welt – dies gilt allerdings nur mit Blick auf öffentlich bekannte Fälle. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International geht nach eigener Darstellung davon aus, dass die Zahl der Exekutionen in China noch deutlich höher liegt. Für die Volksrepublik gibt es ebenso wie für Nordkorea keine verlässlichen Zahlen zur Anwendung der Todesstrafe.

 

Buchhinweis:

Vom Autor erschien

OHNE GNADE – Eine Geschichte der Todesstrafe

Nomen Verlag, Frankfurt,

230 Seiten, 22 Euro

 

Über Helmut Ortner 109 Artikel
Geboren 1950 in Gendorf/Oberbayern und aufgewachsen in Frankfurt am Main. Schriftsetzerlehre, anschließend Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main, Schwerpunkt Grafik-Design. Es folgt Wehrdienstverweigerung – und Zivildienst. Danach journalistische Lehrjahre: Redakteur, Chefredakteur (u.a. Journal Frankfurt, Prinz). Ab 1998 selbständiger Printmedien-Entwickler mit Büro in Frankfurt. Konzepte und Relaunchs für mehr als 100 nationale und internationale Zeitschriften und Zeitungen, darunter Magazine wie Focus, chrismon, The European und Cicero, sowie Tages- und Wochenzeitungen, u.a. Das Parlament, Jüdische Allgemeine, Frankfurter Rundschau, Allgemeine Zeitung, Wiesbadener Kurier, Darmstädter Echo, De Lloyd Antwerpen, NT Rotterdam sowie Relaunchs in London, Wien, Sofia, Warschau und Dubai. Zahlreiche Auszeichnungen (u.a. European Newspaper Award, Hall of Fame, CP Award Gold). Daneben journalistische Beiträge zu politischen und gesellschaftlichen Themen, veröffentlicht in div. Tageszeitungen und Magazinen. Erste Buchveröffentlichung 1975, seither mehr als vierzig Veröffentlichungen. Übersetzungen in bislang 14 Sprachen (2018). Zahlreiche Preise und Einladungen: Stadtschreiberpreis der Stadt Kelsterbach, Lesereise Goethe-Institut Südamerika, Teilnahme an Buchmessen in Havanna, Istanbul und Buenos Aires sowie Lit.Col. Köln 2017. Zuletzt Lesereisen nach Lissabon, Turin, Tokyo. Helmut Ortner lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und in Darmstadt. Er ist passionierter Radrennfahrer, Eintracht Frankfurt-Fan und Pat Metheny-Liebhaber.