Im Kunsthaus Apolda Avantgarde ist für den Zeitraum vom 09.01. bis 27.03.2011 die Ausstellung Helmut Newton mit Werken aus dem Museum der Moderne Salzburg, Leihgabe der Sammlung MAP, geöffnet. Für das www.kunsthausapolda.de und die Ausstellung entstand ein Katalog mit 144 Seiten. Der Preis beträgt 20 Euro. Für Konzeption und Realisierung zeichnen Dr. Andrea Fromm und Thomas Beege, Hamburg, verantwortlich. Veranstalter sind der Kunstverein Apolda Avantgarde e.V. und die Kreisstadt Apolda. Vor allem förderte die VR Bank Weimar eG dieses Projekt.
„Er wurde zur Ikone, indem er Ikonen schuf“, behauptet Thomas Beege bereits eingangs des mehrseitigen Flyer, der, ob der ungewöhnlichen Fotos, die Betrachter in ihren Bann zieht. Die Ausstellung in Apolda zeigt nur einen Teil der wahnsinnig umfangreichen Arbeit, die Widerspruch hervorrufen und geliebt wird. Karl Lagerfeld, der bereits in der Glockenstadt seine Visitenkarte im Rahmen eines Apolda European Design Awards hinterlegte und im Film Helmut Newton: Bilder aus einem gewagten Leben, D, 1989, neben Catherine Deneuve als Darsteller mitwirkte, schrieb: „Er hat auf seine Art die erotische Fantasie unserer Zeit verändert oder auf jeden Fall stark beeinflusst.“
Die Frau des Jahrzehnts, wenn nicht der Jahrzehnte, wird dominant, nie unterlegen oder erniedrigt (so Newton) dargestellt. Selbstbewusst, offenherzig, mutig, herausfordernd, sinnlich, faszinierend und stark kommen sie in den Bildern Newtons daher – hinterlassen bleibend ihre Spuren.
Was ist anstößig? Was bedeutet Nacktheit? Was wäre als obszön zu bewerten? Sind diese Begriffe nicht ein Schutzschild verdeckter Wünsche? Nacktheit in der Sauna oder am FKK sind nie Schaubude für erwartungsfrohe Verwirrte. Die Herrlichkeit des schönes männlichen oder weiblichen Körpers gibt wider, was selbst von den Kirchen gewürdigt und gepreiset wird als Schöpfungsakt. Aber bitte nicht so direkt! Dabei musste selbst Bonifatius festhalten, wie „Sittenverfall“ in Teutschland zur Strafe erkorene Sünde bedeute. Schmutziges redet der in die Schönheit des Körpers, der daran Sünde findet.
„Die suggerierte Unschuld der makellosen Körper verwirrt, und die Posen der Modelle strahlen eine nicht minder makellose Reinheit der Selbstbehauptung aus.“ Thomas Beege.
Newton fühlte selbst das große Verlangen, war inspiriert von der nackten Schönheit und soll sich durchgevögelt haben auf dem Weg in die Emigration nach Australien, wie er 2006 in einem Interview bekannte.
Nun ist Helmut Newton in Apolda zu erleben. Seine Memoiren sind bei Bertelsmann erschienen, ein Jahrzehnt nach dem Vorhaben 1990, und weil er drei Lektoren zum Teufel jagte. Sie zeigten sich wohl unfähig, die Juden zu begreifen und die Nazis zu durchdenken. Gewiss: Wer dieses Leben in größter Offen- und Nacktheit lebte, die Schönsten der Schönen vor der Kamera hatte, mit seinen Augen Neues entdeckte und neue Blickwinkel auf Objekte (auch der Begierde) ermöglicht, muss zum Widerspruch anregen. Helmut Newton im kleinen Apolda bedeutet den großen Augenblick, sich mit dem ungewöhnlichen Menschen und dem ungewöhnlichen Leben zu befassen.
Ursprünglich führte Newton (* 31. Oktober 1920 in Berlin; † 23. Januar 2004 in Los Angeles; den NamenHelmut Neustädter. Schlicht wird ausgesagt: ein australischer Fotograf mit deutsch-jüdischer Herkunft.
Newton erblickte 1920 als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Knopffabrikantenfamilie in Berlin das Licht der Welt – des Berlins der 1920er Jahre. Dann mit 16 Besuch des Gymnasiums. Aber Abbrecher, weil da bereits mehr Zeit ins Schwimmen, den Mädchen und dem Fotografieren gewidmet wurde. 1936 Lehre zum Fotograf bei der bekannten Berliner Fotografin, der Jüdin Yva (Else Simon). Ihr drohte 1938 Berufsverbot. Das Atelier wurde geschlossen.
Elsa Simon zählte später zu den Opfern des Nationalsozialismus. Newton brach die Lehre ab und verließ kurz nach seinem 18. Geburtstag, am 5. Dezember 1938, Deutschland in Richtung Singapur. Bei der „The Straits Times“ wurde er nach kurzer Zeit wegen „Unfähigkeit“ entlassen.
Nach dem Kriegsende eröffnete Newton in Melbourne ein Fotostudio, wurde australischer Staatsbürger und heiratete 1948 June Browne (Brunell), mit der er bis zu seinem Tode lebte.
Newton avancierte ab den 1970er Jahren als „teuersten Mode-, Werbe-, Portrait- und Aktfotograf der Welt“. Newton starb im Alter von 83 Jahren am 24. Januar 2004 in Los Angeles. Entsprechend seinem Wunsch wurde er in Berlin beigesetzt. Seine Urne erhielt am 2. Juni 2004 in einem Ehrengrab auf dem III. Städtischen Friedhof in Berlin-Friedenau in der Nähe des Ehrengrabes von Marlene Dietrich ihren Platz.
Die Apoldaer Newton-Ausstellung (09.01.-27.03.2011) eröffnet neue Betrachtungsweisen und lässt die Gäste des Kunsthauses die Werke in ihrer avantgardistischen Art und Schönheit Anteil nehmen am Leben des Helmut Newton.
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