Über die Ursachen des Lebens

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Naturwissenschaftlich betrachtet, geschieht nichts durch Wunder aus dem Nichts. Alles in unserem Universum hat eine Ursache und hat sich aus ihr evolutionär entwickelt: unsere Welt, die Urzelle, Pflanzen, Tiere und schließlich Menschen. Biologisches Leben basiert auf der Verarbeitung von genetisch abgespeicherten Informationen, einer geistigen Arbeit, die die Kontrolle über alle Aktionen in einem materiellen System hat und die Chemie aller biologischen Zellen steuert.  Die Ursache des Lebens betrifft damit nicht nur die Ursache der chemischen Prozesse, die die Voraussetzungen für die Entstehung der Urzelle schufen, sondern auch die Ursache ihrer biochemischen Mechanismen, die ihre Aktionen steuern und damit ihr Leben ermöglichen. Die entscheidenden Fragen sind damit: Welche Strukturen und welche Prozesse waren für die Entstehung der ersten lebenden Organismen verantwortlich? Warum hat sich die Urzelle als Ausgangspunkt aller Lebensformen gegenüber anderen alternativen Organismen durchgesetzt? Was wissen wir heute darüber? Gibt es künstlichem Leben?

Definition des Lebens

Es gibt inzwischen über hundert veröffentlichte unterschiedliche Definitionen des Lebens. Was ein Lebewesen ist, wird in der modernen Biologie über eine Serie von spezifischen Prozessen, die das Leben charakterisieren, definiert. Dazu zählen: Energie- und Stoffwechsel, Organisation und Selbstregulation, Fortpflanzung, Reproduktion, Vererbung, Wachstum, Weiterentwicklung, Bewegungsfähigkeit und Sinneswahrnehmungen. Diese Kriterien definieren auch das Leben in dem elementarsten lebensfähigen System, mit dem das biologische Leben begann.

Das Wesentliche der Mechanismen des Lebens, die in jedem biologischen System stattfinden, ist jedoch Informationsverarbeitung, Darauf geht allerdings keine der erwähnten biologischen Definitionen ein.  Jede Form des Lebens basiert auf biochemischen Mechanismen, die die Kommunikation, Speicherung, Vervielfältigung und Verarbeitung von Informationen ermöglichen.  Der Umgang mit Informationen ist eine geistige Arbeit, die ein genetischer Mechanismus in allen biologischen Zellen ähnlich wie unser denkender Geist in unserem Gehirn leistet und damit chemische Prozesse steuert. Der genetische Mechanismus arbeitet mit abgespeicherten genetischen Informationen und unser denkender Geist arbeitet mit abgespeicherten Sinnesinformationen.

Leben ist damit in seiner elementarsten Form Informationsverarbeitung.

  • Körperliches Leben nutzt genetische Informationen und biochemische Informationsverarbeitung.
  • Geistiges Leben nutzt Sinnesinformationen und ebenfalls biochemische Informationsverarbeitung.
  • Technisches Leben (soft und hard artificial life) nutzt binäre Informationen und elektronische Informationsverarbeitung.

Grundsätzlich besteht Leben aus einer Einheit von Körper und Geist, da genetische Informationen nur in den Zellen gespeichert und verarbeitet werden, wie auch Sinnesinformationen nur im Gehirn gespeichert und verarbeitet werden können. Diese Informationen können damit nur jeweils in ihrem zugehörigen körperlichen System von einem zugehörigen biochemischen Mechanismus/Geist genutzt werden.  Körper und Geist bilden dabei eine untrennbare Einheit. Unser denkender Geist ist ein Mechanismus, der nur in unserem Gehirn arbeiten kann, und der genetische Geist ist ein Mechanismus, der nur in den Körperzellen arbeiten kann. Der Geist/Mechanismus, der elektronische Informationen verarbeitet, arbeitet ebenfalls nur in einem Computer, in einem Smartphone oder in einem anderen elektronisch gesteuerten Gerät/System.

Alle uns bekannte Formen des Lebens, angefangen von Einzellern über Vielzeller, Pflanzen und Wirbeltiere bis zum Menschen finden in biologischen Zellen statt, in denen ein genetischer Mechanismus/Geist Informationen in einer molekularen Sprache kommuniziert, speichert, vervielfältigt und verarbeitet.

Alle Zellen, die sich aus der Urzelle vor etwa vier Milliarden Jahren entwickelt haben, sind ähnlich aufgebaut. Sie besitzen eine äußere Membran, innere Zellkompartimente und biokatalytisch wirksame Substanzen. Die Zellen müssen sich ferner ständig im Fließgleichgewicht zwischen dem Zustrom von Energie sowie energiehaltigen Substanzen und einem Abstrom von nicht weiter benötigten Substanzen/Stoffwechselprodukten befinden.

Alle Formen des Lebens sind auf ständige Energiezufuhr angewiesen. Biologisches Leben arbeitet mit biochemischer Energie in der Zellflüssigkeit. Technisches Leben arbeitet mit chemischer und überwiegend elektrischer Energie in festen anorganischen Systemen. Beispielsweise arbeiten Verbrennungsmotoren mit chemischer Energie, deren Stoffwechselprodukte die Abgase sind, und Computer arbeiten mit elektrischer Energie und haben keine Stoffwechselprodukte.

Künstliches Leben – KL oder Artificial Life – AL

Die Abkürzungen KL und AL bezieht sich auf die aktuelle Forschung und Entwicklungen in physikalischen, chemischen und biologischen Labors der Computerwissenschaften, im Maschinenbau, in der Kybernetik usw., die im Bezug zum biologischen Leben (Wet KL) stehen oder einen Bezug zu technischen Lebensformen (Soft und Hard KL) haben.

Künstliches biologisches Leben – Wet KL

Das höchste Ziel des Wet KL ist die Synthese einer lebenden biologischen Zelle im Labor, das nach Meinung der Forscher angeblich in einigen Jahrzehnten erreicht werden kann. Bei den Vorstufen von Wet KL werden zunächst biochemisch Komponenten des natürlichen Lebens, Subsysteme niederer (Gene, Proteine) und höherer Ordnung (Gewebe, Organe, Organismen) synthetisiert.

Technisches Leben – Soft KL und Hard KL

Das höchste Ziel des technischen Lebens ist ein menschenähnlicher intelligenter Roboter. Mit den Mitteln der Informationstechnik, der Elektrotechnik und dem Maschinenbau soll damit ein technisches Geschöpf geschaffen werden, das alle Fähigkeiten eines Menschen besitzt. Die ersten Prototypen leisten schon Erstaunliches.

– Soft KL bildet informationstechnisch Leben in Software-Simulationen ab.

– Hard KL beschäftigt sich ingenieurtechnisch mit Lebensformen in vollautomatischen Maschinen, elektronischen Geräten, Anlagen und Robotern.

Bei technischem Leben kann auf das Wort künstlich verzichtet werden, da der Begriff Technik automatisch industrielle Aktivitäten beinhaltet. Technisches Leben wird in der Robotik, Kybernetik, Maschinenbau, Elektrotechnik und Elektronik bearbeitet.

Bei Soft KL definiert man Leben ausschließlich über die Verarbeitung von elektronisch gespeicherten Informationen entsprechend dem geistigen Leben, das bei uns Menschen in den Gehirnen stattfindet.

Bei Hard KL implementiert man technisch, so gut es geht, alle anfangs angeführten Kriterien des biologischen Lebens mit Ausnahme der selbständigen Fortpflanzung und des Stoffwechsels, der bei elektrischer Energieversorgung nicht notwendig ist. Dabei arbeitet ein technischer Mechanismus/Geist in einem speziell konstruierten anorganischen System. Seine Arbeit erfolgt analog zu der Arbeit des genetischen und denkenden Geistes in biologischen Systemen untrennbar in dem zugehörigen technischen System. Alles, was in der Biologie das Leben mit Ausnahme des Stoffwechsels definiert, wird in der Soft und Hard KL technisch in den Labors umgesetzt.  Energiezufuhr erfolgt elektrisch und/oder chemisch, Organisation und Selbstregulation elektronisch, Bewegungen mit Motoren und Sinneswahrnehmungen mit Sensoren, Weiterentwicklung und Reproduktion statt Fortpflanzung findet in den Forschungslabors und in der Produktion statt.

Das Konzept der einfachsten lebenden Zelle

Für Wissenschaftler, die versuchen, Lebensfunktionen im Labor zu synthetisieren, bietet das Chemoton ein attraktives Prinzip für eine rein chemische Definition des Lebens. Es wird dabei argumentiert, dass lebende Organismen in der Lage sein müssen, sich selbst zu kopieren. Bei den Spekulationen darüber, wie das rein chemisch vor der Entstehung von biologischen Zellen funktioniert haben könnte, konzentriert man sich auf folgenden theoretischen Prozess:

Die Chemikalie A stößt die Bildung der Chemikalie B an, die wiederum die Bildung der Chemikalie C und so weiter, bis ein Glied der Kette eine neue Version der Chemikalie A herstellt. Nach einem Zyklus existiert damit 2 Sätze der verwendeten Chemikalien. Mit genügend Rohstoffen werden weitere Zyklen 4, 8,16 … Sätze aus den Ausgangsmaterialien hervorbringen und so geht es exponentiell weiter.

Wenn es also gelingt, Chemikalien dazu zu bringen, sich selbst zu einem Chemoton zusammenzusetzen, zeigt das einen Weg auf, auf dem das Leben chemisch entstanden sein könnte. Schon heute kommen einige Forschergruppen diesem theoretischen Prozess verblüffend nahe.

Die erste Version dieses theoretischen Modells bestand im Wesentlichen aus zwei autokatalytischen Gruppen innerhalb eines Chemotons mit unterschiedlichen Funktionen, die sich zu einer größeren autokatalytischen Gruppe zusammenschlossen. Damit sie nicht auseinanderdriften, benötigen sie eine äußere Barriere, um sie einzudämmen. In lebenden Zellen ist diese Barriere eine Membran, die aus fettähnlichen Chemikalien besteht, den Lipiden. Damit sie sich selbst erhalten und wachsen kann, muss sie ebenfalls autokatalytisch sein.

Eine Einheit aus Stoffwechsel und einem Mechanismus, der über die Gene in einer zellularen Struktur alle notwendigen chemischen Prozesse steuert, entspricht dem Konzept des einfachsten möglichen lebenden Organismus. Der Stoffwechsel produziert Bausteine für die Gene und die Membran der Zelle. Die Gene steuern mit ihren Informationen die Chemie des gesamten Systems. Zusammen bilden sie eine selbstreplizierende Einheit.

Die Ursache der Chemie der Zelle und damit der chemischen Prozesse sowie der chemischen Substanzen, die für den Stoffwechsel und die Membranen zuständig sind, kann über die Evolution der Materie aus den Elementarteilchen beim Urknall erklärt werden.

Die Ursache der Information, die die Atome und Moleküle tragen, sowie die ihrer Verarbeitung, die die Chemie in den Zellen bestimmt, ist analog dazu aus der Evolution der Information über die Eigenschaften der Elementarteilchen beim Urknall verständlich.

Jedoch die Ursache der Information auf der DNS in den Genen, die über die Mechanismen ihrer Verarbeitung das Leben, insbesondere die Fortpflanzung, steuern, kann nicht auf die Eigenschaften der Elementarteilchen zurückgeführt werden, da sie eine Information ist, die wie die Information in unsere Sprache in der Abfolge ihrer Buchstaben enthalten ist.  Da es sich dabei um eine völlig andere Art von Informationen und ihrer Verarbeitung handelt, liegt ihr Ursprung damit nicht in den Elementarteilchen, die beim Urknall zuerst entstanden sind.

Die Ursache der ersten genetischen Information, die alle Lebensprozesse in der Urzelle startete, ist also nicht einfach evolutionär aus früheren Informationen erklärbar. Die Frage ist damit:

Wer hat den Genen die Information gegeben, mit denen sie die notwendigen chemischen Prozesse in der Zelle so steuern, dass Leben entsteht?

Gibt es ein Standardmodell der Entstehung des Lebens?

Viele Wissenschaftler glauben, dass die Entstehung des Lebens ein großer Zufall war. Andere sind der Ansicht, dass die Bedingungen auf der jungen Erde Leben mit Notwendigkeit hervorgebracht haben. Es gibt viele Theorien, die alle noch keine endgültige Antwort liefern. Manche gehen davon aus, dass RNA-Genen der erste und entscheidende Schritt hin zur belebten Materie gelang, andere schreiben diese Rolle Membranmolekülen zu und wieder andere Proteinen. Allerdings sind alle drei Molekülarten, auf sich allein gestellt, in ihrer Entwicklung beschränkt. Man geht deshalb davon aus, dass eine Kooperation zwischen ihnen durch Kommunikation schon ganz früh ein wesentliches Element des Lebens war. Das Problem bleibt dennoch vielschichtig und ungelöst. Damit bleibt der Traum eines „Standard-Modells“ zur Lebensentstehung bisher im Bereich der Spekulation. Weder für die präbiotische Herkunft der Bausteine von Nukleinsäuren und Proteinen gibt es sichere experimentelle Daten noch für eine Urform eines sich selbst replizierenden genetischen Systems. Weiter ist die Frage der Organisation des genetischen Materials und damit der Ursprung der genetischen Information auf zellulärer Ebene unbeantwortet.

In einer  2020 veröffentlichten Studie haben Forschende an der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau, eine Datenbank mit Experimenten aus mehreren Jahrzehnten zusammengestellt, in denen versucht wurde, die chemischen Bausteine des Lebens herzustellen. Es stellte sich heraus, dass mit nur sechs einfachen Ausgangsmaterialien wie Wasser und Methan Zehntausende von entscheidenden Schlüsselchemikalien des Lebens hergestellt werden können, darunter auch die Grundbausteine von Proteinen und RNA. Doch aus keinem dieser Experimente ging bisher ein funktionierendes Chemoton hervor. Unabhängig davon wird an der Herstellung einer lebenden Zelle im Labor mit hoher Intensität geforscht und man geht davon aus, dass man Leben in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Labor herstellen kann.

 Gibt es eine Alternative zum Funktionsprinzip der Molekularbiologie?

Die enorme Vielfalt der Lebensformen auf unserem Planeten beruht auf einem einzigen universellen Funktionsprinzip des Lebens in der Molekularbiologie. Demnach speichert das Erbmolekül DNA die genetische Information, während RNA-Moleküle als Arbeitskopien von Genen fungieren, nach deren Vorlage die Ribosomen Proteine synthetisieren. Die Eiweißstoffe wiederum bilden Strukturelemente der Gewebe und dienen in Form von Enzymen als chemische Bauarbeiter in den lebenden Zellen.

Das erste Leben auf diesem Planeten könnte vielleicht aber auch schon vor der Urzelle auf andere Art und Weise begonnen haben. Mit der Erforschung künstlicher biologischer Lebensformen könnten sich die Mindestanforderungen an einen Organismus erschließen, mit dem sich ergründen ließe, was das Leben im Kern ausmacht und wie es auf der Erde entstanden sein könnte. Ein anspruchsvolles Ziel des biologisch künstlichen Lebens ist die Entwicklung eines neuen Satzes von Molekülen, die das Gleiche können wie ihre natürlichen Gegenstücke: durch Selbstorganisation komplexere Einheiten bilden, eine Energiequelle nutzen, sowie sich vermehren und weiterentwickeln.

Wie sich gezeigt hat, bieten sich die in den letzten Jahren synthetisierten Peptidnukleinsäuren (PNAs) für eine zentrale Rolle bei diesem Unternehmen an. Wie die DNAs und RNAs können sie Informationen tragen. Doch ihr Rückgrat besteht nicht aus einer Wechselfolge von Zuckermolekülen und Phosphatgruppen, sondern aus einem einfacher aufgebauten und noch dazu stabileren Aminosäurestrang. Die PNAs zeichnen sich damit gegenüber den DNAs und RNAs durch hohe Stabilität und ihre Vielseitigkeit aus, was in dem aggressiven Umfeld der Urzeit von großer Bedeutung sein konnte.

Wie konnte die komplexe Zellstruktur der Urzelle entstehen?

Organisches Leben hat sich vor etwa vier Milliarden Jahren aus der Urzelle, deren Vorstufen unbekannt sind, entwickelt. Darüber sind sich alle Forschungsgruppen einig. Einzeller sind die einfachsten Lebewesen, obwohl ihr Aufbau und die Mechanismen ihrer Funktion sehr komplex sind. Statt Organe wie wir haben sie Organellen mit bestimmten Aufgaben, die das Leben der Zelle durch Transport von Chemikalien und Informationen sicherstellen. Spezielle Moleküle werden in der Zelle an bestimmten Stellen produziert, abgesandt und an anderer Stelle empfangen und verarbeitet.

Die elementare Form des Lebens ist damit Informationsaustausch mit Molekülen. Die Moleküle sind die Informationsträger. Das Absenden der Information benötigt Energie und beim Empfang der Information wird Energie frei. Sowohl die Bildung der Strukturen ist Biochemie ebenso wie das Absenden und Empfangen der Informationsträger. Da nicht bekannt ist, wie die erste lebende Zelle, die Urform der Urzelle, aufgebaut war, ist es auch bis heute noch nicht geglückt, im Labor biochemisch den Beginn des Lebens nachzustellen.

Man geht davon aus, dass sich die ersten Zellen und die ersten einfachen Strukturen in der Zelle in einer riesigen „Ursuppe“ evolutionär gebildet haben. Da Einzeller die einfachsten Lebewesen sind, liegt es auf der Hand, dass das erste Leben nur in einer einzigen Zelle entstehen konnte, die allerdings vermutlich noch viel einfacher aufgebaut war als die Urzelle und die uns heute bekannten, sehr komplex aufgebauten Einzeller. Vermutlich konnten sich die ersten lebenden Einzeller noch nicht bewegen und auch noch nicht teilen. In einem ersten Schritt vor dem eigentlichen biologischen Leben reicht es, wenn die Zelle in der Lage ist, gewisse Prozesse sicherzustellen, die ihre Stabilität dauerhaft und nicht nur vorübergehend garantieren. Dazu zählt vor allem die Kommunikation mit den einzelnen Zellbestandteilen, damit sie sich bei einer längeren Lebensdauer spezialisieren und zu Organellen ausbilden können.

Nur die Zellen bzw. Systeme, die am längsten überlebten, konnten sich evolutionär weiterentwickeln. Sie selbst haben nicht den Willen oder die Absicht zu überleben, allein die Prinzipien der Evolution sorgen für ihr Überleben. Leben benötigt Energie und die ist in Form von Wärme in der Urzeit genügend da. Zu einer Initialzündung des Lebens müssen deshalb nur die richtigen Teile gleichzeitig vorhanden sein, die gemeinsam kollektiv primitives Leben ermöglichen.

Wie konnte ein Programm auf der DNS entstehen?

Da die Naturwissenschaften Wunder ausschließen, ist davon auszugehen, dass die Desoxynukleinsäure (DNS) und die ersten DNS-Informationen als spezielle Abfolge der Moleküle Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin auf der Doppelhelix mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit aber in einer riesigen Ursuppe zufällig entstehen konnten. Alle Bauteile einer lebenden Zelle können heute im Labor hergestellt werden und benötigen deshalb zu ihrer Synthese keine lebenden Zellen. Was in der Urzeit nicht die optimale Abfolge der Moleküle hatte, hatte bei der weiteren Entwicklung der primitiven Urzelle keine Chance vervielfältigt zu werden. Nur die Informationen, die dafür sorgten, das Leben der Zelle sicherzustellen und zu vervielfältigen, überlebten. Das ist die Logik, die der Entstehung des Programms zugrunde liegt, das in der Information der molekularen Schrift auf der DNS enthalten ist!

Nur was die richtigen Informationen auf der DNS enthielt, überlebte. Nur mit dem daraus abgeleiteten Programm für die lebensnotwendigen biochemischen Prozesse konnten sich die Zellen vervielfältigen und evolutionär weiterentwickeln.

Die Informationen auf der DNS, die zu Leben führten, wurden damit durch ihre Reproduktionsfähigkeit gegenüber allen anderen Varianten bevorzugt und ausselektiert. Die Ursache der ersten Informationen auf der DNS, die zu einer lebenden Zelle führten, ist damit die Fähigkeit des Überlebens und der Vervielfältigung. Dasselbe gilt für die Photosynthese, die das Leben der Pflanzen ermöglichte. Für sie gilt:

Nur die Systeme mit den richtigen Informationen auf ihrer DNS, die das Sonnenlicht nutzen konnten, um zu wachsen und sich zu vermehren, überlebten und konnten sich evolutionär zu Pflanzen weiterentwickeln.

Die Zelle hat keinen eigenen Willen. Sie macht nichts, weil sie es will oder weil sie zwischen mehreren Möglichkeiten wählen könnte, sondern es geschieht von selbst, weil dadurch das System überlebt und sich evolutionär vermehrt.  Evolution der Zelle ist kein Überlebenskampf, sondern das zelluläre System mit den besten Mechanismen gedeiht am besten. Es ist kein Wille, mit dem die Zelle oder ihre Gene ihre beste Entwicklung erzwingen.

„Survival of the fittest“ sowie „trial and error“ bedeuten anfangs nur eine einfache Sortierung der Zellen entsprechend der Qualität ihrer Erbinformation.

Das Auswahlkriterium ist dabei der Überlebensvorteil in einem vorgegebenen Umfeld. Dieses Ausleseprogramm der Biologie hat sich über Milliarden Jahre bewährt. Was sich am besten vervielfältigt, wird statistisch bevorzugt.

Ein anderes Ausleseprogramm war im Entwicklungsprogramm des Universums schon zuvor in der Chemie bei der Entstehung der Moleküle aus Atomen aktiv. Das Auswahlkriterium war dabei die Stabilität, die für das Entstehen neuer atomaren Kombinationen unter verschiedenen Umweltbedingungen sorgt, was z.B. die Bildung komplexer molekularer Systeme in der Ursuppe ermöglichte. Das Überleben der richtigen Information auf der DNS folgt damit den Naturgesetzen und den statistischen Wahrscheinlichkeiten und erfordert damit keinen gesonderten göttlichen Eingriff in das evolutionäre Geschehen.

Unser menschlicher Wille hat nichts mit evolutionären Prinzipien zu tun. Er gibt uns die Möglichkeit, Entscheidungen bezüglich unserer aktuellen geistigen und körperlichen Aktionen zu treffen, die die Zukunft unseres eigenen Lebens gestalten und nichts mit der Gestaltung nachfolgender Generationen zu tun haben. Was wir entscheiden und damit, was wir denken oder körperlich tun wollen, ist nicht weder vorprogrammiert noch prädeterminiert. Unser persönliches Wissen und unsere Erfahrungen, die wir über unsere Sinneseindrücke gewonnen haben, lassen uns verschiedenen Alternativen für die weitere Entwicklung unseres Lebens erahnen. Mit ihnen entwickeln wir eine Absicht für ein sinnvolles Verhalten, um eine zukünftige in der Regel speziell für uns gewollte vorteilhafte Entwicklung zu begünstigen.  Unser Wille steuert unser persönliches geistiges und körperliches Leben mit den Informationen, die wir in der Vergangenheit gesammelt haben.

Wir können entscheiden, was geschieht. Die Zelle kann es nicht!

Die Entstehung der ersten wichtigen Informationen, die eine spezielle molekulare Schrift auf der DNS enthielt und die eine biologische Zelle zum Leben brachte, entsprang damit keinem Willen, wie wir ihn bei uns Menschen kennen, sondern einem einfachen Auswahlverfahren, das nur unter speziellen Bedingungen zur Vervielfältigung führte. Das Prinzip der Vervielfältigung von Pflanzen und Tieren ist damit kein in der Natur verankerter Wille, sondern nur das wichtigste Kennzeichen des biologischen Lebens, was nur unter gleichzeitiger Vervielfältigung und unter Erhaltung der Erbinformation möglich ist.

Schlussfolgerungen

Wenn wir von Leben sprechen, beziehen wir uns im Allgemeinen auf das biologische Leben von Pflanzen und Tieren. Da dieses Leben auf eine Urzelle zurückgeführt werden kann, die vor etwa vier Milliarden Jahren entstand, stellt sich die Frage nach ihrer Ursache. Da es sich bei der Urzelle um ein komplexes System mit spezieller Struktur, speziellen Molekülen, speziellen Funktionen und speziellen genetischen Informationen handelt, ist es auf sehr viele verschiedene Ursachen zurückzuführen.

Die wesentlichen Bestandteile und Funktionen der Zelle sind heute in allen Einzelheiten bestens erforscht und können einzeln in allen Details im Labor nachgestellt werden. Die Frage ist nur, wie konnte sich aus der Summe aller Bestandteile ein lebendes System entwickeln? Gab es vor der Urzelle schon wesentlich einfachere Vorformen des Lebens und wie sahen sie aus? Diese Fragen können bis heute noch nicht eindeutig beantwortet werden. Dennoch können zu den Ursachen des Lebens eindeutige Antworten gegeben werden.

Alle evolutionären Prozesse die zu biologischem Leben führten, folgten den Naturgesetzen. Sie sind damit seit der ersten Materie, die beim Urknall vor etwa 15 Milliarden Jahren entstand, durch die Information, die die Elementarteilchen mit ihren Eigenschaften tragen, eindeutig festgelegt und haben sich mit ihren Informationen evolutionär zu den Molekülen, die uns bekannt sind, entwickelt. Die energetische Stabilität ist das Selektionsprinzip, was für die Bildung der Atome und Moleküle zuständig war.

Die Ursache der molekularen Bestandteile der Urzelle und ihrer spezifischen chemischen Eigenschaften wird damit durch die chemische Evolution der Moleküle einfach erklärt. Die ganze bekannte Chemie der Urzelle ist durch die Eigenschaften der Elementarteilchen beim Urknall vorprogrammiert.

Die Ursache der Lebensfunktionen der Zellen ist vor allem auf ihre besonderen Fähigkeit Informationen zu verarbeiten, zurückzuführen. D.h. Informationen zu speichern, auszulesen, zu kommunizieren und zu vervielfältigen. Die Fähigkeit der Kommunikation und Verarbeitung von Informationen und damit die wichtigste Eigenschaft des Lebens ist durch die Evolution der Information und der Informationsverarbeitung ebenfalls auf die Elementarteilchen zurückzuführen.

Die Ursache der Genetik hat allerdings nichts mit der Chemie zu tun und ist deshalb auch nicht durch die Eigenschaften der Elementarteilchen vorprogrammiert. Die genetische Information auf der DNS, die zur Reproduktion der ersten lebenden Zelle führte, ist das wichtigste Prinzip des Lebens. Da sie in der Symbolik der molekularen Schrift und nicht in der Chemie enthalten ist, ist sie auch nicht über die Information der Elementarteilchen, die sich aus ihren Eigenschaften ableitet, vorprogrammiert.  Nur die Einschreibe- und Ausleseprozesse erfolgen chemisch und sind deshalb in ihrer Funktion vorprogrammiert.

Die Ursache der ersten genetischen Information auf der DNS, die zum Leben der Urzelle führte, ist allein ihre Fähigkeit zur Zellteilung.  Nur durch die Vervielfältigung der Zellen und aller ihrer Bestandteile als Folge der richtigen Abfolge der molekularen Buchstaben auf der DNS entstand die genetische Information, die als Erbgut weitergegeben wird. Da die Schrift auf der DNS allerdings mehrere Informationen enthält, konnte sie vermutlich auch nur in mehreren Schritten durch statistische Ausleseprozesse, die zunächst zum Energie- und Stoffwechsel, zum Wachstum und letztendlich zur Reproduktion und Vervielfältigung der Zelle führten, evolutionär entwickelt werden.  Nur so ist die Entstehung der verschiedenen Programme, die in dem Informationspaket auf der DNS enthalten sind, erklärbar. Letztendlich ist die Ursache der genetischen Information ausschließlich durch ihre Fähigkeit zur Vervielfältigung der Zellen gegeben. Alle anderen Informationen, die nicht zur Funktion der Zelle und zu ihrer Fähigkeit zu wachsen und sich zu teilen beitrugen, wurden zuvor evolutionär ausselektiert.

Die Ursache des noch nicht völlig ausgereiften künstlichen biologischen Lebens und des technischen Lebens ist der menschliche Geist. KL bzw. IL entstand durch Forschung über „trial and error“, das dem „survival oft the fittest“, also dem Selektionsprinzip der Evolution entspricht. Die Erfindung der elektronischen Sprache gleicht der Evolution der genetischen Sprache. Ein- und Ausleseprozesse der Information bei soft und hard KL erfolgen technisch nicht über die Chemie, sondern über die Physik und nur erfolgreiche Prozesse werden weiter genutzt, verbessert und vervielfältigt, wie in der Evolution des biologischen Lebens. So sind aus ursprünglich riesigen und plumpen mechanischen Rechnern durch die Entwicklung der Elektronik in wenigen Jahrzehnten kleine, hochleistungsfähige Computer, die die Systeme steuern und die Gehirne der Roboter bilden, entstanden.

Das elektronische geistige Leben in Computern, Smartphones, Fernsehgeräten, Automobilen usw., also in allen elektronischen gesteuerten Systemen, gleicht unserem biologischen geistigen Leben in unseren Gehirnen und wird durch künstliche Intelligenz immer besser.  Elektronik hat unser aktuelles Zeitalter der Information und Informationsverarbeitung geprägt und unser Leben im Vergleich zu früheren Jahrzehnten von Grund auf verändert. Die Elektronik stellt die Grundlage des technischen Lebens in elektronischen Geräten dar, so wie die Genetik die Grundlage des biologischen körperlichen Lebens in Menschen und Tieren bildet.

Unser geistiges Leben wurde erst durch die Bildung unseres zentralen Nervensystems möglich. Da es aber nicht auf die Urzelle zurückgeführt werden kann, wurde sein Ursprung nicht in diesem Artikel behandelt. Der Geist des Menschen spielt jedoch eine zentrale Rolle in der Theologie und Philosophie und verdient deshalb eine gesonderte Behandlung.

Finanzen

Über Hans Sixl 53 Artikel
Dr. Hans Laurenz Sixl, Jahrgang 1941, arbeitete als Professor für Physik an den Universitäten Stuttgart und Frankfurt und als Visiting Professor in Durham (UK) und Tokyo (J). Von 1986 bis 2001 war er Forschungsdirektor in der Chemischen Industrie und Vorstandsmitglied der deutschen Physikalischen Gesellschaft. Seine Arbeitsgebiete waren Spektroskopie und Materialforschung. Er hat die Molekularen Elektronik in Deutschland begründet und lehrte an der Universität Frankfurt.