Das kosmologische Argument – ein Gottesbeweis?

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Da die Naturwissenschaften Wunder ausschließen, hat alles eine reale Ursache, die für seine Existenz verantwortlich ist. In der Kausalkette der Ursachen gelangt man früher oder später zu einer Erstursache, die aber – weil auch sie eine Ursache haben muss, nicht als solche bezeichnet werden kann.  Die Theologie umgeht dieses Problem, indem sie die Entstehung der Welt auf einen Schöpfungsakt Gottes zurückführt, der als ewig lebende transzendente Person keine Ursache haben muss. Für die Naturwissenschaften ist dieses Argument nicht überzeugend, da es geglaubt werden muss. Erst heute ist erwiesen, dass die Ursache des Universums ein Mechanismus war, der Raum, Zeit, Energie und Materie beim Urknall aus einem Punkt wie eine Pflanze aus einem Samen entstehen ließ. Doch wo kam der „Samen“ des Universums her? War er das Ergebnis eines kollabierten früheren Universums? War es der „Samen“ eines kosmischen Gottes? Wurde er von ihm geschaffen oder ist er aus ihm entstanden? Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften der letzten Jahrzehnte lassen uns mehr darüber erfahren, als wir bisher zu wissen glaubten.

Einführung

Vor dem Urknall existierten das Universum und unsere Welt noch nicht. Es gab weder Raum, Zeit, Energie und Materie in der Form, wie wir sie kennen. Da nichts aus dem Nichts entsteht, bedeutet dies, dass etwas anderes zuvor existiert hatte, was in der Lage war, aus einem Punkt das heutige riesige Universum entstehen zu lassen. Was vor unserer Welt in diesem Punkt existierte, unser Universum und unsere Welt verursachte, war also in einer anderen, nicht mit unseren Naturgesetzen beschreibbaren Form, mit anderen Informationen, Eigenschaften und anderen Mechanismen zuvor vorhanden. Dieser singuläre Punkt könnte aber auch nur ein unbekannter Zwischenzustand zwischen pulsierenden Universen gewesen sein, die jeweils in einen Punkt kollabieren und dann wieder expandieren, und bei denen ansonsten auch unsere Naturgesetze gelten, wenn sich die Elementarteilchen in dem Zwischenzustand nicht verändern.

In der kosmologischen Argumentation hat Gott die Welt erschaffen. Die Naturwissenschaften kennen allerdings keine Wunder. Da das Universum aus einem Punkt wie aus einem Samen entstanden ist (s. www.tabularasamagazin.de/hans-sixl-der-samen-des-universums/), kann man dennoch seinen Verursacher wegen seiner göttlichen Eigenschaften als Gott bezeichnen (s. www.tabularasamagazin.de/hans-sixl-wissensbasierte-theologie/).

Naturwissenschaftlich absolut gesichert, entstand beim Urknall mit den Elementarteilchen der erste reale Anfangszustand des Universums und es herrschte aus physikalischen Gründen eine unvorstellbar hohe Temperatur und Energiedichte. Da jede Form von Materie bei derartigen Temperaturen in ihre Einzelteile zerfällt, konnte es in diesem Zustand auch keine Atome und noch nicht einmal Nukleonen geben. Selbst ihre Bestandteile, die Elementarteilchen entstanden nicht sofort, sondern erst nach Bruchteilen von Sekunden als Folge einer gewissen Expansion, die zu einer Abkühlung führte. Sie waren die ersten materiellen Teilchen, die wir heute mit physikalischen Gesetzmäßigkeiten beschreiben können.  Da das Universum mit den uns bekannten Sonnen, Planeten, unserer Erde, sowie mit unserer Natur mit Pflanzen, Tieren und schließlich mit uns Menschen aus ihnen entstanden ist, musste auch der Anfangszustand des Universums selbstverständlich aus denselben Elementarteilchen bestehen, die die Bestandteile unserer jetzigen Welt bilden. Schon geringfügig geänderte Eigenschaften der Elementarteilchen hätten sonst zu einer anderen Welt mit anderen oder keinen Lebensformen geführt, da biologisches Leben auf fein abgestimmte physikalische Eigenschaften der Elementarteilchen angewiesen ist, die alle chemischen Eigenschaften der Atome festlegen.

Elementarteilchen bildeten also den realen Anfangszustand unseres Universums. Mit ihnen entstand allerdings nicht nur Materie, sondern es entstanden auch spezielle Mechanismen, die Informationen verarbeiteten. Die verschiedenen Elementarteilchen kommunizieren bei ihren Wechselwirkungen Informationen, die in ihren spezifischen physikalischen Eigenschaften enthalten sind und damit ihre Identität beschreiben und sie damit als Fermionen oder Bosonen ausweisen. Da sich alle Formen des Lebens durch Informationsverarbeitung auszeichnen, wurde mit ihnen auch die Grundlage des Lebens im Universum geschaffen.

Da nichts aus Nichts entsteht, musste auch eine andere Form des Lebens als Ursache des Lebens in unserem Universum bereits zum Zeitpunkt Null existiert haben, als es noch keinen Raum, keine Materie und keine Energie in der uns bekannten Form gab. Die Theologie bezeichnet derart verborgene Formen des Lebens und unbekannte Welten als transzendente Wesen und Welten. Der einzige Unterschied zu den biblischen Vorstellungen ist dabei, dass unser Universum aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht durch ein Wunder, sondern aus etwas entstanden ist, was sich in den Anfangszustand des Universums verwandelt hat, so wie sich auch Energie in Materie verwandeln kann. Dabei ist neben der postulierten himmlischen transzendenten Welt keine zweite immanente Welt durch die Magie des Wortes aus dem Nichts geschaffen worden.

Dennoch zeichnet Göttliches sowohl den Prozess als auch den Anfangszustand des Universums aus, der durch die spezielle Vorprogrammierung des „Samens“ des Universums einen Willen ausführt. Dieser kosmische Gott steht damit nicht neben seiner Schöpfung, sondern ist Teil der Schöpfung. Die Verwandlung einer unsichtbaren Welt in eine wahrnehmbare Welt, kann naturwissenschaftlich verstanden werden, da auch der umgekehrte Prozess in unserem Universum beobachtbar ist. Es handelt sich dabei um die Bildung eines Schwarzen Loches, das alle Materie verschluckt und damit einen Zustand darstellt, der nicht mehr mit naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten beschrieben werden kann.

Das kosmologische Argument

Alles, was wir kennen, hat eine Ursache und führt im Einklang mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in einer Kausalkette zurück auf den Anfang der Zeit. Diese Erstursache des Universums ist die Grundlage des kosmologischen Arguments, welches die Existenz Gottes beweisen soll. Ferner wird seit Plato immer noch von vielen Philosophen und von allen Theologen argumentiert, dass der Verursacher unserer Welt eine Person sei, die außerhalb des Universums in einer eigenen transzendenten Welt ewig lebt.

Alles führt in einer Kausalkette zu einer Erstursache. Beispielsweise gibt es künstliche Intelligenz, seit es Computer gibt. Diese wurden von Menschen geschaffen. Menschen gibt es seit dem Homo erectus, der sich evolutionär, wie alles Leben auf der Welt aus der Urzelle entwickelt hat. Diese hat sich aus biologischen Zellen entwickelt, die wiederum aus organischen Molekülen und Atomen entstanden sind. Atome entstanden aus Nukleonen und Elektronen. Sie hatten ihren Ursprung in den Elementarteilchen, die den vorprogrammierten Anfangszustand des Universums darstellten. Auch dieser Zustand musste einen allerersten Verursacher haben. Dieser konnte theologisch nur Gott sein, da er allmächtig ist und angeblich keinen Anfang hat, was als Glaubenssache noch diskutiert werden muss.

Seit etwa hundert Jahren ist erwiesen, dass die ersten materiellen Teilchen an einem Ort des heutigen Universums entstanden sind. Sie bildeten wie ein Samenkorn seinen Anfangszustand, der quasi „genetisch“ für eine spezielle Entwicklung vorprogrammiert wurde und deshalb auch als „Samen“ des Universums bezeichnet werden kann. Mit ihm, seinen irdischen Eigenschaften und seinem speziellen Programm entstand unser Universum aus etwas, was zuvor nicht mit unseren Naturgesetzen beschreibbar war.  Was es war, kann nicht definiert werden, da es Raum, Zeit und Materie, wie wir sie kennen, erst nach dem Urknall gab. Doch eines ist klar, da ohne Wunder nichts aus dem Nichts entsteht, mussten alle Eigenschaften unserer Welt zuvor in einer anderen Form existiert haben, so wie der Samen einer Pflanze die genetischen Eigenschaften und die Bausteine der ursprünglichen Pflanze enthält. Da mit dem Samen etwas Lebendes geschaffen wird, das in unserem Universum vorprogrammiert weitere Formen des Lebens entwickelte, wurde und wird mit ihm ein Wille ausgeführt, der eine spezielle Absicht verfolgt und dies kann nur die Reproduktion des Lebens durch ein neues Universum sein.

Der infinite Regress

Als infiniten Regress bezeichnet man eine Folge logischer Schlüsse oder Gedanken, die an keiner Stelle abbrechen und zu keinem Endpunkt kommen. Theorien, die zu einem infiniten Regress führen, gelten in der Wissenschaft als nicht gut begründet, was aber nicht heißt, dass sie falsch sein müssen. Es heißt eigentlich nur, dass noch Wissenslücken existieren. Auch der Beginn der Kausalkette unserer Welt muss eine Ursache haben, die für den Anfangszustand unseres Universums mit den ersten realen materiellen Teilchen verantwortlich ist, die uns als Elementarteilchen bekannt sind.

Immanuel Kant zufolge denkt der Mensch grundsätzlich mit Ursachen und Wirkungen. Absolut alles, was wir kennen, alles Leben, auch unser Leben, alle Dinge und Ereignisse, alles hatte einen Anfang und wurden durch etwas verursacht. Jeder Baum hatte seinen Anfang in einem Samenkorn und jedes Samenkorn hatte seinen Anfang in einem anderen Baum. Es kann keine unendliche Serie von … Baum-Samen-Baum-Samen … geben, weil irgendwas die Serie verursacht hat. Ohne Erstursache hätte die Kette von Ursachen nie begonnen und sie würde damit auch nicht existieren. Heute wissen wir, dass sich der Samen des Baums wie alles aus der Urzelle, die ebenfalls eine Erstursache hatte, evolutionär entwickelt hat.

Auch unsere Welt hatte einen Anfang, was schon Jahrtausenden vor der inzwischen bestätigten Urknalltheorie von Geisteswissenschaftlern postuliert wurde. Dabei wird Gott als die Erstursache des Universums definiert, was einen unerwünschten infiniten Regress vermeidet. Diese Argumentation führt allerdings durch die Frage, was denn die Ursache Gottes gewesen sein könnte, zu einem Problem. Die christliche Theologie des Mittelalters antwortete darauf, dass Gott sich selbst seine eigene Ursache war. Man spricht dabei von der sogenannten Aseität Gottes, durch die der infinite Regress per Definition keineswegs überzeugend vermieden wird. Wenn eine Erstursache durch unsere Naturgesetze nicht erklärbar ist, dann heißt das nur, dass andere Gesetzmäßigkeiten greifen, die wir noch nicht kennen. Sie können göttliche Eigenschaften zeigen, was aber nichts über eine Person aussagt, die wir Gott nennen, da ein überirdischer Gott nicht mit unseren naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten beschreibbar ist.

Auch die heutige Philosophie argumentiert, dass sich die Möglichkeit unendlicher Kausalketten nicht kategorisch ausschließen lasse, und dass es zum anderen fragwürdig sei, eine erste Ursache mit den unwissenschaftlichen Gottesauffassungen der Religionen zu identifizieren. Für die Physik muss es keine Erstursache geben. Sie erlaubt einen ins Unendliche laufenden Prozess, bei dem hinter jeder entdeckten Ursache immer neue Wirkungen und Ursachen auftauchen können, sodass kein Anfang oder Ende abzusehen ist. Dies entspricht der Theorie des pulsierenden Universums. Dabei handelt es sich um eine Ergänzung der Urknalltheorie, in der das Universum aufeinanderfolgende Perioden der Expansion und Kontraktion durchläuft. Am Ende jeder Kompressionsstufe, wenn das Universum in einem winzigen Volumen nahezu unendlicher Dichte konzentriert ist, kommt es zu einem Aufbrechen des Konzentrats, was zu dem Urknall führt und dem vorprogrammierten „Samen“ des Universums bildet, der ja immer wieder aus denselben Elementarteilchen besteht.

Nach dieser Theorie pulsiert das Universum endlos zwischen jeweils einem Beginn, dem Urknall, und jeweils einem Ende, dem Kollaps, nach unseren Naturgesetzen, solange es immer wieder aus denselben Elementarteilchen besteht. Der Prozess kann dabei periodisch-natürlich oder spontan, entsprechend den intrinsischen Eigenschaften der Materie und der Energie sowie des Prinzips der Energieumwandlung, ablaufen. Jeder Urknall kann dabei nicht schwächer oder stärker sein als der vorherige. Schließlich expandiert die gesamte „Massenenergie“, was eindeutig durch das fundamentale physikalische Gesetz der Energieerhaltung und -umwandlung diktiert wird.

Was wissen wir über die Entstehung des Universums?

Naturwissenschaftlich sind keine Wunder möglich, also kann das Universum nur aus etwas Anderem entstanden sein, so wie sich z.B. Materie in Energie und umgekehrt umwandeln kann. Wenn also das Universum aus etwas Unbekannten nicht Sichtbaren und Messbaren entstanden ist, dann mussten die Elementarteilchen und ihre Eigenschaften darin in anderer für uns nicht erkennbaren Form enthalten gewesen sein oder durch sie vorprogrammiert erzeugt worden sein. Da es unsere immanente Welt mit Raum-Zeit, Energie-Materie vor dem Urknall in der Singularität nicht gab, musste sie in ihr in einer anderen Art Raum-Zeit, Energie-Materie dennoch enthalten gewesen sein. Dabei kann es sich naturwissenschaftlich nur um ein Produkt eines anderen Universums handeln, das aus ihm oder als Teil von ihm mit seinen Eigenschaften als Konzentrat nahezu unendlicher unbekannter Energie entstanden ist. Ein derartiges Konzentrat befindet sich auch in den sogenannten Schwarzen Löchern des Universums, die alle Materie aufsaugen und in Form von unbekannter Energie in einem Punkt unsichtbar und unendlich hochkonzentriert enthalten.

Raum ist nur messbar, wenn Materie in ihm vorhanden ist, die Orte markieren. Zeit ist nur messbar, wenn sich Materie im Raum bewegt. Es scheint, als ob beim Urknall Raum, Zeit, Materie und Energie aus dem Nichts an einer bestimmten Stelle generiert wurde. Da an diesem Ort nahezu unendlich hohe Werte der Energie- und Materiedichte auftreten, die in unserer realen Welt nicht existieren, handelt es sich dabei um eine Singularität, die sich jeder Beschreibung und Berechnung entzieht. Letzteres bedeutet aber nicht, dass an dieser Stelle nichts existiert. Schließlich existiert auch viel, was wir mit unseren Sinnesorganen nicht wahrnehmen können, beispielsweise Radiowellen oder Röntgenstrahlen. Diese konnten früher ohne unsere heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse nicht wahrgenommen werden.

Gesicherte Details der Entstehung des Universums sind naturwissenschaftlich erst seit wenigen Jahrzehnten bekannt. Die ersten realen Teilchen bildeten den Anfangszustand des Universums, und bestimmten mit ihren Eigenschaften die präzise weitere Entwicklung. Wir kennen sie als die Elementarteilchen, aus denen unsere ganze Welt besteht, da sie die Bestandteile aller Atome sind. Da der Samen einer Pflanze oder das Ei eines Tieres alle genetischen Informationen besitzt, nach denen ein ganz bestimmtes Lebewesen entsteht, kann auch der Anfangszustand des Universums der aus Elementarteilchen bestand, als vorprogrammierter „Samen“ des Universums bezeichnet werden, der von Anfang an für die prädestinierte Entwicklung des Universums verantwortlich war und ist.

Das Programm des „Samens“ musste bereits in dem nicht identifizierbaren Zustand, der ihn beim Urknall verursacht hatte, entstanden oder vorhanden gewesen sein, so wie auch alle anderen Formen des Lebens auf der Basis von Informationen und Informationsverarbeitung entstanden sind und sich weiterentwickelt hatten. Die Charakteristika des Lebens mussten damit schon in der Ursache bzw. im Verursacher des Universums in unbekannter Form vorhanden gewesen sein oder sich in ihm entwickelt haben. Da sich in dem kosmischen Verursacher des Universums außerdem auch naturwissenschaftlich alle göttlichen Eigenschaften offenbaren, kann er als „kosmischer“ Gott bezeichnet werden. Allerdings ist der „Samen“ des Universums in Analogie zu den Pflanzen aus ihm und nicht magisch durch ihn entstanden. Dabei könnten auch in einer unendlichen Reihe von … Samen-Pflanze-Samen … auch viele Samen entstanden sein, aber nur dann, wenn andere Naturgesetze greifen. Nur ein pulsierendes Universum, bei dem …Urknall-Universum-Kollaps-Samen-Urknall-Universum-Kollaps-Samen-Urknall… sich periodisch wiederholen und immer nur ein Samen und ein Universum entsteht, kann mit unseren Naturgesetzen beschrieben werden.

Was sagt uns unser Glaube zur Erstursache des Universums?

Wie stellen wir uns den Gott unseres Glaubens, der die Welt erschaffen hat, vor? Die Bibel liefert uns ein menschenähnliches Bild des Schöpfergottes und erlaubt viele Interpretationen seiner Vorgehensweise. Dem Alten Testament zufolge hat Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen. Im ersten Buch Mose steht noch vor dem ersten Tag: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“. Erst am sechsten Tag sprach er: „Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis …“ Es handelte sich dabei um eine Geschichte für die damaligen Menschen, als man noch meinte, die Erde sei als Scheibe das Zentrum des Universums. Nur die Aussage, dass Gott alles erschaffen hat, kann man wörtlich nehmen. Die Aussage: „Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis …“, bezieht sich wohl auf ihn und seine transzendenten Geschöpfe und kann wahrscheinlich nur meinen: „… mit ähnlichen Eigenschaften und Fähigkeiten.“ Die ersten Menschen wurden damit in einer von ihm geschaffenen immanenten Welt neben seiner himmlischen Welt von ihm und seinen Engeln geschaffen und sind deshalb auch keine von ihm gezeugten Kinder wie Jesus Christus.

Dem christlichen Glauben zufolge ist Gott ein allmächtiges Wesen, das – weil Adam nach seinem Bilde geschaffen wurde, als Mann dargestellt wird. Als allmächtige Person ist er allgegenwärtig und sieht alles und da er allwissend ist, versteht er auch alles und weiß alles über jeden einzelnen von uns. Er ist Herrscher und Richter aller Welten. Als überirdische Person ist er nicht Teil unserer irdischen Welt. Als Christen bezeichnen wir ihn völlig inkorrekt als unseren Vater, nur weil er die Menschheit nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Dem christlichen Glauben zufolge denkt und fühlt der Schöpfergott wie wir und führt ähnlich wie wir ein überirdisches Familienleben im Himmel. Unser Glaube verspricht ein ewiges Seelenleben und eine Auferstehung der Toten. Neben seinem Leben im Himmel nimmt er, unserem Glauben entsprechend, auch als Teil unseres Geistes und unseres Gewissens an unserem persönlichen irdischen Leben teil. Er hilft uns in unserem Leben und wir können in unseren Gesprächen mit ihm Kontakt aufnehmen. Dies sind die wesentlichen christlichen Vorstellungen des Schöpfergottes.

Was unterscheidet die Ursache des Universums naturwissenschaftlich und theologisch?

Die Ursache des Universums kann als Gott bezeichnet werden, denn sie hat alle göttlichen Eigenschaften und einen Wesenscharakter wie wir Menschen, die körperlich und geistig nur mit Informationen und Informationsverarbeitung funktionieren. Die Naturwissenschaften offenbaren uns aber viel mehr als die biblische Geschichte und liefern uns präzise und unwiderlegbare Fakten über die Schöpfung, den Schöpfergott und den Ablauf der Schöpfung. Unsere Welt wie auch das Leben in der Natur wurde demnach weder durch ein Wunder noch Schritt für Schritt von einem außenstehenden Gott geschaffen.

Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften offenbaren uns Folgendes:

  • Ein vorprogrammierter Anfangszustand des Universums entstand in einem einmaligen Akt vor ca. 13,8 Milliarden Jahren aus einem Punkt durch eine kosmische Ursache, die alle göttlichen Eigenschaften aufweist.
  • Unser Universum und mit ihm alles Leben entstand auf ähnliche Art und Weise, wie sich jede Pflanze und jedes andere Lebewesen aus einem Samen oder einem Ei nach einem vorgegebenen Programm und damit prädestiniert reproduziert.
  • Die Erstursache unseres Universums ist damit ein kosmisches Lebewesen, ein „kosmischer“ Gott, der sich mit einem „Samen“ evolutionär reproduziert.
  • Diese Erstursache musste vor der Zeit Null in der Singularität in einer anderen Welt mit unbekannter Raum-Zeit, Energie-Materie existiert haben, um den „Samen“ des Universums mit seinem Programm zu bilden.
  • Wie jeder Samen exakt eine bestimmte Pflanze reproduziert, so muss davon ausgegangen werden, dass auch der „Samen“ des Universums ein früheres Universum mit denselben Bestandteilen und Programmen reproduziert.
  • Der programmierte „Samen“ unseres Universums stammt damit nicht von einer Person, deren Ebenbild wir sind, sondern von einem geschlechtsneutralen kosmischen Lebewesen, das sich mit dem Universum in allen Details mit seinem „Erbgut“ immer wieder neu entwickelt.
  • Wenn wir dieses Lebewesen Gott nennen, dann ist damit das ganze Universum aus seinem „Samen“ entstanden und wir können unser Sonnensystem und uns bei seiner „embryonalen“ noch nicht abgeschlossenen evolutionären Entwicklung als Teil seines aktuellen Ergebnisses aber nicht als Endergebnis seines „genetischen“ Programms betrachten, da ein Ende des Universums noch lange nicht absehbar ist.

Die Naturwissenschaften offenbaren uns damit Gott als „genetischen“ Urvater, der nicht nur geistig, sondern auch körperlich in uns lebt und keineswegs neben uns, wie theologisch argumentiert wird. Er begleitet unser Leben nicht nur als unser Helfer, Herrscher und Richter, sondern er lebt in uns und in allem sein spezielles kosmisches Leben.

Das kosmologische Argument, mit dem Gott als Erstursache der Welt erklärt wird, nur um einen infiniten Regress zu vermeiden, kann mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften in vielen Punkten präzisiert werden. Allerdings ergeben sich dabei gravierende Unterschiede zu den Vorstellungen der Religionen und deren heiligen Schriften.  Erstens stellt sich dabei die Frage nach dem Schöpfer Gottes, die nicht einfach durch die Aussage, dass er ewig lebt, beantwortet werden kann, weil ja auch ein Universum als kosmisches Wesen durch ewige Wiedergeburt ewig leben kann. Die Erstursache unseres speziellen Universums ist damit vermutlich ein Zwischenprodukt eines ewigen Kreislaufs, der einem infiniten Regress entspricht. Dieser entsteht, weil wir keine naturwissenschaftliche Erklärung für die Ursache des Kreislaufs haben, die seine Existenz erklärt. Diese Ursache entzieht sich grundsätzlich unserer beschränkten menschlichen Logik, die sich allein auf den Erfahrungen unserer Welt begründet.

So wie Gott theologisch als ewig lebendes überirdisches Wesen definiert ist, kann auch die Ursache, die den „Samen“ des Universums bildete, als ewig lebendes Wesen definiert werden. Nach der Theorie des pulsierenden Universums auf der Grundlage unserer Naturgesetze entsteht der „Samen“ aus einem Vorgängeruniversum. Sein Verursacher lebt also nicht wie ein Vater neben den Kindern oder wie ein uralter Baum neben seinen aus seinem Samen entstandenen Wald voller Bäumen. Wenn man davon ausgeht, dass nichts ewig bestehen kann, dann muss das auch nicht sein. Ewiges Leben funktioniert immer, wenn man es durch einen Samen oder ein Ei mit denselben Erbinformationen ständig erneuert. Sie sind der einzige Grund für die Existenz von Samen und Eiern. Nur durch sie ist eine ständige perfekte Reproduktion komplexer Lebewesen möglich.

Schlussfolgerungen

Die Antwort auf die im Titel formulierte Frage lautet: Ja, auch naturwissenschaftlich bestätigt das kosmologische Argument die Existenz Gottes. Aber auch nein, es bestätigt nicht die Existenz Gottes im Sinne der Religionen. Es bestätigt nur die Existenz eines Wesens mit allen göttlichen Eigenschaften, das vor ca. 13,8 Milliarden Jahren in einem Schöpfungsakt den Anfangszustand des Universums schuf. Eine einmalige Aktion eines Gottes vor unendlich lang erscheinender Zeit kann nicht im Sinn einer Theologie sein, weil die Menschen zu Lebzeiten Gottes Hilfe und Beistand erwarten. Für die Menschheit ist er nicht in der Vergangenheit, sondern nur in der Gegenwart und Zukunft von Bedeutung.

Erst die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte offenbaren uns, dass unser Universum in einem einmaligen Schöpfungsakt über einen Anfangszustand geschaffen wurde, der ein präzis vorprogrammiertes Programm enthielt. Da dieser Akt alle göttlichen Eigenschaften aufweist, wird das kosmologische Argument, nach dem Gott die Ursache des Universums ist, auch naturwissenschaftlich bestätigt. Allerdings handelt es sich bei dem Gott der Naturwissenschaften um einen „kosmologischen“ Gott und nicht um eine überirdische Person, wie sie im ersten Buch Mose beschrieben wird, die die Welt und die belebte Natur einschließlich der Menschheit auf magische Art und Weise geschaffen hat. Sie bestätigen auch nicht, dass die Menschen dem Bild Gottes gleichen, die er als Herrscher, Helfer und Richter nach christlichem Glauben allgegenwärtig begleitet.

Grundsätzlich kann etwas naturwissenschaftlich nur aus etwas anderem, was zuvor existierte, entstanden sein. Das gilt auch für den Anfangszustand unseres Universums, der aus einer unvorstellbar riesigen Anzahl von Elementarteilchen bestand, die wie der Samen einer Pflanze ein präzises Entwicklungsprogramm für das Universum und unsere Welt enthielten. Auch er musste aus etwas entstanden sein, was zuvor existierte, auch wenn es nicht direkt mit unseren irdisch beschränkten Möglichkeiten nachweisbar ist. Als Verursacher eines „kosmischen Samens“ handelt es sich dabei um einen „kosmischen“ Gott, der sich wie alle Lebewesen unserer Natur analog zum Samen einer Pflanze mit vererbten Programmen aus denselben Bestandteilen mit denselben spezifischen Eigenschaften scheinbar immer wieder reproduziert. Auch alle anderen Formen des Lebens im Universum reproduzieren sich mit vererbten Programmen und denselben Substanzen. Also stellen die ersten materiellen Teilchen, aus denen alles in unserem Universum auch heute noch besteht, auch die Teilchen dar, aus denen frühere Universen nach dem unendlichen Regress … Samen–Universum-Samen-Universum … bestanden. Dies entspricht auch der Theorie des pulsierenden Universums und dem Kreislauf des Lebens in der Natur, das seinen Ursprung im Kreislauf des göttlichen Lebens in den Universen hat. Mit dem ewigen Leben des „kosmischen“ Gottes liefern die Naturwissenschaften damit eine plausible Erklärung für die theologisch postulierte Aseität Gottes durch Selbstreproduktion, die allerdings grundsätzlich an den Offenbarungen der Bibel und damit an den Fundamenten aller monotheistischen Theologien rüttelt.

Über Hans Sixl 58 Artikel
Dr. Hans Laurenz Sixl, Jahrgang 1941, arbeitete als Professor für Physik an den Universitäten Stuttgart und Frankfurt und als Visiting Professor in Durham (UK) und Tokyo (J). Von 1986 bis 2001 war er Forschungsdirektor in der Chemischen Industrie und Vorstandsmitglied der deutschen Physikalischen Gesellschaft. Seine Arbeitsgebiete waren Spektroskopie und Materialforschung. Er hat die Molekularen Elektronik in Deutschland begründet und lehrte an der Universität Frankfurt.