Was ist ein Held? Eine Antwort gibt eine Ausstellung in Rosenheim

Ringerpaar Peleus und Atalante, Original eines Deckelgriffs, etruskisch, Bronze, 4. Jh. v. Chr. Foto: Hans Gärtner

Ein Muskelprotz wie Herakles? Don Quijote, der Ritter von der traurigen Gestalt? Batman? Schon eher Alexej Nawalny, ermordet im Februar dieses Jahres oder Marie Curie oder Jeanne d` Arc, die Jungfrau von Orleans, 1920 heilig gesprochen. Heldinnen sowieso viel eher als Helden. Freilich: Ehre, wem Ehre gebührt. Also doch auch Muhammad Alis Boxhandschuhe und ein Foto der Fußball-Helden von Bern und eine Büste von Sophie Scholl, der Heldin der Heldin der „Weißen Rose“.

Es schwirrt einem der Kopf nach dem Besuch der Riesen-Schau über das Heldentum von gestern und heute, großartig und detailreich inszeniert in Rosenheims Lokschuppen. Noch sind es nicht ganz so viele Besucher wie erwartet, nämlich rund 145 000. Mit 351 Exponaten, wovon 192 Originale sind – etwa einLaborgerät der Nobelpreisträgerin von 1903 und 1911 –  mit 69 Medienstationen, 28 davon interaktiv. All das auf einer Ausstellungsfläche von 1.500 Quadratmetern. Wer da nicht drin war, dem fehlt etwas in seinem Kultur-Leben.

Eine Kleinplastik, leicht zu übersehen, führt weg von der Monumentalität im bunten Bild- und Figuren-Angebot. Man nähert sich mit ihr einem Problem des Heldischen. Überschrift: „Gleichberechtigung im alten Griechenland“. Da messen sich im Kampfring der etruskische Held Peleus und Atalante, die schnelle Jägerin der Antike. Kraft gegen Geschicklichkeit. Das Ringen der beiden, hie Mann – dort Frau, endet unentschieden. „Ein Beweis für ihre Ebenbürtigkeit“, sagen die bewanderten Lokschuppen-Kurator(inn)en.

Also stimmt der Titel „Heldinnen & Helden“. Es geht, und das ist sowohl einsichtig als auch erzieherisch bedeutsam – Ladys first! – um eine „emotionale Spurensuche“. Die sollte angesichts der zahlreichen historischen und zeitgenössischen Beispiele von Heldentum, persönlich sein. So manche stumme Zeugen des Heroischen aus der Vergangenheit wecken bei ihrer Betrachtung, ob Bei Kindern oder bei Erwachsenen, Erinnerungen und Emotionen. Man hinterfragt falsches und gespieltes, lustig oder satirisch gemeintes und ernstes, hart erworbenes Heldentum. Von den antiken Mythen bis zu Harry Potter.

So manches Exponat lässt den Atem anhalten. Eins davon, leicht zu übersehen, weil schon kurz vor dem Ende des weitläufigen, zeitraubenden Rundgangs: das Cover des „Stern“ Nr. 36 vom 1. 9. 2022. Titel: „Die Klitschkos“ mit dem Zitat „Die schlimmste Sünde ist, feige zu sein“. Womit  auf das Exklusiv-Gespräch darüber verwiesen wird, wie die ukrainischen Boxer-Größen zu Helden der Freiheit wurden. Weiter dem Ausgang zu geht es, noch einmal, um Helden des Alltags. Um Lebensretter, Pflegepersonal in Altenheimen, um Omas, die den Enkelinnen Halt geben, weil deren Eltern tödlich verunfallt sind. Wichtiger noch sind solche menschliche „Heldentaten“ als alle anderen, so schön, so groß, so überwältigend sie sein mögen.

Letzte Gelegenheit für diese eindrucksvolle Schau: täglich ab 9, Samstag, Sonn- und Feiertag ab 10 Uhr bis 18 Uhr. Am 15. Dezember ist allerdings schon Schluss. Die Ausstellung läuft schon seit März.

 

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Über Hans Gärtner 498 Artikel
Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.