Warhol und Haring bei Brandhorst – Erstmals beisammen in einer Show: die Pop-Art-Exzentriker der Achtziger

Unverkennbar Keith Haring: „Hund“ heißt seine auffällige Arbeit aus dem Jahr 1986. Foto: Hans Gärtner

Die Gleichung musste doch mal aufgehen: Andy Warhol und Keith Haring macht zusammen Brandhorst, das angesagte Münchner Museum für Hoch-modernes aus aller Welt, namentlich aus den USA. Dort, in New York, kreuzten sich die Lebenswege zweier einzigartiger Künstler, die eng, fast zu eng miteinander befreundet waren. Pop-Kunstkenner halten sie noch heute für die ausschlaggebenden ihres Metiers und ihrer hoffnungsvolle nZeit, der tollen, Fesseln lösenden Achtzigerjahre. Dass sie nun als Gespann zum ersten Mal in einer Schau beisammen sind, ist für München und sein Vorzeige-Museum Brandhorst ein Glücksfall. Und nicht weniger für die, die sowohl Warhol als auch Haring endlich einmal in einer Doppel-Ausstellung erleben wollten. „Hier umarmen sich zwei, die enger beisammen waren als viele andere Pop-Art-Macher“, so ein Besucher-Kommentar.

Jetzt also ist die Stunde der Umarmung gekommen. Was denn? Mehr als ein halbes Jahr, bis Ende Januar `25 ist das ungleiche Paar, das offiziell nie eines in echt war, in einem Kunsttempel vereint zu bestaunen. Dreißig Jahre trennen die beiden: Keith Alan Haring aus Pennsylvania (1958 bis 1990) könnte der Sohn von Andy Warhol sein, der 1987 mit knapp 60 Jahren starb. Was sie unter anderem einte: ihre Männerliebe. Wohl auch ihre eigene, schräge Weltsicht und ihre Gesellschafts- und offene oder latente Kapitalismus-Kritik – selbst wenn beide mit ihrer Kunst eine Menge Geld machten, und zwar ohne Skrupel.

Fasziniert waren sie beide – Warhol von Harings „süßer“ Jugend und Haring von Warhols unbestrittener Meisterschaft. Warum heißt ihre Münchner Ausstellung „Party of life“, kuratiert von Franziska Linhardt? Da steckt wohl der mit seinen „Strichmännchen“ zu großer Popularität gelangte Keith Haring dahinter, dessen Ehrgeiz es war, in den New Yorker Nightclubs so richtig „aufzumischen“. Jeden Tag Geburtstag feiern! Das war`s, was für ihn, der an Aids starb, durch die Bank unverhohlen angesagt war. Er tanzte, mit oder ohne Warhol, am liebsten täglich auf dem Vulkan.

Die Ikonen der Pop-Art arbeiteten bekanntlich meistens für sich allein. Ein gemeinsames Kunstwerk ist jetzt im Brandhorst zu sehen. Es ist von Alt und Jung gleichermaßen umschwärmt, ein Geschenk für die Königin des Pop, Madonna, sechs Collagen zu Zeitungsschlagzeilen wie „I`m not ashamed“, einem Diktum Madonnas, die zu ihren Nacktfotos aus Teenager-Tagen auch noch Jahre später tapfer stand. Da konnte Keith Haring nur beipflichten, etwa mit seiner grafisch zündenden Botschaft an alle Gegner des „Safer Sex“: „Ignorance = Fear“ und „Silence = Death“ – Wegschauen erzeugt Angst, Verschweigen bringt den Tod. Dazu die Aufforderung „Fight Aids – Act up“ – Bekämpft Aids, geht auf die Barrikaden!

Brandhorst-Chef Achim Hochdörfer und seine tüchtige Kuratorin halten für diese Ausstellung etwas Besonderes bereit. Immer donnerstags, wenn sie bis 20 Uhr geöffnet ist, läuft Musik der Achtzigerjahre. Fürs eigene Heim kann man sich eine „Playlist“ herunterladen. Auch nach 20 Uhr geht`s auf der Brandhorst-Wiese weiter: Liegen stehen zum Ausruhen bereit und Flüssiges gibt`s zum Anstoßen. Ein ausgewählter Disc-Jockey legt auf und heizt ein. Alles ganz im Sinne der Warhol/Haring-Fans. Wer weiß, ob bald ein Double von Andy Warhols Art-Car mit der großen Ziffer 76 auf dem Kühler durch München rollt…?

Die Ausstellung „Andy Warhol & Keith Haring. Party of Life“ dauert bis 26. Januar. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18, am Donnerstag bis 20 Uhr.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.