Rebecca Horn im Haus der Kunst

Rebecca Horns Malmaschine „Arie in Schwarz“, entstanden 1991, eingerichtet im Münchner Haus der Kunst für ihre große Retrospektive, Foto: Hans Gärtner

In Ruhe solle man durch das Haus der Kunst wandeln. Empfahl jedenfalls dessen künstlerischer Leiter Andrea Lissioni für den Besuch der „Großen Retrospektive“ Rebecca Horn. Vor 80 Jahren in Michelstadt geboren, wurde sie wahrhaft groß in Hamburg, London, New York, Berlin, Kalifornien, bis sie 2007, noch als Berliner Professorin für Multimedia, die „Moontower Foundation“ in Bad König im Odenwald gründete – dies vor allem, um ihr eigenes Werk zu erforschen und zu dokumentieren.

Was ist sie nicht alles: eine Kreative auf allen Ebenen möglicher Ausdrucksweisen: Poetik, Choreografie, Komposition, Filmregie, Malerei, Installation. Mit Werken dieser Genres füllt sie ein halbes Jahr lang die Räume des Hauses der Kunst – von Wand zu Wand, vom Boden bis zur  Decke. Raumgreifend ist vieles. Angefangen von Horns vielleicht hier eher untergehenden frühen Papierarbeiten bis hin zu scheinbar sich selbst in Bewegung setzenden Objekten.

Musterbeispiel 1: die „Malmaschine“ von 1991 mit Namen „Arie in Schwarz“. Sie übernimmt menschliche Fertigkeiten wie etwa das Besprühen einer weißen Wand mit schwarzer Tinte. Maschinen erhalten Macht bei Rebecca Horn. Können und machen und arbeiten wie Menschen. In aller Ruhe. Halten sich an Lissionis Empfehlung. Der Mensch soll das Wunder Rebecca Horn für sich entdecken und sein Weltverständnis danach ausrichten: Teil eines Ganzen zu sein, zwischen Natur und Kultur, Technologie und biologischem Kapital, Mensch und Maschine.

Musterbeispiel 2: „Der Turm der Namenlosen“ von 1994. „An einer Vielzahl ineinander verketteter Holzleitern, die scheinbar ins Nirgendwo ragen, sind Geigen montiert. Motorisierte Bögen erzeugen in Intervallen polyphone Klänge. Horn verwandelt die Musikinstrumente in Maschinen und verleiht ihnen zugleich menschliche Fähigkeiten, wie das Spielen eines Konzerts.“ So könnten die Maschinen menschliches Empfinden, etwa Trauer oder Ohnmacht, ausdrücken.

Auf einer Texttafel in „leichter Sprache“ steht, dass sich die Künstlerin in ihren Werken für Beziehungen zwischen Mensch und Tier, Mensch und Maschine, Mensch und Natur interessiere. Dabei gehe es ihr um die Rolle des Menschen. Sie wolle in ihren Arbeiten herausbringen, ob Menschen der Mittelpunkt der Welt oder nur kleine Teile von einem großen Kosmos seien.

Musterbeispiel 3: „Concert for Anarchy“ (Konzert für Anarchie) von 2006. Mit diesem von der Decke herab schwebenden Piano veranschaulicht Rebecca Horn ihre Art der Analyse von Kompositionen: Hydraulkolben, in der Regel keinem Zuhörer ein Begriff, quellen aus einem Konzertflügel. Er hängt Kopf.

Eine „Weltkünstlerin“ sei „zu Gast in Bayern“, als „Wegbereiterin der zeitgenössischen Kunst, Grenzgängerin zwischen den Disziplinen und in den Kunsthauptstädten dieser Welt zuhause“, jubelt Kunstminister Markus Blume. Der Freistaat Bayern ist nicht der einzige Förderer dieser umfassenden Schau, für die auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Kunststiftung des Bundes geradestehen sowie die Gesellschaft der Freunde Haus der Kunst e. V. und die Alexander Tutsek-Stiftung.

Die Kuratorinnen Jana Baumann und Radia Soukni trugen mit Audioguides zum besseren Verständnis der symbolträchtigen, vielfach nicht auf Anhieb verständlichen Werke bei und führen Workshops für Erwachsene durch. Sommertermine: 16. und 30. Mai sowie 13. und 27. Juni jeweils 19 bis 21 Uhr. Der Katalog erscheint erst im Juli. Ausstellungsdauer: bis 13. Oktober.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.