Kiki da, Kiki dort – Eine Künstlerin erobert die Kunstszene von München bis Freising und zurück

Foto: Hans Gärtner „Eva“, Detail einer der „sprechenden“ Tapisserien der bald 70-jährigen, in Nürnberg geborenen vielseitigen Kiki Smith
Foto: Hans Gärtner „Eva“, Detail einer der „sprechenden“ Tapisserien der bald 70-jährigen, in Nürnberg geborenen vielseitigen Kiki Smith

Soll man zwei Monate vor dem Geburtstag schon gratulieren? Soll man nicht. Aber die Münchner Pinakothek der Moderne (PdM) tut es. Sogar sehr herzlich. Mit einer Ausstellung, die „From my heart“ heißt. Von Herzen also gratuliert der Chef der Staatlichen Graphischen Sammlung, untergebracht in der PdM, der erst am 18. Januar nächsten Jahres ihren Geburtstag feiernden, dann 70-jährigen Kiki Smith.

Die bildende Künstlerin ist geborene Nürnbergerin, Tochter des Bildhauers Tony Smith. Um mehr über den menschlichen Körper zu erfahren, ließ die noch junge Kiki sich im Bedford Stuyvesant Brooklyn Interfaith Hospital zur Sanitäterin ausbilden. Zurzeit ist die schlanke Dame mit dem imposanten, fülligen, schneeweißen Langhaar und den neugierigen Äuglein in drei Museen „zu Hause“ – mit einer Marienkapelle und der Ausstellung „Kiki Smith – Empathy“ auf dem Freisinger Domberg und in München. Kiki da, Kiki dort, nur eine halbe Stunde Autobahnfahrt voneinander entfernt.

Vor der Tapisserie „Eva“ kommt der in Sachen Kiki Smith von M nach FS Pendelnde kaum los. Ganz allein und breitbeinig, die Arme von sich gestreckt, die Finger beider Hände gespreizt, steht die splitternackte Urmutter der Schöpfungsgeschichte vor dem Betrachter. Nichts, kein Blatt, kein Stück Holz schützt ihren Schoß. Sie ist eher ältlich als – wie gewohnt – jung und attraktiv. Ihr Gesicht könnte auch einem Mann gehören. Sie tritt nicht auf die Schlange, wie Maria, die Mutter Jesu es auf so vielen traditionellen Bildern tut, um diesem Urtier den Kopf zu zertreten. Die Schlange ragt seitlich links an Evas Gestalt empor, um ihr zum Dach zu werden. Worauf Eva mit beiden Füßen steht, ist ein sich eckig windender langer Baumteil. Dreiblättriger Riesenklee in zartem Grün wächst vor einer mit Sternen bestückten Gloriole, die in Hellgelb und Hellblau strahlt. Paradiesisch. Aber: Wo ist Adam?

Von ihrer Mutter, so gesteht Kiki Smith, habe sie „viel Spirituelles“ mitgeteilt bekommen. Irisch-Katholisches? Nein, lacht Kiki Smith, sie sei eine Zeitlang in den Buddhismus „eingestiegen“. Doch neige sie immer wieder zum Katholizismus. Er lade „Objekte mit einer Bedeutung auf, die spürbar über das Materielle hinausreicht“. So ist Marias blauer Mantel in Kiki Smiths „Chapel of Mary`s Mantle“ auf dem Freisinger Domberg in Blau getaucht – in ein Himmelblau. Der „blaue Planet“ – – – und Kiki Smith lächelt wieder.

Es gibt kaum eine mit Kiki Smith vergleichbare lebende Künstlerin, die in so vielen handwerklichen Techniken erfolgreich zu Hause ist. Und die nicht solistisch arbeitet, sondern sich gerne mit Gleichgesinnten umgibt, die mit ihr zusammen gestalten. So geschehen etwa mit dem in Münchens Mayer`scher Hofkunstanstalt am Stiglmaierplatz, Kiki Smiths geradezu zweiter Heimat, gefertigten Glasfenster für die Freisinger Domberg-Marienkapelle, das einen Vollmond preisgibt. Oder mit den von Smith recycelten Dachziegeln von der alten Ruhpoldinger Kirche. Ebenso mit der vergoldeten Heiliggeist-Taube für das Kapellendach, die für Kiki Smith zu einer Art weithin strahlenden Leuchtturms geworden ist.

Die Ausstellung in der Graphischen Sammlung der PdM ist bis 21. Januar täglich außer Montag von 10 bis 18, Donnerstag bis 20 Uhr, die Freisinger Domberg-Ausstellung samt Marienkapelle bis 7. Januar von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.      

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.