Hand aufs Herz! – Jakub Jósef Orlinskis mitreißender Münchener Liederabend

Verzauberte das Münchner Opernfestspiel-Publikum: Countertenor-Wunder Jakub Jozef Orlinski und sein Pianist Michal Biel. Foto: Hans Gärtner

Er macht sich rar in München, der Warschauer Stimmakrobat Jakub Jósef Orlinkski, wie schade. Man könnte ihn tagtäglich im Prinzregententheater erleben, so wie zu seinem Festspiel-Liederabend, zusammen mit seinem genialen Klavier-Begleiter und Landsmann Michal Biel. Vor einem Jahr bezauberte Orlinski als Athamas das Münchner Opernfestspiel-Publikum in Klaus Guths Regie-Meisterwerk „Semele“ von G. F. Händel. Da zeigte er sich auch als brillanter Breakdancer – und das Liederabend-Publikum `24 wartete auf diesen Teil von Orlinskis Talent vergeblich. Dennoch: Es ließ sich bis zur allerletzten von – wie vielen? – Zugaben, die er so selbstverständlich wie kraftvoll und haarscharf artikulierend ablieferte, mitreißen. Gab`s je derart viel Jubel im „Prinze“?

Eins sei allerdings gesagt: Was Orlinski da oft zwischen zwei seiner klug ausgesuchten Songs, die meisten davib den meisten im Publikum unbekannt, teils auf Englisch, teils in gebrochenem Deutsch „verzapfte“, war, rein akustisch, nur in den ersten zehn Sitzreihen verständlich. Nichtsdestotrotz: Man verstand, was der Sonnyboy erzählte. So wie man seinen Liebes-, Hoffnungs-, Trauer- und Sehnsuchts-Liedern von Fux über Henryk Czyz, Henry Purcell, Mieczyslaw Karlowicz, Stanislaw Moniuszko bis Händel sehr gut folgen konnte. Dem International Opera- und BBC Music Magazine-Award-Preisträger, der vor zehn Jahren als Ruggioro in Händels „Alcina“ im Theater Aachen erstmals von sich, auch in Deutschland, reden machte, nahm man alles ab, was er, grandios unterstützt von seinem Leib- und Magen-Begleiter Michal Biel, in den Raum stellte: mit leuchtendem, weit ausladendem, einzigartigem Countertenor und einem geradezu unendlich einnehmenden spitzbübischen Charme.

Es war ja nicht möglich, die deutsche Übersetzung der polnischen Texte aus dem Programmheftchen mitzulesen. „Das werde ich anschließend im Bett noch machen“, versprach eine Orlinski-Fanatikerin beim Verlassen des Schauplatzes eines solitären Konzertabends. „Weine nicht um mich, lass in der Stunde der Träume / den klaren Klang deiner Stimme zu mir fließen, / wirf von deinem Herzen die unnütze Sehnsucht ab, / weine nicht um mich!“, heißt es in einem der „10 Piesni op. 3“ von Karlowicz. Das Herz, das hat der Sänger immer wieder mit seiner Rechten berührt, um sich, mit gleichzeitiger Verbeugung, bei dem verzauberten Publikum zu bedanken.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.