Elke Heidenreich im Münchner Residenztheater – Diven des Alterns im Münchner „Resi“

Vor amüsiertem Publikum: SZ-Wissenschafts-Redakteur Werner Bartens mit Elke Heidenreich und Marianne Koch im Münchner Residenztheater. Foto: Hans Gärtner

Beide sind, das gaben sie zu, nicht die typischen Alten. Elke Heidenreich sagte es, Marianne Koch nickte zustimmend. Die Heidenreich, 81 Jahre alt, wollte nicht Mutter werden und Kinder haben. Sie wollte frei sein, „nie irgendwo angestellt“. Schon als Münchner Studentin. Sie trug Briefe aus in Neubiberg. Als der erste Tausender verdient war, wurde er eingerahmt und in die Küche gehängt. Marianne Koch, 12 Jahre älter, war Filmschauspielerin. Als ihr dieser Job zu wenig gab, studierte sie. Medizin. Als Ratgeberin trat sie noch im hohen Alter zum Beispiel und geradezu beispielhaft mit Büchern und als Helferin in medizinischen Fragen im BR-Hörfunk auf. Die typischen Alten sind sie nicht. Ihre Curricula sind grundverschieden.

Das und noch viel mehr kam beim Gespräch auf der Bühne des Münchner Residenztheaters zum Vorschein, wo die Alterns-Influenzerinnen mit Bestsellern zum Thema Altsein und Altwerden im Gepäck auf Fragen und Impulse des SZ-Wissenschafts-Redakteurs Werner Bartens antworteten. Lustig und witzig die eine, besonnen die andere. Sie hatten ein eher homo- denn – altersmäßig – heterogenes und durchwegs weibliches Publikum von ihren erhöhten Ledersesseln aus vor sich. Das wurde angeheizt, vor allem durch Elke, erfahrene Kabarettistin und „Spiegel“-Bestsellerautorin, die nicht erst mit ihrem Buch „Altern“ das Thema mit gewürzten Fundstellen von  Leonhard Cohen oder Voltaire vor Monaten bereits anriss. Marianne Koch, hatte sich als Ratgeberin fürs physisch gelingende Bestehen als alter, welk werdender Mensch drangehängt und war hier die Medizinerin, die sich nicht scheute, auf altersgerechte Ernährung und tagtäglich wichtige Bewegung zu bestehen.

Das amüsierte Publikum hatte Spaß am „Gerangel“ der Diven des Alterns. Natürlich spielte sich die Heidenreich immer wieder in den mit Applaus bedacht Vordergrund. Sie habe das Altwerden lieber verdrängt. „Der Tod“, sagte sie frei Schnauze, „kommt zu uns allen. Der weiß, wo wir wohnen“.  Koch: „Wer im Älterwerden eine Chance sieht, dem gelingt ein gutes Altern.“ Sie wollte ihr ganzes Leben lang lernen, viel sehen und erleben. Mit 68 durfte sie keine Kassen-Patienten mehr behandeln. Also schrieb sie populärwissenschaftliche Bücher. Ihr neuestes heißt „Mit Verstand altern“ und zeigt fundiert und solide, „wie Altsein gelingt“.

Dazu geben beide, die Heidenreich kabarettistisch gewürzte, die Koch auf Studien beruhende Ratschläge. Die enden in so banalen Empfehlungen wie Gassi gehen mit dem Hund, auf „Feuilletonisten“-Sprache verzichten und Tacheles reden, soziale Kontakte halten, nach Fernost blicken, wo Frauen und Männer uralt werden, neugierig bleiben, sich Lebensfreude bewahren.   Was für die Ärztin heißt: 150 Minuten pro Woche laufen und mindestens 1000 mg Calcium, wenig Alkohol und gar keinen Nikotin zu konsumieren. Wie  das „Soll“ von 8 Stunden Schlaf zu erreichen sei – da bleibt selbst die Koch im Vagen. „Altern ist schön – auch wenn vieles nicht mehr geht“ – nun ja, das ist keine „feste Größe“.

Wie herrlich sich Rampensau (Pardon!) Elke und Ratgeberin Marianne – umjubelt vom nach anderthalb Stunden im Thema „Altern – vom Reiz der späten Jahre“ verharrten Abend – einig und doch uneinig sind, zeigt ihr konträrer Tagesbeginn: Elke Heidenreich: „Bin Punkt 9 aus dem Haus!“ Marianne Koch: „Ich um dreiviertel Acht!“

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.